Hierzulande hat sich “Lewis” als “Sonntagskrimi” etabliert und holt beim ZDF immerhin drei bis sechs Millionen Zuschauer vor den Bildschirm. Doch wer beim Terminus “Sonntagskrimi” Parallelen zum “Tatort” sieht, möge sich bitte in die Wohnzimmerecke stellen und sich schämen. Denn “Lewis” ist, wie schon seinerzeit die Vorgängerserie “Inspector Morse” (in welcher Lewis der Sergeant des Inspectors war) aus einem gänzlich anderen Holz geschnitzt, was Qualität und Anspruch betrifft.
In diesen drei Staffeln, in welchen Detective Inspector Robert Lewis (ruhig, erfahren, besonnen, charmant) und sein Sidekick, Detective Sergeant James Hathaway (Quereinsteiger und ehemaliger Theologiestudent, immer wieder durch seine Intellektualität und seiner außergewöhnlichen Analytik überraschend) gemeinsam im wohlhabenden, gebildeten und kulturreichen Oxford zwölf Mal mehr Mörder mit den unterschiedlichsten Motiven hinter Gitter bringen, wird erneut deutlich, was “Lewis” so erfolgreich macht: Die Krimis sind gleichermaßen alte wie neue Schule. Alte schule, aber nie antiquiert. Neue Schule, aber ohne allzu modernen Schnickschnack. Und während zahlreiche Krimiserien – auch jene, die aus längeren Episoden wie eben diesen 85- bis 90-minütigen bestehen – eher mit Hektik, Brutalität, Ausgefallenheit und/oder Action zu punkten versuchen (wenn auch erfolgreich), ist “Lewis” eher etwas, was den Fernsehabend entschleunigt. Am Rezept des ruhigen, langsamen Krimis wurde praktisch nichts geändert – wie ereignisreich all die Episoden dennoch sind, realisiert man immer wieder erst nach deren Genuss, denn es gibt zahlreiche Wendungen und viele straffe Dialoge, viele “twists and turns”. Man wird zum Mitdenken animiert – die Action findet hier praktisch weniger auf dem Bildschirm statt, sondern eher im Oberstübchen des Zuschauers.
Über die einzelnen der zwölf Fälle nun etwas zu verraten, würde einerseits eine riesige Textmenge mit sich ziehen, andererseits wäre es auch müßig, nun Fall für Fall kurz anzureißen. Von einer vergifteten Bischöfin über eine ermordete Professorenassistentin, eine Psychiaterpatientin (deren Suizid wohl doch keiner war), eine tot aufgefundene Gründerin einer Stiftung für hochbegabte Kinder, eine tote Literaturprofessorin und einen toten Literaturprofessor, eine erdrosselte Babysitterin, einen mutmaßlichen rassistischen Professor bis hin zu einem getöteten Kunstpfofessor ist so ziemlich jede mehr oder minder gehobene Sparte gemeuchelterweise vertreten – doch ganz gleich, wie sehr sichdie Grundrezepte der einzelnen Folgen einander ähneln, so gelingt es den Machern immer wieder aufs Neue, dem Zuschauer das Menü durch neue Geschmacksnoten und Zutatenkombinationen schmackhaft zu machen.
Die auf den Colin-Dexter-Romanen basierenden Kriminalfilme zeigen, wie aufregend “Whodunnit”-Kost dennoch sein kann – tolle Settings, intelligente Drehbücher, charismatische Darsteller*innen, stimmungsvolle Bilder, wunderbare Dialoge und ein hohes Maß an Zeitlosigkeit tragen in ihrer Gesamtheit dazu bei, dass Langeweile ein Fremdwort bleibt. Der britische Charme tut sein Übriges, um “Lewis” nach ganz oben zu hieven. Von der Liebe zum Detail ganz zu schweigen.
Insgesamt macht die fünfte Staffel von der Stimmung her einen düstereren Eindruck – die vier Episoden sind nicht ganz so locker-flockig wie sonst. Dafür nehmen die privaten Geschichten Lewis’ und Hathaways ein wenig mehr (und dennoch sehr sparsam) Platz ein, was die Serie auf etwas andere Weise belebt. Das ist auch etwas, was sich durch die folgenden beiden Staffeln zieht, die aber hier und dort doch etwas leichter und lockerer erscheinen. Beides steht “Lewis” wunderbar zu Gesicht und zeigt, dass auch in einem engen Rahmen Vielseitigkeit möglich ist.
Wie schon bei der ersten Box mit den ersten drei Staffeln enthält diese Box eine OmU-Folge der ersten “Inspector Morse”-Staffel aus dem Jahr 1986 – logischerweise die zweite Folge. Auch diese sorgt für reichlich Vergnügen, besonders John Thaw (möge er in Frieden ruhen) als Morse spielt sich innerhalb weniger Minuten mit seiner unkonventionellen Art sofort in das Herz des vor dem Bildschirm sitzenden.
Wie auch bei der vorherigen Box führt bei dieser wertigen Sammlung kein Weg an der Höchstwertung vorbei. Reden wir gar nicht weiter um den heißen brei herum: Besser kann man den klassischen (britischen) Krimi kaum in Szene setzen.
Packshot-Abbildung © edel Motion
- Titel: Lewis – Collector’s Box 2
- Originaltitel: Lewis
- Produktionsland und -jahr: UK, 2012-2014
- Genre:
Krimi - Erschienen: 09/2015
- Label: edel Motion
- Spielzeit:
ca. 1170 Minuten auf 13 DVDs - Darsteller:
Kevin Whately
Laurence Fox - Technische Details (DVD)
Video: 16:9 (Lewis); 4:3 (Inspector Morse)
Sprachen/Ton: D, GB (Lewis), GB (Inspector Morse)
Untertitel: D
- FSK: 12
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Wertung: 15/15 dpt