Graeme Simsion – Der Mann der zu träumen wagte (Buch)

Graeme Simsion - Der Mann, der zu träumen wagte (Cover © Fischerverlage)Der Brite Adam Sharp hat vor über zwanzig Jahren in Melbourne die Schauspielerin Angelina kennengelernt. Für beide wurde es zur großen Liebe unter einem ungünstigen Stern. Adam arbeitete für eine begrenzte Zeit als IT-Berater in der australischen Metropole. Abends spielte er Klavier in einer Bar – dort traf er auf Angelina, welche sich in einer Trennung auf Probe, einer Auszeit ihrer Ehe, befand, die sie noch nicht beenden wollte. Sie verbrachten drei wundervolle Monate miteinander und dann flog Adam weiter nach Singapur. Jahrelang hörte er nichts mehr von Angelina und dachte doch jeden Tag an sie. Eines Tages taucht eine schüchterne Mail in seinem Postfach auf: „Hi“. Adam antwortet und wird aus seinem Alltagstrott gerissen. Als Angelina ihn einlädt eine Woche mit ihr und ihrem Mann in ihrem Haus in Südfrankreich zu verbringen, muss er sich die Frage stellen, was er bereit ist aufzugeben und welche Träume vielleicht in Erfüllung gehen könnten.

Graeme Simsion ist ein australischer Autor, welcher unter anderem Theaterstücke und Kurzgeschichten schreibt. Sein Debütroman „Das Rosieprojekt“ belegte Platz 1 der Spiegel Bestsellerliste, sodass er eine Fortsetzung schrieb: „Der Rosieeffekt“. „Der Mann, der zu träumen wagte“ (mit dem viel besseren englischen Titel: The Best of Adam Sharp) ist sein dritter Roman. Aber auch sonst besitzt er ausgesprochen viele Talente, welche er in seinen Romanen verarbeitet.

Beeindruckend ist, welche Parallelen sich zwischen seinen Romanen und dem Leben von Graeme Simsion finden lassen. Beispielsweise arbeitete er genau wie Adam Sharp einst als IT-Berater und Datenanalyst. Er wohnt in Melbourne und ist Teilhaber eines antiken Weinladens, was sich in dem exklusiven Weingeschmack von Angelinas Mann wiederspiegelt.

Das Buch selber beschäftigt sich vor allem mit schweren Entscheidungen und ihren Folgen. Mehr als einmal stellt sich Adam die Frage: Was wäre, wenn ich Angelina einen Antrag gemacht hätte? Hätte sie auf mich gewartet, bis mein Vertrag beendet gewesen wäre? Und wären wir dann heute glücklich? Bin ich überhaupt glücklich? Zumindest auf die letzte Frage hätte er wohl vor Angelinas Mail mit „Ja“ geantwortet. Er ist mit Claire zusammen. Sie wohnen in einem schönen Haus, leider ohne Kinder, und passen aufeinander auf. Arbeiten muss er nicht sonderlich viel, in seinem Job als Berater und beim Kneipenquiz kann er durch sein riesiges Musikwissen punkten.

Überhaupt ist Musik ein zentrales Thema. Mit jeder Person und Situation verbindet er dazu passende Lieder, welche er auch fast alle auf dem Klavier spielen kann. Musik ist seine große Leidenschaft und die einzige Verbindung zu seinem Vater, der ihn viel zu früh verlassen hat. Simsion gibt eine Playlist mit allen Liedern, die im Buch wichtig sind, an. Die Zusammenstellung ist wirklich schön.

Leider wird das Buch durch die vielen Gefühlsbeschreibungen eher langatmig und handlungsarm. Auch das Ende ist nicht gut gelungen. Die vorsichtige Beschreibung von Gefühlen, Wünschen und Hoffnungen geht leider in einen etwas abstrusen Sexroman über. Dadurch wird der Gesamteindruck des Buches von einer Ménage à trois überlagert und weniger von einer Coming-of-age-Geschichte (wenn man bei einem über 50-jährigen Mann davon sprechen kann).

Interessant und mit viel Liebe sind auch die Nebenfiguren gestaltet. Zum Beispiel Adams Freundin Claire, welche als Karrierefrau an Adams Seite mehr ihr eigenes Leben lebt und sich unsicher über diese Beziehung ist. Außerdem Angelinas Mann Charlie, der über die heimliche große Liebe seiner Frau Bescheid weiß und einen außergewöhnlichen Weg ersinnt, damit umzugehen. Zusätzlich berichtet Adam noch von weiteren Beziehungen aus seinem Freundeskreis. Dadurch wird dieses Buch zu einer feinen Beziehungsstudie.

Wer auf den Witz und den Charme der Rosie-Bücher hofft wird hier leider enttäuscht werden. Auch Spannung mag nicht aufkommen. Aber es ist ein Buch mit vielen offenen Fragen über zwischenmenschliche Beziehungen und verschiedene Wege, Konflikte zu erschaffen und zu lösen. Am Ende bleibt nur der Verdacht, dass wir alle mehr miteinander reden sollte, dann sieht alles schon ein bisschen besser aus.

Cover © Fischer Krüger

Wertung: 7/15 Lieder

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