“Dead Rising – Watchtower” orientiert sich an der Videospiel-Reihe “Dead Rising”, von der es bislang drei Teile gibt. Weltweit erfolgreich (alleine vom ersten Spiel wurden mehr als eine Million Kopien verkauft) blieb das Spiel in Deutschland ein Nischenprodukt. Die USK verweigerte die Jugendfreigabe, woraufhin Microsoft erst gar keine deutsche Version erstellte und von einer Veröffentlichung in Deutschland absah. Vorausschauend, denn “Dead Rising” wurde 2006 indiziert und ein Jahr später beschlagnahmt. Theoretisch zumindest. Denn jeder, der das Spiel unbedingt besitzen möchte, kennt natürlich die entsprechenden Importvertriebswege und muss bei Erwerb nicht mit einer Razzia rechnen.
Das nur als kleine Anmerkung, denn für den Film gilt in Anlehnung an das bekannte Zitat des leider jüngst verstorbenen Harry Rowohlt: “Ein Spiel ist ein Spiel und ein Film ist ein Film und Whisky gehört nicht ins Eisfach, und wer das nicht weiß, der trägt auch breite Schlipse.”
Bei einem Film auf der Grundlage eines Spiels auf visuelle Anregungen zurückzugreifen liegt natürlich näher als bei der von Harry Rowohlt intendierten Literaturverfilmung. So gibt es bei “Dead Rising – Watchtower” einige Einstellungen, die mit der Sichtweise eines Egoshooters spielen, Figuren und Elemente (wie das Medikament “Zombrex”) tauchen auf, am einprägsamsten und spaßigsten ist Frank West, der Hauptcharakter des ersten Spiels, der in einem Fernsehstudio recht vergnüglich und politisch ziemlich unkorrekt klugscheißern darf. Auch das vergnügliche Motiv der Bastelstunde, sprich aus unterschiedlichen Materialien eigene Waffen zu kreieren, wird aufgegriffen, aber nicht komplett überzeugend weiterentwickelt.
Der szenische Aufbau erinnert mit seinem räumlich sehr übersichtlichen Areal an das Level abklappern handelsüblicher Action-Adventures. Regierung und Militär schmieden üble Ränke, um die fortschreitende Zombifizierung in den Griff zu bekommen und ihre (infizierten) Bürger gleichzeitig überwachen zu können. Dazu braucht es nur einen Präzendenzfall, bei dem das bewährte “Zombrex” versagt und die scheinbar erfolglos geimpften Kranken als vollwertige Zombies unter der Bevölkerung wüten lässt. Man riegelt eine ganze Stadt ab, überlässt die Gefangenen ihrem Schicksal und präsentiert kurz vor dem Bombardement ein neues Mittel, von länger anhaltender Wirkung als das bekannte “Zombrex”. Zufälligerweise kann das implantierte Wundermittel auch zum Orten seines Trägers benutzt werden. Schöne neue Zombie-Welt.
Blöd nur, dass der eher beflissene als moralisch integre Journalist Chase Carter inmitten der abgeschotteten Stadt herumstromert und dank seiner Begleiterin Crystal O’Rourke sowie der entkommenen Kollegin Jordan den üblen Machenschaften der Staatsmacht auf die Schliche kommt. Damit ihm seine Aufgabe – finde das nutzlose “Zombrex”-Substitut, beweise dass das reelle Medikament noch wirkt und entkomme vor der Bombardierung aus dem Hexen-, äh, Zombiekessel – nicht allzu leicht fällt, muss er sich mit Killerclowns, einer Bikergang, die aus debilen Nachkommen eines “Mad Max” meets “Dawn Of The Dead”-Schäferstündchens stammt, anlegen und diversen brenzligen Situationen entkommen. Unterstützung gibt es von außerhalb, denn Jordan ermittelt ebenfalls auf Hochtouren und versucht reuige Wissenschaftler zu überzeugen gegen Militär und Regierung zu arbeiten. Ob es gelingen wird?
