Der Doctor ist tot. Lang lebe der Doctor.
Irgendwann ist die Regeneration fällig, im Falle Matt Smiths war es 2014 so weit. Das gehört zum Doctor und ist auch gut so. Ein bisschen ging einem der ewig zappelige, aufgeregte Smithsche Doctor Who mit dem Kleine-Jungen-Charme am Ende doch auf den Keks. Zwar hatte er zum Abschied ein paar ruhigere, eindrückliche Auftritte, doch am Anfang und in der Mitte musste Smith nicht nur gegen zahllose Aliens und massiven Unbill kämpfen, sondern auch gegen schlechte Drehbücher und billige Tricks kämpfen, die gerne die Verspieltheit des Doctors ins Alberne kippen ließen oder den Eindruck erweckten, dass die Autoren selbst den Überblick über die Universen und Zeitparadoxien rund um den einzig übrig gebliebenen Timelord verloren hätten.
Zwar hatte der Doctor wieder starke Companions an seiner Seite und gegenüber, von Amy Pond, Rory, über River Song bis zum “unmöglichen Mädchen” Clara Oswald. Doch seine Regeneration war unausweichlich – und letztlich belebend.
Denn die fast schon zu innige Beziehung Claras zum juvenilen Matt-Smith-Doctor bekam einen herben Dämpfer, als sie plötzlich dem Mittfünfziger Peter Capaldi gegenüberstand, der recht wenig von körperlichen Berührungen und Zuneigungsbekundungen hielt. Stattdessen: Die übliche Arroganz, ins Distanzierte gesteigert, eine neues, wieder sehr passend ausgewählte, strengeres Outfit, schottischer Akzent, mehr Ernsthaftigkeit beziehungsweise Nachdenklichkeit bei hintergründigerem Humor. Und diese Augenbrauen. Es brauchte nur eine kurze Eingewöhnungsphase, um zu sehen, dass Capaldi einen prächtigen zwölften Doctor abgibt.
Auch wenn Clara Oswald sich schwer damit tut, und ein ums andere Mal mit ihm und der Entscheidung hadert, seine Begleiterin durch Raum und Zeit zu bleiben. Erst recht, als sie sich in den Ex-Soldaten und jetzigen Lehrerkollegen Rupert “Danny” Pink (“Der Sportlehrer.” – “Ich unterrichte Mathematik!”) verliebt. Eine der wenigen Schwächen dieser Staffel, köchelt diese Liebesbeziehung doch auf Sparflamme, zudem kann Samuel Andersons Danny, trotz einiger wohlfeiler verbaler Scharmützel mit dem Doctor, nicht gegen den charismatischen Peter Capaldi anstinken. Dafür darf er im Staffel-Finale brillieren.
Inhaltlich überzeugt die achte Staffel nach dem Reboot (Staffel 34 absolut gezählt) fast durchgängig. Es gibt Humor, etwas leiser und dezenter als zuvor, Mystery und Horror, Daleks, Cybermen, eine übergeordnete Storyline, die den Doctor mit einer meisterlichen alten Nemesis in Kontakt bringt, Action, moralphilosophische Diskurse, liebgewonnene Figuren (in kurzen Auftritten), Historie, Fantasy, Science Fiction, alles zusammen und einen Dinosaurier in der Themse. Sowie die Tardis in Taschenformat. Das alles geschlossener und konzentrierter als in den Staffeln zuvor. Showrunner Steven Moffat hat das Doctor-Who-Universum wieder fest im Griff und spielt auf sehenswerte Weise damit.
Die Qualität der visuellen Tricks reicht wieder von exzellent bis hemdsärmelig, immer präsentiert mit dem fröhlichen Charme des Unangreifbaren, dem egal ist, ob Kulissen auch danach aussehen, Erschütterungen dadurch erzeugt werden, dass man auf und ab springt und die Frisuren von Robin Hood und seiner Bande aussehen wie aus dem Kostümfundus einer Provinzbühne. “Doctor Who” beherrscht die Kunst, diese eigentümliche Mixtur stimmig und im Reinen mit sich selbst hinzubekommen, ohne dass es nach gewolltem Trash aussieht.
