Sollte die Redaktion von „Wer wird Millionär“ ihre Fragen auch in den Nischen fescher Sachliteratur suchen – in diesem Buch erwartet sie ein wahrer Schatz an Vorlagen. Locker 125.000 Euro dürfte etwa diese Frage wert sein: „Was ist eine Läuterspirale?“ A) Ein mittelalterliches Folterinstrument B) Ein über Generationen vererbtes Familienschuldgefühl aufgrund eines Mordes, den ein Vorfahre vor 750 Jahren begangen hat? C) Ein Maschinenbauteil in der Stahlveredelung. D) Ein Teil des Einkochers beim Bierbrauen. Reich wird in diesem Fall beim Günther, wer selbst Bier braut … oder es durch dieses herausragende Büchlein lernt. Dabei entsteht in der Garage der gleiche Spirit wie bei den Mopedschraubern, Indierockbands oder Computerpionieren der frühen Achtzigerjahre. Man macht sich unabhängig von den Konzernen, erfindet eigene Kreationen bis in die letzte Nuance und genießt vor allem das befriedigende Gefühl, jeden Schritt des Herstellungsprozesses von A bis Z im Griff zu haben und zu durchschauen.
Der hauptberufliche Biersommelier Ferdinand Laudage, der mit der „Bieragentur Dortmund“ Braukurse und Vorträge anbietet, hat sämtliche Schritte zur feuchtfröhlichen Selbstermächtigung mit seinem Buch perfekt auf den Punkt gebracht. Als Textsommelier und Wortfachmann bemerkt man beim Lesen mit jedem Satz, dass Laudage außerdem gelernter Journalist ist und somit nicht nur die Würze des Bieres, sondern auch die Würze der Kürze beherrscht. Kein Wort zuviel findet sich in seinem Ratgeber, dafür Raum für famose Gestaltung und ein zeitgemäßes, sehr cooles Layout, das den Geist und Lifestyle der Foodtrucks und Cold-Brew-Coffee-Bars auf „premiumalternativen“ Festivals wie A Summer’s Tale atmet … wo seine Bierbraukurse perfekt aufgehoben wären. Handwerklich bleibt bei der Schritt-für-Schritt-Anleitung keine Frage offen. Ein Rezeptteil macht Vorschläge für konkrete Sorten. Wer nicht gleich selbst brauen möchte, lernt beiläufig sämtliche wichtigen Grundlagen, die es in Sachen Bier ganz allgemein zu wissen gibt. Was obergärig und untergärig eigentlich bedeutet, welche Hopfensorten und Anbaugebiete es gibt, wieso nur braune Flaschen das Aroma retten oder wie das Malz den „Körper“ des Bieres macht. Oder den Begriff IBU, die „International Bitter Units“, eine Maßeinheit für die Herbheit des goldenen Safts, beim Jauch locker die Millionenfrage.
So erweist sich Laudages knappes, aber ungemein dichtes Büchlein gleichzeitig als Anleitung, Wissensschatz, Kulturbewahrer und Teil einer Bewegung hin zur Autarkie, der in allen Bereichen grundsätzlich die Sympathie freiheitsliebender Menschen gehören sollte.
Cover © Eugen Ulmer KG
- Autor: Ferdinand Laudage
- Titel: Craftbier einfach selber brauen
- Verlag: Eugen Ulmer KG
- Erschienen: 06/2017
- Einband: Ringbindung mit Deckumschlag
- Seiten: 125
- ISBN: 978-3-8186-0005-1
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