Wenn man sich das Programm des Cross Cult-Verlags ansieht, erscheinen die Romane von Richard Castle auf den ersten Blick seltsam. Schließlich konzentriert sich das Portfolio mehr auf SciFi und Fantasy bzw. auch noch auf diverse Geschichten zu bekannten TV-Serien wie „Primeval“ oder „Homeland“. Eine Krimireihe, die eben nicht auf einer Lizenz basiert, wirkt da merkwürdig.
Bis man sich ein wenig mit den Hintergründen beschäftigt. Und einem aufgeht, dass man es hier mit einer Art Gag zu tun hat. Denn die „Nikki Heat“-Reihe basiert sehr wohl auf einer Lizenz. Ihr vorgeblicher Autor Richard Castle, der eigentliche Schriftsteller ist unbekannt, ist gleichzeitig Hauptfigur der TV-Serie “Castle”, die acht Jahre lang in den USA lief und auch hierzulande ausgestrahlt wurde. Im Rahmen dieser Fernsehreihe ist er eben für seine „Nikki Heat“-Romane, die er auf seine tatsächlichen Erlebnisse gründet, bekannt und berühmt geworden.
Jetzt ist mit „High Heat: Unter Feuer“ der achte Roman erschienen. Wenn man sich diesen durchliest, dann hat man den Eindruck, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, wenn diese Reihe genau wie die TV-Serie bald ein Ende findet.
Captain Nikki Heat ist Leiterin des Morddezernats des NYPD und glücklich mit dem berühmten Journalisten Jameson Rook verheiratet. Doch ihre Vergangenheit lässt sie nicht los, als sie eines Tages meint, ihre angeblich vor 20 Jahren ermordete Mutter in den Straßen der Stadt zu sehen. Gleichzeitig bleibt ihr nicht viel Zeit, sich um dieses Rätsel zu kümmern. Denn islamistische Terroristen treiben ihr Unwesen und haben bereits einen Menschen brutal vor der Kamera enthauptet. Ihr nächstes Ziel haben sie ebenfalls angekündigt: Jameson Rook!
Im Prinzip scheint der Fall klar zu sein. Hier die bösen Muslime, Anhänger eines Glaubens, der nicht mit den demokratischen Grundwerten der USA vereinbar ist. Und dort die aufrechte Verfechterin von Wahrheit, Gerechtigkeit und des American Way of Life.
Doch Gemach, ganz so einfach ist es nicht. Denn Richard Castle tut alles, nur nicht das Offensichtliche. Die Darstellung der Anhänger des Islam ist differenziert geworden und macht klar, dass, nur weil ein paar Spinner im Namen dieses Glaubens für Chaos und Unruhe sorgen, man deshalb nicht gleich alle Verehrer Allahs über einem Kamm scheren darf. Eine Charakterisierung, die gefällt und eben deutlich macht, dass der Autor nicht bereit ist, den einfachen Weg zu gehen.
Gleichzeitig wird jedoch schon von Anfang an klar, wer in Wahrheit hinter diesen Morden steckt. Der Schriftsteller bemüht sich zwar, diese Enthüllung sich ganz bis zum Ende aufzubewahren. Doch man ahnt schnell, wo der Hase lang läuft, da die Hintergrundereignisse, vor denen die eigentliche Handlung stattfindet, förmlich danach schreien, dem wahren Strippenzieher hinter den Morden zu dienen. Dementsprechend ist man beim Finale auch nicht überrascht, sondern eher milde gelangweilt.
Was vor allem daran liegt, dass die Person, die für die Morde verantwortlich ist, nicht aufgebaut wird. Sie wird immer nur am Rande erwähnt, hat allerdings kaum Szenen, in denen sie persönlich auftaucht. Was am Ende dazu führt, dass ihre Charakterisierung nicht existent ist.
Immerhin: Wer sich die „Nikki Heat“-Romane wegen der Beziehung zwischen Heat und Rook kauft, der kommt auf seine Kosten. Denn auch wenn beide inzwischen verheiratet sind, hat sich ihre Chemie nicht verändert. Noch immer lieben sie sich heiß und innig und noch immer wird Nikki Heat eifersüchtig, falls ihr Ehemann mit anderen Frauen zu tun hat und es dabei zu Szenen kommt, die auf eine Affäre hindeuten könnten. Das ist beim ersten Mal noch recht nett zu lesen, doch schnell ist man dieses Handlungselements überdrüssig, da Jameson Rook seiner Nikki Heat immer treu geblieben ist, egal was auch geschieht.
Und dann ist da noch der Plot um die Mutter der Titelheldin. Leider muss man sagen, dass dies der ärgerlichste Handlungsfaden im ganzen Buch ist. Die ursprüngliche Enthüllung, dass die ermordete Mutter in Wahrheit eine Top-Spionin war, konnte man ja noch akzeptieren. Doch das Bemühen seitens des Autors, dieses Handlungselement, dass im Prinzip schon seit ein paar Bänden abgeschlossen ist, nochmal um einen neuen Aspekt zu erweitern, ist lachhaft. Vor allem, weil es nicht zu der eigentlichen Krimihandlung dieses Romans passt. Es wirkt fremdartig und lässt einen immer wieder im Lesefluss stolpern, wenn man über die neusten Entwicklungen stolpert.
Am Ende wird dieser Plot in diesem Band zudem nicht richtig aufgelöst. Stattdessen deuten die letzten Seiten auf eine Fortsetzung im nächsten Buch hin. Immerhin muss man auf diesen nicht mehr allzu lange warten, denn er wird im Mai herauskommen. Auf eine Nennung des Titels wird verzichtet, da der Name an sich ein ziemlicher Spoiler ist.
Wer ein Fan der Richard Castle-Romanen ist, der sollte sich den Roman zulegen. Bei allen anderen besteht jetzt keine absolute Notwendigkeit, für diesen Band Geld auszugeben. Man verpasst nämlich nichts!
Cover © Cross Cult-Verlag
Wertung: 3/15 dpt
- Autor: Richard Castle
- Titel: Castle 8: High Heat – Unter Feuer
- Teil/Band der Reihe: Castle 8
- Originaltitel: High Heat
- Übersetzer: Susanne Picard
- Verlag: Cross Cult
- Erschienen: 12/2016
- Einband: Taschenbuch
- Seiten: 400
- ISBN: 978-386425-291-4
- Sonstige Informationen:
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