Wer bei dem Titel “Der Fluch von Downers Grove” einen furchteinflößenden Mystery-Thriller, womöglich mit Geister-Aktivitäten, erwartet, dürfte sich arg getäuscht sehen. Der titelgebende Fluch existiert zwar, doch wird er den ganzen Film über in Frage gestellt und bleibt bis zuletzt ein matter Aufhänger für Handlungsstränge, die ganz andere Themen berühren.
Handeln wir ihn kurz ab: Die Downers Grove-High-School steht auf geheiligtem Indianerland, was zu besagtem Fluch führt: Jedes Jahr soll ein Schüler oder eine Schülerin der Abschlussklasse in der letzten Schulwoche sterben, so lange bis der Frevel bereinigt wird (was natürlich nicht geschehen wird). Wer jetzt Poltergeiser trapsen hört, der liegt völlig falsch.
Zwar treten die beschworenen Todesfälle ein, mal wird jemand überfahren, dann wird der drogeninduzierte, freie Fall von einem Wasserturm zum tödlichen Verhängnis. Nichts Übernatürliches dabei, alltägliches Sterben durch Krankheit, Dummheit, Provokation und Zufall. Trotzdem hat Chrissie Swanson böse Träume und Vorahnungen, von Regisseur Derek Martini als halluzinogene, kleine Videotrips verkleidet. Visuell ganz ansprechend, aber für den Fortlauf der Handlung nur von bedingtem Interesse und Nutzen.
Denn erst einmal gibt es ein High-School-Drama mit einer Portion Psychothriller im Verbund. Quarterback Chuck verguckt sich in Chrissie, und als typischer amerikanischer Gewinnertyp, der gewohnt ist zu bekommen, was er sich wünscht, versucht er Chrissie auf einer Party zu vergewaltigen, nachdem sie ihn abblitzen ließ. Kostet ihn die Sehfähigkeit auf einem Auge (vielleicht auch das komplette Äpfelchen) und damit eine vielversprechende Zukunft sowie deie gute Laune.
Er beginnt Chrissie und ihre Freunde zu stalken und schmiedet einen finsteren Racheplan, nachdem die Schülerin ihn erneut abweist. Da sein gewalttätiger Vater als hochdekorierter Ex-Cop anscheinend immer noch über Beziehungen im Police-Department verfügt, bleibt ein Polizeieinsatz aus, als Chuck und seine Freunde, während einer Party in Chrissies elternfreiem Haus, zum Großangriff ansetzen. Doch Chrissie weiß sich zu wehren.
Ganz am Ende wird sich klären, ob und wie der Fluch in Chrissies Abschlussjahr zuschlägt. Und erst nach dem Abspann wird es ein bisschen mystisch.
Gerade in den letzten Jahren erwiesen sich Coming of Age-Stories und Horror/Mystery als sehr kompatible und mitunter innovative Kombination. Als Highlights seien nur “Donnie Darko” (zu dem es unübersehbare Ähnlichkeiten im Sounddesign und der visuellen Gestaltung gibt) und die letztjährige fulminante Paranoia-/Aids-Paraphrase “It Follows” genannt. Oder der Meta-Slasher “Warte, bis es dunkel wird”, der ein wenig unter seiner bei “Scream” abgeschauten Schlusswendung leidet. Wobei diese letztlich konsequent war, wenn man sie als Spiel mit den Mechanismen des Kinos begreift.
“Der Fluch von Downers Grove” hat ein bisschen von alldem, und fällt trotzdem hinter die genannten Werke zurück. An den soliden bis guten Darstellerleistungen liegt es nicht, wobei Helen Slater als nur kurz auftretende Mutter Chrissies und ihres Bruders verheizt wird, ähnlich wie Tom Arnold, der als kaputter Ex-Cop phrasenschwingend immerhin für einen ekligen Eindruck sorgt.
Aber der Film schlingert zu unentschlossen herum. Für ein surrealistisch angehauchtes Drama bleiben die Hauptpersonen zu blass und stereotyp, für einen ruppigen Gewaltthriller, zu dem sich der Film partiell entwickelt, ist das Geschehen nicht spannend genug. Außerdem wirken die jeweiligen Veränderungen und Wandlungen der Protagonisten arg willkürlich.
