Es gibt wohl keine Filmreihe auf diesem Planeten, die bekannter ist (neben Harry Potter), keine Geschichte, bei der jeder neuen Veröffentlichung mehr entgegengefiebert und die nach Erscheinen immer am heißesten diskutiert wird. Die Rede ist natürlich vom Star-Wars-Universum, welches neben den Grimmschen Geschichten das wohl berühmteste Märchen unserer Zeit ist. Generationen schwärmen von oder schimpfen über diesen simpel gestrickten Kampf von Gut gegen Bösen, welcher doch letztendlich “nur” eine Familiensaga darstellt. Doch es ist vieles mehr, weshalb jeder neue Film, der die Lichtspielhäuser der Welt erreicht, sich an dieser eben beschriebenen Melange messen lassen muss. George Lucas, der Schöpfer dieser Geschichte, hat sich vor knapp 20 Jahren selbst an seiner eigenen Grundlage verhoben, als er mit Episode I die Vorgeschichte zu den mittlerweile zum Kinokanon zu zählenden Episoden IV-VI erzählte und damit den Zorn der Fans auf sich zog. Der Disney-Konzern, der mittlerweile gefühlt jede Woche einen neuen Film in die Kinos bringt, da er mit Marvel, Lucasfilm und Pixar einige der großen Studios unter seinem Dach hat, ging somit ein enormes Risiko ein, als er Lucasfilm aufkaufte und mit Episode VII eine neue Star Wars- Epoche lostrat. Doch die Hauptgeschichte sollte nicht alles sein, welche erzählt werden wollte. Der Kosmos um die Jedi-Ritter bot soviel Potenzial, dass man sich entschloss, neben der Hauptgeschichte um den Skywalker-Clan, auch einzelne Filme zu drehen, die in demselben Universum spielen, den Hauptplot zwar immer wieder schneiden oder Vorgeschichten dazu erzählen und doch selbstständig sein sollen. Unter dem Untertitel “A Star Wars Story” sollen diese Geschichten versammelt werden, und Rogue One ist der erste von vielen geplanten Filmen, um den es nun in dieser Besprechung gehen soll.
Aus Episode III wurde der Zuschauer mit einem verstümmelten Anakin Skywalker entlassen, der zu diesem Zeitpunkt jedoch schon zur Dunklen Seite der Macht gewechselt ist und sich zu seinem zweiten Ich, Darth Vader, verwandelt hat. Der Imperator hat den Senat und die Föderation unterjocht und sein eigenes Imperium ausgerufen. Um diese Macht zu erhalten, werden alle Völker mit Terror und Leid geplagt. Die Jedi-Ritter sind vernichtet, und nur einzelne, wie zum Beispiel Meister Yoda können sich retten, verstecken sich jedoch. Doch es regt sich von Beginn an Widerstand gegen das Imperium. Es wird bekämpft, selbst aus den eigenen Reihen. Hier setzt der Imperator an und lässt einen Todesstern bauen, um den Widerstand ein für allemal zu vernichten. Etwa an dieser Stelle etwa steigt die Geschichte zu “Rogue One” ein, indem der Zuschauer zusammen mit dem imperialen Offizier Orson Krennic auf einem unbekannten Planeten landet, auf dem ein Mann namens Galen Erso lebt und dort als Farmer arbeitet. Galen war früher der beste Waffeningenieur für das Imperium, hat sich jedoch aus diesem Geschäft zurückgezogen. Krennic will ihn auf Befehl des Imperators wieder zurückholen, damit er für das Imperium besagten Todesstern konstruiert und baut. Da Galen geahnt hat, dass dieser Tag kommen wird, bringt er seine Tochter Jyn in Sicherheit, da er denkt, dass sie vom Imperium als Druckmittel eingesetzt wird. Seine Frau, die er ebenfalls verstecken wollte, wird bei einem Schusswechsel getötet. Um seine Tochter zu schützen, die sich immer noch untergetaucht ist, lässt er sich auf den Deal ein. Jyn wird vom Rebellenführer Saw Gerrera gerettet und nimmt sie bei sich auf.
