Post-Pandemie. Post-Apokalypse. There’s A Riot Goin’ On (Sly Stone). Mit Erklärungen gar nicht lange aufhalten. Die Wutbürger sind los. Fast schon realistisch. “Daylight’s End” hat eine pfiffige, ganz eigene Stadt- und Landplage am Start. Nennen wir sie Vambies oder Zompire. Eine Mixtur aus den beißfreudigen Kreaturen der Nacht und jenen Untoten, denen es nach Menschenfleisch, besonders nach Gehirnen gelüstet (vermutlich weil das eigene ausgelöscht ist), macht die USA unsicher. Sie sind bösartig, pfeilschnell und reagieren letal allergisch auf Sonnenlicht.
Wie sich das für solch marodierende, von zerstörerischen Trieben gesteuerte Truppen gehört, folgen sie einem Führer. Hinter dem ist der Einzelgänger Rourke her, infizierte das Alpha-Männchen doch seine geliebte Gattin, sodass Rourke gezwungen war, sie zu exekutieren.
Johnny Strong verkörpert diesen Antihelden. Der Tradition gehorchend als maulfaule, effektive Kampfmaschine, existenzialistisch auf sich selbst zurückgeworfen, weiß er genau, dass um ihn herum die anderen die Hölle sind. In entscheidenden Momenten darf er beweisen, dass ein trauriger Humanist in ihm steckt. Strong spielt dies dekorativ, unsentimental und mit jener Lakonik, hinter der sich eine traumatisierte, verletzte Persönlichkeit verbirgt.
So rettet er die propere Sam Sheridan aus den Fängen übler Vergewaltiger, um sie anschließend, mitsamt der psychisch offensichtlich kollabierten Annabelle, nach Dallas zu bringen, wo sie mit einer Gruppe Überlebender in einem Hochhauskomplex Auswege in eine bessere Zukunft sucht. Dorthin hat es auch den kolossalen Anführer der Vambie-Horden verschlagen. Verlustreiche Aktivitäten und ein (nicht ganz so) spektakulärer Finalkampf sind vorprogrammiert.
“Daylight’s End” ist einer jener Filme, die früher gut und gerne im Kino hätten laufen können. Als es noch Lichtspielhäuser für jene Art von actionreichen B-Movies gab. William Kaufman, der bereits im ruppigen Cop- & Rachethriller “Sinners and Saints” mit Johnny Strong zweckdienlich zusammenarbeitete, liefert eine solide Regiearbeit ab, die besonders visuell punkten kann. Denn Kaufman setzt auf starke Farbkontraste bei den Außenaufnahmen, statt die gewohnte Sepiatönung überzustrapazieren, und lässt Innen kalte, schmutzige Blau- und Grautöne walten.
Wie er überhaupt das Talent besitzt, Innenräume in Szene zu setzen. Ein Großteil der schnellen, heftigen Action findet in engen Gängen, Fluren und vor oder in Gefängniszellen statt. Er lotet die bei “Rio Bravo” (Howard Hawks) und “Assault – Anschlag bei Nacht” (von John Carpenter, Originaltitel: “Assault on Precinct 13″) abgeschaute Thematik und Ästhetik geschickt aus und erweitert dies um eigene Aspekte. Es ist viel los im zerstörten Dallas, drinnen wie draußen. Rourke und seine Mitstreiter sind, bis auf kleine Verschnaufpausen, ständig in Bewegung, wobei die Kameraführung erfreulich ruhig bleibt, keine zittrigen Digitaleffekte, kaum Wackeln und kein unscharfes Herumirren. Die zahlreichen Bluteffekte sind okay, können ihre Entstehung im Computer aber nie verhehlen. Heilige Handgranaten werden, wahrscheinlich aufgrund des schmalen Budgets, kaum eingesetzt und erzeugen bloß leichte Verpuffungen und angedeutete Feuersbrünste.
Dialoge sind aufs Notwendigste beschränkt, gemäß des Wahlspruchs eines gut geölten Krawallfilms: An ihren Taten werdet ihr sie erkennen. Und getan wird viel: Rennen, retten, flüchten, kämpfen, sterben, schießen. Bevorzugt schießen.
Die Charakterzeichnungen sind nicht eben tiefgründig, doch die Schauspieler, wie der verlässliche Lance Henriksen und ein überzeugender Louis Mandylor, loten das Wenige erstaunlich weit aus. Chelsea Edmundson als Sam bleibt blässlich, es wabert im Trüben, warum Rourke große Zukunftshoffnungen in sie setzt. Johnny Strong braucht gar nicht in die Tiefe gehen, er ist der Abgrund, der auf sich selbst zurückstarrt.
Die eine oder andere Figur geht unterwegs verloren und mit der nahezu katatonischen Annabelle konnten die Macher im Verlauf wenig anfangen, eine Entwicklung findet nicht statt und pop goes the weasel. Doch das fällt kaum ins Gewicht.
“Daylight’s End” ist reines, effizientes Bewegungskino und punktet zudem kinematographisch. Die äußere Destruktion und die innere Isolation sind ansprechend in Szene gesetzt. Johnny Strong himself hat dazu einen aufpeitschenden, dräuenden Soundtrack geschrieben, der exzessiv als dramatisches Mittel eingesetzt wird. Passt zwar atmosphärisch, es hätten aber ein paar Gramm weniger sein dürfen.
Finalement ist “Daylight’s End” eine so launige wie grimmige Mischung aus Action und Horror, die trotz kleinerer Mankos prächtig funktioniert. Gruselig ist das selten, doch ein paar Schreckmomente sitzen passgenau, und die Spannung ist wohldosiert, ohne zu Herzklabaster zu führen. Bahnhofskino revisted at home. Recht so.
Cover & Szenenfotos © EuroVideo Medien GmbH
- Titel: Daylight’s End
- Originaltitel: Daylight’s End
- Produktionsland und -jahr: USA 2015
- Genre: Action, Horror, Endzeit
- Label: Eurovideo
- Spielzeit:
ca. 105 Minuten auf Blu-Ray
ca. 101 Minuten auf DVD
- Darsteller:
Johnny Strong
Louis Mandylor
Lance Henriksen
Chelsea Edmundson
Farah White
- Regie:
William Kaufman, Johnny Strong (Traumsequenzen)
- Drehbuch:
Chad Law - Musik:
Johnny Strong - Kamera:
Kelly Riemenschneider
- Extras:
Trailer
- Technische Details (DVD)
Video: 2,40:1, 16:9 anamorph
Sprachen/Ton: D, GB (DD 5.1)
Untertitel: ausblendbar
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 2,40:1, HD 1080/24p (16:9)
Sprachen/Ton: D, GB, DTS-HD Master Audio 5.1
Untertitel: ausblendbar
- FSK: 18
- Sonstige Informationen:
Produktseite des Films
Wertung: 10/15 Apokalypsen bei Sonnenuntergang