Story:
Mikes Leben ist gechillt, einfach und überschaubar – er hat eine Freundin, eine grottenschlechte Band, mit deren Mitgliedern er eher kiffend abhängt, als wirklich zu proben und in Wallace einen selbsterklärten Erzfeind, der ihm bereits als Zwölfjähriger das Leben zur Hölle machte. All das ändert sich, als Lisa mit ihm schlussmacht, ihn aber dazu zwingt, sich als stellvertretender Schülersprecher zu bewerben. Anstatt mit seinen Freunden herumzugammeln, darf er sich im Planungskomitees des Abschlussballs herumdrücken und mit wildgewordenen Cheerleadern plagen. Zu allem Überfluss ist auch Wallace Teil des Planungsteams und in letzter Zeit komplett anders zu ihm – sein beständiges Grinsen bringt Mike vollkommen aus dem Konzept, zumal er nach und nach feststellt, dass Mädchen gar nicht sein Ding sind und er eher auf Kerle abfährt …
Eigene Meinung:
Das Jugendbuch „Die Welt übt den Untergang und ich grinse zurück“ erschien im Dressler Verlag und ist das Debüt von S.J. Goslee, die bisher vorwiegend Fanfiction geschrieben hat. In den USA kam es unter dem Titel „Whatever“ heraus und erzählt die chaotische Geschichte von Mike, der mit seiner eigenen Sexualität und den damit einhergehenden Problemen zu kämpfen hat.
Die Geschichte des jungen Mike wirkt sehr authentisch und ist nah an der heutigen Jugend mit ihrer Null-Bock-Einstellung, den Partys und dem Herumexperimentieren. So lernt man Mike zunächst als ziemlichen Macho kennen, der gerne auf den Putz haut, insgeheim jedoch nur selten seinen Mann steht. Er ist nicht der typische Held, denn zu Beginn fällt es schwer, zu ihm Sympathie aufzubauen und sich auf ihn einzulassen. Auch die Geschichte holpert an einigen Stellen, da sie nicht genug in die Tiefe geht. Wichtige Ereignisse aus Mikes Leben (wie z.B. der Abschlussball oder sein etappenhaftes Outing) werden viel zu kurz beleuchtet. Man fühlt sich fast um einige Kapitel betrogen, da etliche Reaktionen und Ereignisse einfach nur kurz zusammenfasst werden. Klar – Mike ist teilweise betrunken (oder bekifft), dennoch fehlt dem Leser an einigen Stellen eine tiefergehende Aufarbeitung der Geschehnisse. Zum Ende hin gibt sich das ein wenig, und gerade die Szenen mit Wallace sind sehr gut umgesetzt. Schön ist dabei, dass die Autorin kein Blatt vor den Mund nimmt. Die Charaktere sind 16 und verhalten sich mit ihren verrücktspielenden Hormonen auch so. Es darf herumgemacht werden und etwas expliziter zur Sache gehen!
Die Charaktere sind spritzig und lebendig, wenngleich man lange braucht um die vielen Figuren auseinander zu halten – Mikes Freundeskreis ist recht groß und jeder hat einen besonderen Platz in der Geschichte. Mike wird dabei stellenweise von anderen Figuren in den Schatten gestellt, denn letztendlich ist er bei weitem nicht so stark und bedeutend, wie er sich gerne hinstellt. Seine machohafte Art sorgt dafür, dass man ein wenig braucht, bis man sich auf ihn einlässt. Er ist nur bedingt ein Sympathieträger, wenngleich seine eigene Unsicherheit und sein Ungeschicktsein dafür sorgt, dass man ihn nach und nach besser versteht.
Seine Freunde werden sehr ausführlich beschrieben und lebhaft in Szene gesetzt. Seien es sein Kindergartenfreund Cam oder die forsche Lisa – sie sind Teil einer ziemlich coolen Truppe, die man schnell ins Herz schließt. Wallace auf der anderen Seite bleibt leider ein wenig blass, was daran liegt, dass Mike ihn die ersten beiden Drittel des Buches nicht ausstehen kann. Man erfährt nur wenig über ihn, was schade ist. Ein bisschen mehr hätte es schon sein können.
Stilistisch ist „Die Welt übt den Untergang und ich grinse zurück“ Geschmackssache – entweder man mag den rotzig frechen Stil und die Sprache des Protagonisten oder nicht. Dabei bereits S.J. Goslees Wahl, die Geschichte in dritter Person Präsens zu erzählen, die meisten Probleme. Es fällt nämlich wahnsinnig schwer, die Geschichte in einem Rutsch zu lesen, da man immer wieder mit den Figuren durcheinanderkommt. Gerade am Anfang hat man Schwierigkeiten, in die Geschichte einzusteigen, da die Vielzahl an Figuren in Kombination mit dem ungewöhnlichen Schreibstil nur schwer in Einklang zu bringen ist. Da sind Verwechslungen und Irritationen vorprogrammiert.
Dennoch dürfte S.J. Goslee die Sprache der heutigen Jugend gut treffen, denn Mikes Slang und seine lockere Art ist erfrischend neu und mit der Zeit durchaus spannend zu lesen. So dürften sich Jugendliche im Alter von Mike durchaus mit ihm und seiner Art identifizieren können.
Fazit:
„Die Welt übt den Untergang und ich grinse zurück“ ist ein ungewöhnlich erzähltes, gleichzeitig aber auch rotzig-freches Jugendbuch, das gut die Stimme der heutigen Jugend trifft. Leider schöpft S.J. Goslee nicht das Potenzial aus und bleibt bei vielen Problemen und Ereignissen zu oberflächlich. Auch der ungewohnte Stil der Autorin in Kombination mit einem Hauptcharakter, der gerade zu Beginn nur wenig Sympathien gewinnen kann, erschwert den Einstieg in die Geschichte. Wer jedoch auf der Suche nach etwas Anderem ist, dem dürfte das Debüt der amerikanischen Autorin durchaus gefallen – es ist etwas Anderes, sowohl hinsichtlich des Protagonisten und seiner Freunde, als auch in Hinblick auf die sprachliche Umsetzung. Am besten reinlesen und selbst entscheiden.
Cover © Dressler
- Autor: S. J. Goslee
- Titel: Die Welt übt den Untergang und ich grinse zurück
- Originaltitel: Whatever
- Übersetzer: Marianne Harms-Nicolai
- Verlag: Dressler
- Erschienen: 03/2017
- Einband: Hardcover
- Seiten: 320
- ISBN: 978-3-7915-0030-0
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 8/15 dpt