Zimmer 108 – Beau Sejour (Serie, 3 DVD)

Zimmer 108 - Cover © Universum FilmMystery-Krimi-Thriller-Serie, so lässt sich wohl das Genre benennen, das „The Returned“ 2012 salonfähig gemacht hat. Wie schon am Titel zu sehen, ist keines der angewandten Elemente wirklich neu, aber in ihrem Zusammenspiel sorgen sie im französischen Original für eine außergewöhnliche Atmosphäre. Seitdem befinden sich Fernsehmacher aus der ganzen Welt auf der Suche nach der geheimen Rezeptur, indem sie uninspiriert remaken (die US-Version von „The Returned“) oder gutartige Variationen (das deutsche „Weinberg“) finden. Der neueste Versuch nennt sich „Zimmer 108 – Beau Sejour“, stammt aus Belgien und ist in der Summe solide, aber eben auch langweilig.

Anfang des Jahres auf dem belgischen Sender Eén erstausgestrahlt, zeigt die schnelle Verbreitung durch arte, Netflix und nun auch DVD in Deutschland wie groß das Interesse an einem und die Hoffnung auf einen neuen Überraschungserfolg ist. „Zimmer 108“ passt da aus offensichtlichen Gründen ins Suchschema: Die erste Staffel spielt in einem Dorf in der Provinz Limburg im flämischen Teil Belgiens, nahe an der Grenze zu den Niederlanden und unweit von Deutschland. Zum provinziellen Setting kommt eine düstere Stimmung aus karger, blauer Farbgebung und immerzu bedecktem Himmel, wie wir es auch schon aus dem französischen „The Returned“-Dorf kennen. Und auch in der Hauptprämisse unterscheiden sich beide Serien eigentlich nur in einer Abwandlung.

Während in Frankreich gleich mehrere Tote zurückkehren, ist es in Belgien nur eine. „Zimmer 108“ beginnt mit der jungen Kato Hoeven (Lynn van Royen), die ihre eigene Leiche im Zimmer 108 im Hotel Beau Sejour findet. Da sie sich an ihre letzten Stunden nicht erinnern kann, begibt sie sich auf Spurensuche im Fall des Mordes, dem sie selbst zum Opfer gefallen ist. Im Laufe der Zeit findet sie heraus, dass sie eine Art Geist zu sein scheint, der nur von einer Handvoll von Menschen gesehen werden kann. Wie im ebenfalls kopierten Intro bereits enthalten, entblättert sich nach und nach der Tathergang, die Rollen der Personen und die Antwort auf die Frage, warum Kato einige der Dorfbewohner heimsucht.

Im Grunde war es das, zu überraschen weiß „Zimmer 108“ nämlich nur selten. Größtenteils rasseln die belgischen Regisseurinnen Kaat Beels und Nathalie Basteyns das Genre-ABC durch, verhandeln bekannte Motive zwischen zerstrittenen Eltern, Eifersucht, Affären und der Drogenszene im Grenzgebiet und setzen das alles in die bekannte Dorfumgebung, in der jeder jeden kennt. Die meisten Dialoge sind langweilig, weil sie vor Klischeesätzen und Plattitüden überquellen, kaum einer Figur die Möglichkeit geben zu glänzen und zu oft nur dazu da sind, dem Zuschauenden den Plot zu erklären. Wer die zu Beginn genannten Serien kennt, ist auch mit den Twists vertraut, die der dramaturgische Kniff des Mystery-Thrillers rund um das Geist/Zombie-Motiv bereit hält. Trotz des einen oder anderen Logiklochs und zum Teil leicht übertriebenen Erzählsträngen ist das alles grundsolide, aber eben auch langweilig.