Levelaufstieg in 5, Steigerung der Charakterwerte in 3, Zwischenspeichern jetzt.
“Dead Rising – Watchtower” setzt sich zwischen alle Stühle. Bedauerlicherweise nicht auf sonderlich interessante Art. Das Scheitern ist ein eher langatmiges, keines mit lautem Poltern, Wüten und deftigem Showdown im Titty Twister. Für eine ernsthafte Zombie-Satire mit politischem Anspruch ist der gesellschaftskritische Background zu oberflächlich und die Gag-Dichte viel zu dünn. Die Charaktere bleiben flache Stereotypen, trotz meist ordentlicher schauspielerischer Leistungen. Jesse Metcalfe, in der Rolle des wenig sympathischen Jedermanns ohne besondere Kampffähigkeiten, kann den Film nicht tragen. Weder lädt er als Identifikationsfigur ein, noch besitzt er genügend Ecken und Kanten, um als überzeugender Antiheld bestehen zu können. Seine weiblichen Pendants bekommen vom Drehbuch etwas mehr Potenzial zugeschrieben, doch bleibt die Dramaturgie einlullend und hält den Zuschauer auf Distanz.
Die kinematographische Gestaltung kann sogar überzeugen, hat mit der Rückblende, die erst in der Mitte des Films mit einer der wenigen, gelungenen grafischen Splattereinlagen aufgelöst wird, sogar etwas Raffinement aufzuweisen, wird aber von der meist lahmen Action-Regie unschicklich torpediert. In diesem Bereich funktioniert “Dead Rising – Watchtower” zu selten. Die Zombies sind von erschreckender Harmlosigkeit, fast hat man den Eindruck, mutmaßliche Opfer schmeißen sich bewusst auf den Boden, damit die wandelnden Untoten über sie herfallen können. Und auch der Rockertrupp kommt trotz des Spuckens großer Töne nicht über ein Bedrohungspotenzial jenseits von Max und Moritz on the road hinaus.
So bietet “Dead Rising – Watchtower” gemütvolle Feierabendunterhaltung, die sowohl Gorehounds wie “The Walking Dead”-Freunde des eher intellektuellen Leidens angesichts der Zombieapokalypse deutlich unterfordert.
Die gediegene Machart, der rührende Versuch gesellschaftspolitische Relevanz einzubauen, die etwas temporeichere letzte halbe Stunde und eine Handvoll spaßiger Sequenzen lassen das hölzerne Werk nicht komplett im bodenlosen Zombiesumpf versinken. Dass allerdings das offene Ende verzweifelt nach einer Fortsetzung ruft, überhören wir geflissentlich. Wie es scheint vergeblich. Ein Sequel ist für 2016 angekündigt.
Cover & Szenenfotos © polyband
- Titel: Dead Rising – Watchtower
- Originaltitel: Dead Rising: Watchtower
- Produktionsland und -jahr: USA, 2014
- Genre:
Horror, Komödie, Action, Videospielverfilmung
- Erschienen: 31.07.2015
- Label: polyband Medien GmbH
- Spielzeit:
113 Minuten auf DVD
118 Minuten auf Blu-Ray - Darsteller:
Jesse Metcalfe
Meghan Ory
Virginia Madsen
Keegan Connor Tracy
Rob Grill
Dennis Haysbert
- Regie:
Zach Lipovsky - Drehbuch:
Tim Carter
- Kamera:
Mahlon Todd Williams
- Musik:
Oleksa Lozowchuk
- Extras:
The Epic One’er, Making of Bonzo, Weapons of Dead Rising - Technische Details (DVD)
Video: 16×9 anamorph (2,40:1)
Sprachen/Ton: D (Dolby Digital 5.1), E (Dolby Digital 5.1),
Untertitel: D
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 1920x1080p (2,40:1)
Sprachen/Ton: D (DTS-HD 5.1), E (DTS-HD 5.1)
Untertitel: D
- FSK: 18
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 7/15 dpt