Einige Jahre später läuft ein imperialer Pilot zum Widerstand über, um von Galen Erso eine Nachricht an seinen ehemaligen Freund Gerrera zu überbringen. Da Gerrera sich über die Jahre aber zu einer Art Rebellenanfüher gewandelt und mit dem eigentlichen Widerstand gebrochen hat, wittert er eine Täuschung und glaubt dem Piloten nicht. Zur gleichen Zeit wird Jyn vom Widerstand aus den Fängen des Imperiums befreit. Sie erkennen Jyn, die jahrelang unter falschem Namen gelebt hat, als die Galens Tochter und wollen über sie mit Saw Gerrera in Kontakt treten, da sie ebenfalls in Erfahrung bringen konnten, dass Saw eine Nachricht von Galen erhalten hat. So machen sich Jyn, ein umprogrammierter imperialer Android und ein Offizier des Widerstandes namens Cassien Andor auf den Weg zu Saw Gerrera. Doch Jyn ahnt nicht, dass hinter alldem der Plan steckt, Galen Erso zu töten, um den Bau beziehungsweise die Fertigstellung der Superwaffe zu verhindern. Jyn bringt jedoch in Erfahrung, dass ihr Vater all die Jahre immer gegen das Imperium gearbeitet hat und sich eine Schwachstelle für das System ausdachte, von der niemand außer ihm weiß. Leider kann nur Jyn die Information erhalten, denn wenig später wird der Stützpunkt von Saw Gerrera durch den Todesstern zerstört, der an dieser Stelle den ersten Probelauf erfolgreich durchführt. Und so weiter und so fort …
Hat jemand etwas von den Jedi-Rittern gelesen? Oder ist die Macht irgendwie vorgekommen? Sind irgendwelche Namen bekannt? Nein? Dann ist alles korrekt, denn wer nicht gerade ein Superfan ist und jede kleine Geschichte um Star Wars mit der Muttermilch aufsaugt, wird diese Brücke zwischen Episode III und Episode IV nicht unbedingt mit Namen füllen können. Aus Episode IV ist bekannt, dass dem Widerstand Pläne des Todessterns zugespielt wurden, die durch Zufall in die Hände von Luke Skywalker kommen und so der Untergang des Imperiums eingeläutet wird. Doch wer konnte die Pläne stibitzen und wie konnte es überhaupt eine Schwachstelle im Todesstern geben? Diese Geschichte erzählt “Rogue One”. Mit eben diesen unbekannten Gesichtern, unbekannten Geschichten und einem Verlauf, dessen Ende zwar bekannt ist, jedoch nicht der Weg dahin. Muss das denn erzählt werden? Nein, muss es nicht, aber es sieht verdammt gut aus. Klar will Disney aus diesem Kosmos den größtmöglichen Gewinn herausholen (ein “Han Solo”-Solo ist auch schon geplant). Wenn es jedoch optisch so gut gemacht ist wie dieser Film, dann können sie das gern weiter betreiben.
Der Beginn ist ungewöhnlich, man muss sich, ähnlich wie bei Episode VII, erst mit den neuen Namen und Gesichtern vertraut machen und die ungefähre Zeit erfassen, wann die Geschichte einsteigt. Das dauert ein wenig, denn nach dem Prolog gibt es nochmals einen Zeitsprung, und man ist zeitlich ungefähr knapp vor Episode IV angekommen. Und auch einige örtliche Sprünge muss der Zuschauer gerade zu Beginn verkraften. Auch eingehende Charaktereinführungen, von Jyn einmal abgesehen, gibt es nicht, sodass vor allem zu Beginn sehr viele Eindrücke zu verarbeiten sind. Das macht den Film von vornherein interessant, für den Star Wars-Normalverbraucher wohlgemerkt. Etwa ab der Hälfte des Films kommt alles in einen Fluss und die Geschichte steuert ab da schon auf den Höhepunkt zu – dem Stehlen der Pläne des Todessterns. Und dort, wo die Pläne gelagert sind, wird eine Schlacht geschlagen, wie es sich für den Namen “Wars” gehört. In den Augen des Rezensenten die wohl am besten inszenierte Schlacht in Star Wars bisher, die nicht im Weltraum stattfindet. Am meisten beeindrucken bei diesem Film wohl die Actionmomente, die so gut inszeniert sind, dass sich diejenigen in den Hintern beißen können, die den Film nicht im Kino gesehen haben (inklusive dem Schreiber dieser Besprechung). So muss ein Blockbusterpopcornfilm heutzutage aussehen, um auf der großen Leinwand den Mund offen stehen zu lassen. Es ist die genau richtige Portion an Übertriebenheit, die hier aufgetischt wird, eben hart an der Grenze zum Lächerlichen.
