“Verfolgt in Paradise” ist der achte Band um Jesse Stone, den Polizeichef der Kleinstadt Paradise. Einen weiteren Roman verfasst Parker noch zu Lebzeiten, das bislang folgende Trio wurde von Michael Brandman fertig gestellt.
Fall Nummer Acht ist ein außergewöhnliches Buch. Keinesfalls Robert B. Parkers gelungenster Roman, nicht einmal, wenn man nur die Jesse Stone-Serie im Blick hat. Wie gewohnt schnörkellos geschrieben und ausgefeilt in den Dialogen ist das unterhaltsame Buch allemal.
Zu etwas Besonderem wird der Roman, weil Mord keine Rolle spielt, sondern nur als drohende Möglichkeit einen Fall von Stalking überschattet. Grenzverletzungen sind ein Hauptthema des Buchs; räumliche, in denen der Stalker vom bloßen Voyeur zum bedrohlichen Eindringling wird, persönliche, wenn Menschen gezwungen werden, gegen ihren Willen zu agieren. Seien es Schülerinnen beim “Slip-Test” ihrer Direktorin, jener Teil des Swinger-Clubs, der nur um des Partners Willen mitswingt sowie alle Opfer, die sich vor dem Spanner, der sich selbst “Nachtfalke” nennt, entblößen müssen.
Jesse Stone, seine Kolleg*innen, Freunde und Psychotherapeut Dix haben zudem viel Gelegenheit sich über Beziehungsmuster auszutauschen, über das Wechselspiel von gegenseitiger Akzeptanz oder das ungesunde Gegenstück von Unterdrückung und Unterwerfung. Führt am Ende dazu, dass Jesse Stone endlich eine Entscheidung bezüglich seiner Ex-Frau Jenn trifft, seine verzweifelte Liebe und on/off-Beziehung. Die zu Beginn einmal mehr mit neuem Liebhaber auf einem möglichen Karrieresprungbrett steht. Mit Jesse als ewiger Rückversicherung. Dessen Beistand Mr. Whisky und seine hochprozentigen Kollegen sind. Jesse Stone dürfte um die Vierzig sein (definitiv um einiges jünger als der trotzdem gut besetzte Tom Selleck in den Verfilmungen), höchste Zeit, dass er sich weiterentwickelt.
Robert B. Parker gesteht es ihm zu, wie vielen anderen Figuren des Romans. Konflikte werden in “Verfolgt in Paradise” meist nicht mit Gewalt oder ihrer Androhung gelöst (obwohl auch das vorkommt), sondern durch Empathie und Kommunikation. Was in Kriminalromanen nicht unbedingt die Norm ist.
“Verfolgt in Paradise” ist ein freundliches, fast altersmildes Werk, das aufgrund seines trockenen Humors, seiner knappen, genauen Schilderungen und ausgefeilter Dialoge überzeugt. Dass der mögliche Täter sich genau jener Gruppe zuordnen lässt, die der Polizei von Paradise auf anderem Weg auf dem Silbertablett serviert wird, ist eine lässliche Schwäche. Ebenso, dass die Gespräche über Partnertausch und Obsessionen nicht allzu weit in die Tiefe reichen. Aber das passt zu einer Geschichte, die in einem durchschnittlichen Kaff spielt, in dem sich nur leicht überdurchschnittliche Menschen Gedanken über das Dasein und seine Tücken machen.
Von milder Spannung, regt “Verfolgt in Paradise” zum Nachdenken über eigene Positionen an und bietet viel Vergnügliches wie Begegnungen mit weiterem Personal aus Parkers literarischem Universum (Sunny Wallace, Rita Fiore, Susan Silverman). Nur Spenser und Hawk schauen leider nicht auf einen kleinen Plausch vorbei.
Cover © Pendragon Verlag
- Autor: Robert B. Parker
- Titel: Verfolgt in Paradise
- Teil/Band der Reihe: Der 8. Fall für Jesse Stone
- Originaltitel: Night And Day
- Übersetzer: Bernd Gockel
- Verlag: Pendragon Verlag
- Erschienen: 18.02.2016
- Einband: Paperback
- Seiten: 318
- ISBN: 978-3-86532-525-9
- Sprache: Englisch
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