»Einige Denker unserer Zeit vermuten sogar, Information könne die eigentliche Grundlage des Kosmos sein. Wenn sie recht haben, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir und unsere Fähigkeit der Informationsverarbeitung überleben, selbst wenn wir, die wir heute hier sind, vielleicht nie ganz verstehenm warum. Paradoxerweise sind gerade solche hochtrabenden Ideen der Grund, warum wir uns um das Wesentliche kümmern müssen, warum wir unseren Planeten verstehen und auf ihn reagieren müssen.« (James Lovelock, aus dem Vorwort zu „Die Erde und ich“)
Information und deren Zugang ist heute so einfach, dass man sich fragt, ob es denn überhaupt noch Bücher braucht, die Wissen so vermitteln, wie es „Die Erde und ich“ macht. Manch Zyniker mag behaupten, dass doch das Internet alles bereit halte und man nur suchen müsse. Doch genau diese Sichtweise ist eine beschränkte, denn um zu suchen, muss man wissen wonach zu suchen ist, und deshalb sind solche Bücher wie das vorliegende immer noch und weiterhin wichtig. Insbesondere, wenn sie so schön aufgemacht sind wie diese Ausgabe, die im TASCHEN Verlag erschienen ist.
Viele schauen zurück auf ihre Schulzeit und denken bei den ganzen Fächern, die sie da hatten: „Gott sei Dank muss ich mich damit nicht mehr herumschlagen“ oder „Wenn ich etwas wissen will, gebe ich ein Stichwort bei Google (respektive Wikipedia) ein“ Unter diesen Geistern der Vergangenheit befinden sich so illustre Gebiete wie Biologie, Geographie oder Astronomie, um mal drei Beispiele abseits des Mainstreams aufzuzählen. Sie sind es, die bei vielen immer noch einen Schauer erzeugen (von Physik und Mathe ganz zu schweigen). Wirft man jedoch einen zweiten Blick darauf, so erkennen wir, dass es genau diese Themengebiete sind, in denen aufgezeigt wird, was unsere Welt zusammenhält und die auf viele einfache Fragen die Antworten wissen. Zum Beispiel darauf, wie die Kreisläufe auf der Erde ablaufen (Wasser, Gestein, Kohlenstoff), wie Sterne entstehen und vergehen, wie weit man das Weltall vermessen kann und wie das vonstatten geht, wie Atome aufgebaut sind und wie sie funktionieren, was sind Quanten und wozu braucht man sie und so weiter und so fort. Vieles ist wieder der Vergessenheit anheim geraten, manches wurde zu Halbwissen, und ein paar wichtige Punkte wurden im Langzeitgedächtnis auf ewig eingebrannt. Das vorliegende Buch von James Lovelock, der viele wissenschaftliche Autoren für dieses Buch versammelt hat, ist genau so ein bunter Strauß an Themen, wie er an der Schule behandelt wird. Von der Zeitgeschichte der Erde über die Atome und die Sterne bis hin zum anthropozänen Zeitalter der Erde ist in diesem Buch alles behandelt, was zum Allgemeinwissen gehören sollte und was man in geballter, zusammenhängender Form nur in einem Buch bekomt.
Die Erde, das Weltall, das Leben, die Materie und das Anti davon, Elektronen, Neutronen und was sonst noch durch den Äther schwirrt, Erdgeschichte, Menschheitsgeschichte, Industrie, Auferstehung und Untergang, Urknall und Hintergrundstrahlung. Alles und noch viel mehr wird in diesem Buch behandelt. Thematisch in unterschiedliche Fachgebiete aufgegliedert, widmen sich unterschiedliche Autoren ihrem eigenen Fachgebiet und schreiben darüber. Jeder auf seine Art. Dadurch lassen sich alle Texte unterschiedlich lesen und einordnen. Wie in vielen Büchern, die Wissen etwas allgemeiner vermitteln, kann es immer nur um kleine Ausschnitte des großen Ganzen gehen. Zusammenhänge können hergestellt werden, sind aber nicht zwingendes Anliegen von diesem Buch. Hier geht es mehr darum, Interesse zu wecken für die verschiedenen Fachgebiete. Ähnlich den „Was ist Was“- Büchern, nur besser. Das Wissen wird mit viel Text, aber auch mit ebenso guten und schönen Grafiken unterlegt. Allein das Cover zieht schon den Blick auf den interessierten Leser. In der Mitte ist eine Scheibe angebracht, die als Lesezeichen fungieren kann, indem der aktuell gelesene Abschnitt im Buch markiert wird. Im Buch selbst glänzen manche Seiten durch Ausklapptafeln, auf denen zum Beispiel die verschiedenen Zeitalter der Erde erklärt werden, die Entstehung des Weltalls seit dem Urknall oder die Vielzahl der Arten. Das alles sieht sehr wertig aus und ist beim Lernen der Informationen hilfreich und nützlich. Das Zusammenspiel zwischen Text und Layout ist gut aufeinander abgestimmt und an keiner Stelle lenkt eine Informationstafel vom Lesen ab, die wie in Lehrbüchern mitten in den Fließtext eingebunden ist. Die Texte selbst sind verständlich formuliert und nicht zu wissenschaftlich gehalten, es wird mehr in einer Art „Plauderton“ Wissen vermittelt. Formeln oder exzentrische Aussschweifungen, die ein Nichtforscher kaum begreifen kann, fehlen vollends, womit sich die Texte angenehm lesen lassen. Trotz dessen erfordert das Buch und jeder einzelne Abschnitt ein hohes Maß an Konzentration und Durchhaltevermögen, denn die Texte sind nicht in kleinen praktischen Häppchen aufbereitet, sondern lang und ausformuliert aufgeschrieben. Damit schließt sich dann auch der Kreis zum Anfang des Textes, denn in der heutigen, schnellen Informationsgesellschaft braucht es gerade solche Bücher, um sich wieder konzentriert und mit Muße an etwas heranzuwagen. Manches muss zweimal gelesen werden, um es zu verstehen, und es braucht Zeit, um die Informationen aus dem Text heraus zu filtern. Ganz so wie früher, als man für die Schularbeiten in die Bibliothek gehen musste und sich die nötigen Informationen aus Büchern anstatt aus dem Internet holen musste. Ein Lexikon oder ein Lehrbuch ersetzt dieses Buch natürlich nicht, aber es ist ein sehr guter Einstieg, um die Welt und ihre Mechanismen zu verstehen, um sich Anregungen zu holen, weiter nachzuforschen, um sich Stichworte heraus zu filtern und um sein Wissen zu erweitern. Alles in allem ist das Buch für alle Wissbegierigen ab 12 (als grobe Schätzung) geeignet. Gewisse Grundkentnisse in Physik, Astronomie, Biologie oder zumindest Interesse daran können nicht schaden.
Cover und Buchbilder ©Taschen Verlag
- Autor: James Lovelock et al
- Titel: Die Erde und ich
- Verlag: Taschen Verlag
- Erschienen: 03/2017
- Einband: Hardcover
- Seiten: 168
- ISBN: 978-3-8365-5391-9
- Sonstige Informationen:
Taschen Verlag
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Wertung: 15/15 Wissenslücken