Was zu dem bedauerlichen Zustand führt, dass die zwölf Folgen viel zu schnell vorüber gehen. Die Blu-Rays bieten allerdings – wie gewohnt – massenhaft Zusatzmaterial. Knuffige (Pseudo)-Dokumentationen wie die Suche nach dem ultimativen Doctor, dem ultimativen Companion oder ein spaßiges Zusammentreffen ehemaliger Doctor Whos. Disc Nummer fünf besteht einzig aus “Making Ofs” sämtlicher Folgen. Das ist wie üblich ein einziges Hohelied jedes Beteiligten, auf sich selbst und alle anderen, inklusive der dauernden Bekundung, wie toll es ist, Teil des Dr. Who-Phänomens zu sein. Der größte Unterschied zu anderen “Behind The Scenes” dieser Art: Man ist geneigt, den Kommentaren zu glauben.
Zum sehr, sehr guten Schluss gibt es noch eine Weihnachtsepisode, die es in sich hat. “Last Christmas” ist witzig, spannend, spielt noch einmal exzeptionell mit der (Pop)kultur über diverse Meta-Ebenen, macht im Vorbeifliegen Christopher Nolans Traumlabyrinth “Inception” platt und besitzt als Besetzungscoup Nick Frost als Nikolaus (Kumpel Simon Pegg durfte ja schon als der fiese “Editor” bei Christopher Ecclestons Doctor-Inkarnation ran). Nicht nur wegen des Namens eine perfekte Wahl. Eine schauspielerische wie inhaltliche Tour de Force, die Clara und den neuen Doctor endgültig als Team vereint und bereit für neue Abenteuer zeigt. Man darf sich darauf freuen. Sehr.
Verbales Highlight und kleine Verarsche Matt Smiths, der nicht genug von der “Ich bin der Doctor”-Phrase bekommen konnte, ist Peter Capaldis: “Ich bin, ich bin … ein Trottel!”
Nach über fünfzig Jahren ganz dicht bei den Anfängen und trotzdem up to date. Der Doctor kann’s!
Cover & Szenenfotos © polyband
- Titel: Doctor Who – Die komplette Staffel 8
- Originaltitel: Doctor Who – The Complete Series 8
- Produktionsland und -jahr: Großbritannien, 2014
- Genre:
Science Fiction, Fantasy,
Comedy, Drama,
Action, Mystery - Erschienen: 13.03.2015
- Label: polyband Medien GmbH
- Spielzeit:
653 Minuten auf 6 DVDs
653 Minuten auf 6 Blu-Rays - Darsteller:
Peter Capaldi
Jenna Louise Coleman
Samuel Anderson
Michelle Gomez
Nick Frost
Dan Starkey
- Regie: Ben Wheatly
Douglas Mackinnon
Paul Murphy
Paul Wilmshurst
Rachel Talalay
Sheree Folkson - Drehbuch: Steven Moffat
Gareth Roberts
Mark Gatiss
Stephen Thompson
- Musik: Murray Gold
- Extras:
Begleitheftchen mit Episodenguide und Interviews
Audiokommentar zu den Episoden 2, 3, 6 und 7
Kino-Prequel zu Episode 1 (5:59 Min.)
Doctor Who: The Ultimate Timelord (43:05 Min.)
Doctor Who: The Ultimate Companion (45:28 Min.)
Inside the new TARDIS (1:53 Min.)
Musikvideo “Don’t stop me now” von Foxes (3:19 Min.)
Exklusiv: Casting Peter Capaldi (2:19 Min.)
Exklusiv: Writing the new Series (2:00 Min.)
Exklusiv: What is Doctor Who? (2:14 Min.)
Exklusiv: Why watch Series 8? (1:53 Min.)
Behind the Scenes zu allen Episoden (13x ca. 11 Min.)
Deep Breath Q&A (28:23 Min.)
Earth Conquest the World Tour (46:43 Min.)
The Five(ish) Doctors Reboot (30:54 Min.)
4 Trailer zur 8. Staffel
- Technische Details (DVD)
Video: 16:9 – 1.77:1
Sprachen/Ton: D (Dolby Digital 5.1), GB (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: D, GB
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 1920x1080p (1.78:1)
Sprachen/Ton: D (DTS-HD MA 5.1), GB (DTS-HD MA 5.1)
Untertitel: D, GB
- FSK: 12
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 13/15 dpt
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