Nun passiert in „The Returned“ auch fast nichts Innovatives, doch was so fasziniert, ist die Atmosphäre und das clevere Arrangement aus den Begegnungen der Charaktere. Obwohl „Zimmer 108“ zum Ende hin durchaus zufriedenstellend verläuft, können die MacherInnen in Sachen Kreativität und Feingefühl nicht mit ihren französischen KollegInnen mithalten. An zu vielen Stellen wird das Vorbild zu offensichtlich zitiert, während es gleichzeitig um eine ganze Ecke brutaler und blutiger zugeht als in „The Returned“. Das hatte das Original genauso wenig nötig wie das Breittreten der Metapher der Zurückgekehrten. Es wird relativ schnell klar, dass Katos Auftreten die Verbindung all Derjenigen aufzeigen soll, die gleichzeitig ihre Trauer bewältigen und sich schuldig an ihrem Tod fühlen. Auch das Potential des Gedankenexperiments eines Geistes auf der Suche nach Antworten seiner Existenz wird nur unzureichend ausgeschöpft, zu selten ist das Gesehene überraschend und regt zum Nachdenken an. Dabei gibt es durchaus die Momente des schwarzen Humors (über die eigene Autopsie witzeln) und der herzzerreißenden Tragik (wenn einen die eigene, um einen trauernde Mutter nicht sehen kann).

Nichts auszusetzen gibt es derweil an den schauspielerischen Leistungen. Da die belgische Film- und TV-Szene bislang eher eine Randerscheinung geblieben ist, sind die neuen Gesichter erfrischend und die Serie eine Chance auch über die eigenen Landesgrenzen hinaus auf sich aufmerksam zu machen. Schade ist, dass auf der deutschen DVD kein Originalton zur Verfügung steht, wodurch mögliche Unterschiede im gesprochenen Niederländisch zwischen Flamen, Walonen, Deutschen und Niederländern nicht erforscht werden können. Dadurch könnte es sein, dass dem Ausländer einige wichtige Elemente aus der dörflichen Sozialstruktur verborgen bleiben, die „Zimmer 108“ möglicherweise ein wenig aufwerten. Am Ende bleibt es aber beim Eindruck, dass die Serie sehr viel besser hätte werden können. Spannend wird zu sehen sein, wie Staffel zwei an die Geschehnisse in Limburg anknüpfen wird. Vielleicht können die zweifellos talentierten RegisseurInnen dann eher überzeugen und zu ihrer eigenen Sprache finden.

Fazit: „Zimmer 108 – Beau Sejour“ ist eine solide Mystery-Krimi-Thriller-Serie, die jedoch zu oft langweilt und zu sehr die Fußstapfen von „The Returned“ ausfüllen will. Die talentierten, belgischen Regisseurinnen können stolz auf ihr Werk sein, haben sie doch international Anklang gefunden, schön wäre es, wenn sie nun ihre eigene Sprache und eigenständigere Ideen fänden. Handwerklich stellen sie unter Beweis, dass sie das Genre-ABC beherrschen, darüber Hinausgehendes gibt es aber nur selten zu bestaunen.

Filmstills & Cover © Universum Film

Wertung: 8/15 dpt

  • Titel: Zimmer 108 – Beau Sejour
  • Originaltitel: Hotel Beau Sejour
  • Produktionsland und -jahr: BEL, 2016
  • Genre:
    Mystery
    Fantasy
    Krimi
    Thriller
  • Erschienen: 13.04.2017
  • Label: Universerum
  • Spielzeit:
    509 Minuten auf 3 DVDs
  • Darsteller:
    Lynn van Royen
    Inge Paulussen
    Jan Hammenecker
    Kris Cuppens
    Johan Van Assche
    Katrin Lohmann
    u.v.m.
  • Regie: Nathalie Basteyns & Kaat Beels
  • Drehbuch:
    Bert Van Dael
    Sanne Nuyens
    Benjamin Sprengers
  • Extras:
    Trailershow
  • Technische Details (DVD)
    Video:
    1,78:1 (16:9 anamorph)
    Sprachen/Ton
    :
    D
    Untertitel:
    D
  • FSK: 12
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite
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