Bret Easton Ellis als Co-Autor lässt zwar aufhorchen, doch mehr als ein eigenwilliger Genre-Mix, der mehr an Handlungsbrüchen, visuellen Spielereien und dem Erzeugen desolater Stimmungen interessiert ist als an seinen Figuren, deren Schicksal den Zuschauer weidlich kalt lässt, kommt nicht dabei heraus.
Allerdings entwickelt “Der Fluch ´von Downers Grove” von Beginn an eine Atmosphäre der Beklemmung, die er konsequent bis zum bitteren Ende aufrechterhält. Hierzu tragen die formelhaften Charaktere bei, auf der einen Seite die triebgesteuerten, aggressiven Psychopathen, auf der anderen die empathischen, verträumten und nachdenklichen Sensibelchen. Die aber ansatzlos zu Knochenbrechern und Killern mutieren, wenn die Stunde schlägt. Das ist ebenso sehr einer fiktionalen Gewaltphantasie verhaftet, während die irreal in Szene gesetzte Kleinstadt, deren einzige Besonderheit jenseits der suburbanen Konformität der titelgebende Fluch ist.
Wer auf der Suche nach grummelndem Geisterspuk ist, nach lebendig gewordenen Flüchen und Verwünschungen, der sollte einen großen Bogen um Downers Grove machen. Wer allerdings mit einem wüsten Genremix zufrieden ist, der erst betulich, dann bedrohlicher und schließlich eminent gewalttätig daherkommt, kann einen Blick riskieren. Dass Bret Easton Ellis sich des 1999 erschienen Romans von Michael Hornburg angenommen hat, sorgt zwar für ein paar gelungene wie hochtrabend-pathetische Dialoge und Meditationen, bleibt aber insgesamt zu unentschlossen, unmotiviert und plakativ, um für nachhaltige Wirkung zu sorgen.
Zentrale Sätze:
“Vororte sind die Ghettos der Bedeutungslosen.”
“Da kommt dein Stalker-Freund”. [Gut aufpassen zu Beginn! ]
“Also dann, bis morgen!”
“Wie optimistisch.”
“Das war nicht lustig!!!” [Doch, war es.]
“Ich möchte an eine bessere Welt glauben. […] Ich meine, warum sollte ein Gott wollen, dass mein Dad Meth-süchtig wird und eine Frau und zwei Kinder hinterlässt? Und wieso sollte er meinem zwölfjährigen unheilbaren Knochenkrebs schicken? Das ist nur persönlicher Kummer. Ich spreche noch gar nicht von Kriegen, den Vergasungsanlagen, ethnischen Säuberungen, Gewalt und all dem, weil wir sonst die ganze Nacht hier säßen.”
“Ooh, das ist Hardcore-Dünnschiss, Mädchen!”
“Ja, es ist viel, was mir durch den Kopf geht.”
Cover & Szenenfotos © Tiberius Film
- Titel: Der Fluch von Downers Grove
- Originaltitel: The Curse Of Downers Grove
- Produktionsland und -jahr: USA, 2015
- Genre:
Action, Krimi, Spionage, Abenteuer
- Erschienen: 01/2016
- Label: Tiberius Film
- Spielzeit:
85 Minuten auf 1 DVD
89 Minuten auf 1 Blu-ray - Darsteller:
Bella Heathcote
Lucas Till
Kevin Zegers
Penelope Mitchell
Martin Spanjers
Mark L. Young
Tom Arnold
Helen Slater - Regie:
Derick Martini
- Drehbuch:
Bret Easton Ellis
Derick Martini
nach einem Roman von Michael Hornburg
- Kamera:
Frank Godwin
- Musik:
Pinar Toprak
- Extras:
Trailer - Technische Details (DVD)
Video: 2,35:1 (16:9)
Sprachen/Ton:
Deutsch (Dolby Digital 2.0), Deutsch (Dolby Digital 5.1),
Englisch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (DTS)
Untertitel:
Deutsch
- Technische Details (Blu-ray)
Video: 2,35:1 (1080p/24 HD)
Sprachen/Ton:
Deutsch (DTS-HD Master Audio 5.1)
Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1)
Untertitel:
Deutsch
- FSK: 16
- Sonstige Informationen:
Produktseite DVD
Autor Michael Hornburg im Daily Herald
Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 9/15 verfluchten Graduationspunkten