Ende der 1950er Jahre beschlossen der Gynäkologe William H. Masters und die Wissenschaftlerin Virginia E. Johnson, das menschliche Sexualverhalten intensiver zu erforschen. Anstatt dies wie Alfred Kinsey durch Befragungen zu realisieren, brach das Forscherduo Tabus und fertigte Studien an, indem es Probanden beim Geschlechtsakt und bei der Selbststimulation beobachtete und zahlreiche Daten erfasste. Hierbei wurden auch – oder besser gesagt: insbesondere – sowohl die psychologischen als auch die physiologischen Reaktionen gemessen und ausgewertet. Dabei stießen Masters und Johnson mehr als einmal auf Widerstand, und häufig waren ihre Studien in ernsthafter Gefahr. Wo und wie kann man diese Wissenschaft seriös betreiben in einem prüden Amerika des mittleren 20. Jahrhunderts?
Heute weiß man, dass all die Hindernisse die revolutionäre Arbeit der beiden nicht aufhalten konnten – bis in die Neunziger Jahre hinein. Nicht nur neue Erkenntnisse wurden gewonnen, sondern auch Fehlthesen und falsche Vorstellungen ad absurdum geführt (oder man verrannte sich durchaus einmal selbst – auch bei der Forschung können Fehlschlüsse entstehen).
Basierend auf der Biographie “Masters of Sex: The Life and Times of William Masters and Virginia Johnson, the Couple Who Taught America How to Love” wird die Laufbahn der beiden bereits seit einiger Zeit in Serienform verfilmt. Während die erste Staffel vor etwa einem Jahr in Deutschland ausgestrahlt wurde, läuft in den USA in diesem Sommer die dritte Staffel an. und hierzulande wurde Staffel zwei kürzlich beendet – entsprechend logisch erschien just vor wenigen Tagen die letztgenannte auf Konserve.
Nachdem in der ersten Season die ersten Gehversuche der beiden im Mittelpunkt standen, ebenso ihr erbarmungsloser Kampf, ernstgenommen zu werden und eine den Durchbruch bedeutende Masters-und-Johnson-Präsentation in einem Krankenhaus, das gleichzeitig Ausübungsort der Studien war, gehörig schief gelaufen war, müssen sich die beiden in der anschließenden Staffel um neue Jobs beziehungsweise Ausübungsorte für ihre Arbeit kümmern. Die Zusammenarbeit der beiden ist in Gefahr, und auch das Verhältnis zueinander ist äußerst schwierig, zumal sie sich selbst gemeinsam ihren Studien als Probanden zur Verfügung stellen. Im Dienste der Wissenschaft selbstverständlich.
Bei ihrer Arbeit, von der sie sich nicht abhalten lassen wollen, stoßen Johnson und Masters weiter auf neue Erkenntnisse und wollen ihre Studien auch auf andere Kulturkreise erweitern – auch die Fehlfunktionen werden bald ein wichtiger Teil ihrer wissenschaftlichen Untersuchungen sein.
Wie bereits beim Serienauftakt werden die biographischen Elemente ein wenig ausgeschmückt und ein paar (meist fiktive) Drumherum-Storys eingeflochten, doch während in Staffel eins noch eine höhere Charaktervielfalt vorhanden war, konzentriert sich in den darauf folgenden zwölf Episoden alles etwas klarer auf das Sexualforschergespann. Während Masters (unfassbar brillant gespielt von Michael Sheen) versucht, die Forschungen mit Johnson (ebenso phantastisch dargestellt von der überaus bezaubernden Lizzy Caplan) von seinem privaten Leben zu trennen – zu Hause wartet seine Frau Libby (Caitlin Fitzgerald) und ihr gemeinsames Kind auf ihn – tut sich Johnson selbst ebenfalls schwer mit ihrem Leben, zumal der Erzeuger ihrer Kinder auch noch regelmäßig aufkreuzt. Doch zwischen Masters und Johnson selbst entwickelt sich immer mehr eine emotionale Bindung, was vieles verkompliziert.
Zwar gibt es noch immer Erzählstränge jenseits denen der Protagonisten, die die Serie bereichern und interessant gestalten, doch letztendlich ist die berufliche und private Laufbahn der beiden derart ereignisreich, dass es nur logisch ist, ebendieser mehr Screentime zu gewähren.
Für Masters und Johnson beginnt eine wilde Odyssee durch diverse Einrichtungen, und oftmals sind sie auf die Hilfe Dritter angewiesen, um ihr Vorhaben umzusetzen, in einem Umfeld, das bereit ist, zu akzeptieren, was das Duo beruflich realisieren will. Und auch notwendige finanzielle Mittel wachsen nicht gerade an den Bäumen… Erfolg und Misserfolg liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen.