Doch bei allem Lob über die Optik muss auch ein Wort an die schauspielerische Leistung verloren werden, und die trübt das Gesamtergebnis doch um einiges. Denn durch die Bank weg, vor allem die zwei Hauptdarsteller Felicity Jones und Diego Luna, spielen fast alle hölzern und seltsam entrückt. Irgendwie wollen alle nicht in diesen Kosmos passen und wirken deshalb die ganze Zeit wie Fremdkörper. Einzig Forrest Whitaker kann mit seiner Rolle des Saw Gerrera überzeugen. Alle anderen fallen wie gesagt weit nach hinten ab, was bei so einem Effektfeuerwerk gern unterschlagen wird, hier aber negativ auffällt. Man hat das Gefühl, dass alle nur ihre Rollen runterleiern und nicht mehr herausholen wollen, ganz nach dem Motto, dass sie es geschafft haben, in einem Film über Star Wars mitzuspielen, nur dass es nicht die Hauptgeschichte ist. Auch die Roboterbeigabe läuft mitunter an der Grenze der Langeweile. Er ist zwar keine Nervensäge wie Jar Jar Binks, bringt aber meist nur langweilige, vorhersagbare Einzeiler heraus, die irgendwie lustig sein sollen und es fast nie sind. Das fällt massiv auf – ob es negativ ausgelegt werden soll, muss jeder Einzelne für sich entscheiden. Zwei Schauspieler werden durch digitale Doubles ersetzt (wer, soll mal nicht verraten werden), da sie den Originalen aus Episode IV wie ein Ei dem anderen gleichen sollen. Man kann sich zwar daran gewöhnen, und doch wirken diese Figuren wie Fremdkörper – und das merkt man auch den Gegenparts an, dass sie in diesen Momenten nicht mit den echten Figuren interagieren.
In der Summe lässt sich über “Rogue One” sagen, dass es das Effektgewitter geworden ist, was sicher viele erwartet haben. Es ist etwas düsterer geraten als die Summe aller bisherigen Star Wars- Filme, aber nicht ganz so extrem wie bei Episode III. Das Wörtchen “War” ist hier wörtlich zu nehmen, den Krieg herrscht in etwa der Hälfte des Films tatsächlich, insbesondere das letzte Drittel sticht da hervor und ist ein wahres Fest an gut inszenierten Kämpfen. Dem entgegen stehen leider die schauspielerischen Leistungen, die durch die Bank weg als enttäuschend zu bezeichnen sind. Der Funke springt nicht über. Ist es nun deswegen ein schlechter Film? Mitnichten, er bietet bestes Popcornkino ohne große Ansprüche. Der Film schließt eine Lücke zwischen Episode III und IV und ist deshalb inhaltlich in sich geschlossen. Kleine Gimmicks wie zum Beispiel mehr oder minder kurze Auftritte einiger bekannter Gesichter runden das halbwegs positive Gesamtbild des Films ab. Es hätte ihn nicht unbedingt geben müssen, aber jetzt, da er nun in der Welt ist, ist es auch kein Fehler, ihn mal gesehen zu haben. Alle, die Star Wars lieben und schätzen, schauen ihn sich so oder so an und alle anderen, die zumindest mit diesem Märchen etwas anfangen können, sollten zumindest einen Blick riskieren. Verschwendete Lebenszeit ist es keinesfalls.
Cover © Lucasfilm/Disney
- Titel: Rogue One: A Star Wars Story
- Produktionsland und -jahr: USA, 2016
- Genre:
Action
- Erschienen: 05/2017
- Label: Lucasfilm Ltd
- Spielzeit:
128 Minuten auf 2 DVDs
134 Minuten auf 2 Blu-Rays - Darsteller:
Felicity Jones
Diego Luna
Ben Mendelsohn
Donnie Yen
Mads Mikkelsen
Alan Tudyk
Forrest Whitaker
Jonathan Aris - Regie: Gareth Edwards
- Drehbuch:
Chris Weitz
Tony Gilroy
John Knoll
Gary Whitta - Kamera: Greig Fraser
- Schnitt:
Jabez Olssen
John Gilroy
Colin Goudie - Musik: Michael Ciacchino
John Williams (Titelmusik) - Extras (nur Blu-Ray):
Rogue-Zusammenhänge
Die Geschichten hinter Rogue One: A Star Wars Story - Technische Details (DVD)
Video: 16:9, 2,39:1
Sprachen/Ton: D, GB, Türkisch
Untertitel: Deutsch, Türkisch, Englisch für Hörgeschädigte
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 16:9, 2,39:1
Sprachen/Ton: D, GB, Polnisch
Untertitel: Deutsch, Englisch für Hörgeschädigte
- FSK: 12
Wertung: 11/15 Todesplanetenplänen