einzlkind – Billy (Buch)

einzlkind - Billy (Cover © Suhrkamp/Insel)Mit dem skurrilen Roman “Harold” sowie dem nicht minder schrägen “Gretchen” hat sich der unter Pseudonym firmierende Autor (oder Autorin) sehr bald in die Herzen der Freunde absurd anmutender Romane geschrieben. Beide Bücher erschienen bei Edition Tiamat – “Billy” hingegen fand beim Insel Verlag, welcher seit 1981 beim Suhrkamp Verlag beheimatet ist, sein Zuhause.

Auch bei diesem dritten Roman gleicht der Buchtitel dem Namen des Protagonisten. Charakterisiert wird er auf der Buchrückseite treffend als Schotte, Philosoph und Killer mit Nietzsche-Affinität. Aufgewachsen ist er in der schottischen Kleinstadt Duffmore, wo er, nachdem sich die Hippie-Eltern mit einer Überdosis ins Jenseits befördert haben, bei seinem Onkel Seamus und dessen Frau Livi (laut Seamus »die schönste Eisverkäuferin im Umkreis von zwei Sonnensystemen«) Obhut fand. Während die Eltern ihn seinerzeit musikalisch sozialisiert hatten, sorgte sein Onkel dafür, dass die philosophische Ader in ihm zum Leben erweckt wurde – seitdem ist Nietzsche Billys stetiger Begleiter. Dort oben. In Billys Kopf.

Onkel Seamus prägte aber nicht nur Billys Leben als Philosoph, sondern bestimmte ab dessen zweiundzwanzigstem Lebensjahr auch seine berufliche Laufbahn: Er holt ihn in das Familienunternehmen, welches es sich zur Aufgabe gemacht hat, Auftragsmorde an Mördern zu erledigen. Kopfgeldjagd. Ein Dexter Morgan auf Abruf sozusagen, nur ohne Plastikfolie, Geschnippel, Objektträger und im Meer versenkte Müllsäcke, wenn man so will. Bevor er seine Opfer exekutiert, dürfen sie ihm noch seine Lebensgeschichte erzählen. Nur einmal hat Billy versehentlich den Falschen getötet – etwas, das irgendwann Konsequenzen haben könnte…

Nach zwölf Jahren – nun ist er 34 und es klebt viel Blut an seinen Händen – bricht er nach Las Vegas auf, um nach langer Zeit Whip, ebenfalls Mitarbeiter in Seamus’ “Firma”, dort zu treffen. Dass Whip und er Las Vegas dabei voll auskosten, inklusive Glücksspielen natürlich, steht außer Frage. Doch es gibt auch Geschäftliches zu besprechen – der nächste Auftragsmord steht an. Allerdings hat Billy nicht damit gerechnet, dass seine Vergangenheit ihn bald wieder eingeholt hat und es ausgerechnet in der “Stadt der Spieler und Sünder” zu seiner persönlichen Boss-Battle kommt.

Gleich im ersten Kapitel erledigt Billy einen seiner Jobs, bevor sich die Kapitel im weiteren Verlauf abwechseln, nämlich a) zwischen Rückblenden von seiner Kindheit über die adoleszenten Jahre bis hin zu seinem jungen Erwachsensein sowie b) der Gegenwart, die wiederum ein starkes Roadmovie-Flair besitzt. Es dauert demnach auch nicht lang, bis man sich als Leser mit dem Groove des Romans arrangiert hat.

einzlkinds Schreibstil ist bewusst simpel und roh gehalten, die Sätzte sind meist kurz und prägnant – trotz allem verliert das Geschriebene nie an Anspruch – und gerade die philosophischen Anflüge, die sich auch durch die Vorgängerwerke zogen und nicht immer unbedingt ihre Wurzel in Nietzsches Ergüssen haben, sind auch dieses Mal wieder geistesbereichernd. Sein Schreibhandwerk in technischer Hinsicht hat das schreibende Etwas mit dem sonderbar geschriebenen Künstlernamen demnach nicht verlernt.

Doch während “Harold” und “Gretchen” noch von Anfang bis Ende authentisch-skurril (ja, das kann funktionieren…) wirkten und das Maß an Überzeichnung noch den jeweiligen Geschichten zugute kam, bleibt die Grundstory von “Billy” zeitweilig ein wenig farblos und gewöhnlich, während die schrägen Elemente, die durchgeknallten Charaktere, die bizarren Situationen und all der andere “sick and quirky stuff” nicht immer den offenbar gewünschten Effekt erzielen – denn vereinzelt wirken diese gutgemeinten, schrillbunten Farbtupfer nicht natürlich, sondern vielmehr gewollt oder gar aufgesetzt. Ebensolches gilt für die humoristischen Elemente, die bei den Vorgängerwerken durch die Bank pointiert und mitunter auch subtiler zu finden waren, hier jedoch an drei, vier Stellen wie ein Holzhammer wirken, der in Zeitlupe anfliegt. Und das sägt die Spitze, die “Billy” zu seinen Vorgängern aufschließen lässt, ein wenig ab.

Das klingt nun allerdings negativer, als es letztendlich ist. Zwar hat sich einzlkind die Messlatte selbst sehr hoch gelegt, sodass er/sie dieses Mal mitsamt Latte auf die hohe Schaumstoffmatte plumpst, wenn auch nur knapp – zumindest aus der Sicht des Verfassers dieser Zeilen.  Man kennt einzlkind eben stärker. Doch das Drittwerk ist meilenweitweit davon entfernt, ein schwaches Buch zu sein – in seiner Summe präsentiert sich “Billy” als ein leicht zu lesendes, schwarzhumoriges Werk irgendwo zwischen Erzählung, Comedy, Thriller, Roman noir und Philosophieexkursionen, das problemlos für Lesespaß sorgt.

Cover © Suhrkamp/Insel

Wertung: 11/15 dpt

 

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