Es ist völlig nachvollziehbar, dass man bei der Auswahl der Darsteller/innen auch ästhetische Faktoren berücksichtigte, denn mit optisch allzu durchschnittlichen Darstellern wäre es nicht einfach gewesen, den Zuschauer vor den Bildschirm zu locken. So muss man sich als Realist mit dieser Hollywoodkompatibilität arrangieren – doch sind wir mal ehrlich: allzu tragisch dürfte das für die wenigsten sein.
Bereits ganz am Anfang der Serie wurde überdeutlich, dass “Masters Of Sex” nicht effekthaschende Fleischbeschau der Marke “sex sells” ist. Es ist zwar viel nackte Haut zu sehen und es wird schon allein des Inhaltes wegen (noch einmal zum Mitschreiben: im Dienste der Wissenschaft…) häufig kopuliert und masturbiert, doch alles geschieht mit einem unglaublichen Feingefühl. Ästhetik und Erotik gehen Hand in Hand, und ganz gleich, was geschieht – immer hat es Stil, nie ist es reißerisch oder plakativ. Die Gratwanderung ist den Machern der Serie und auch den Darstellern mehr als gelungen.
Neben zahlreichen dramatischen und berührenden Szenen sowie einer wohldosierten Portion Niedlichkeit und Fünfziger-Charme bekommt der Zuschauer auch so einiges zum Lachen geboten – mal durch feinsinnige Bemerkungen, mal durch Situationskomik. Man hätte “Masters Of Sex” durchaus als dokumentarfilmähnliche Biographie abdrehen können, doch anstatt trocken-informativ die Karriere des Zweiergespanns nachzuzeichnen, hat man die ganze Angelegenheit in ein unterhaltungsfernsehentaugliches Format gepackt. Und das ist gut so.
Ähnlich wie bei “Dexter”, ebenfalls eine Showtime-Serie, hat man sich in visueller Hinsicht nicht nur während der Episoden irrsinnig viel mühe gegeben, sondern auch einen künstlerisch nur schwer zu überbietenden Vorspann erschaffen. Die Bilder sind faszinierend, und die eindeutig-zweideutigen Motive lassen den Zuschauer amüsiert grinsen. Während man bei vielen Intros gern vorspult, so kann man sich dieses immer wieder ansehen. Doch nicht nur hier hat man kreativ aus allen Rohren gefeuert, denn auch die Musikauswahl darf als ausgezeichnet bezeichnet werden.
Anstatt die filmische Idee “Masters Of Sex” also an die Wand zu fahren, hat man in jeder Disziplin das Beste gegeben und durch liebevolle und harte Arbeit ein kleines Juwel in der Serienlandschaft erschaffen. Zum zweiten Mal.
Cover & Szenenbilder © Sony Pictures Home Entertainment
- Titel: Masters Of Sex
- Originaltitel: Masters Of Sex
- Staffel: 2
- Episoden: 12
- Produktionsland und -jahr: USA, 2014
- Genre:
Serie, Drama
- Erschienen: 11.06.2015
- Label: Sony Pictures Home Entertainment
- Spielzeit:
671 Minuten auf 4 DVDs
699 Minuten auf 4 Blu-rays - Darsteller:
Michael Sheen
Lizzy Caplan
Caitlin Fitzgerald
Teddy Sears
Annaleigh Ashford
Betsy Brandt
Artemis Pebdani
Jocko Sims
Kevin Christy
Kayla Madison
Greg Grunberg
Julianne Nicholson
Ann Dowd
Keke Palmer
Adam Arkin
John Billingsley
Christian Borle
Courtney B. Vance
Beau Bridges
- Crew:
Michelle Ashford
Sarah Timberman
Carl Beverly
Amy Lippman
Judith Verno
uvm. - Extras:
Featurettes: “Die Frauen des Sex”; “Die Geschichte des Sex”; “Die Männer des Sex” - Technische Details (DVD)
Video: 16:9 Widescreen (1.78:1)
Sprachen/Ton: Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Hindi, Türkisch, Englisch für Hörgeschädigte - Technische Details (Blu-Ray)
Video: 16:9 Widescreen (1.78:1), 1920 x 1080p, HD
Sprachen/Ton: DTS-HD MA 5.1 (Deutsch, Englisch, Portugiesisch), Dolby Digital
5.1 (Spanisch)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Hindi, Türkisch, Portugiesisch,
Englisch für Hörgeschädigte - FSK: 16
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Wertung: 14/15 dpt