Dieses Jahr erscheint eine Erzählung des 2008 verstorbenen Kult-Autors David Foster Wallace, die sich der Krankheit Depression widmet. Die Erzählung ist ursprünglich 1984 in einer Collegezeitung publiziert worden und lässt sich vor dem Hintergrund des Suizids des Autors autobiographisch lesen, ist aber auch poetisches Werk eines werdenden Schriftstellers. Dies spiegelt sich in der zweisprachigen Ausgabe des Verlags wider, die es erlaubt, Foster sowohl im Original als auch in der Übersetzung zu lesen.
Die Geschichte dreht sich um einen “jungen Steppke mit Problemen”, die darin bestehen, dass er bei einem “total lächerlichen Vorfall” in der Badewanne durch einen Fön einen Stromausfall herbeiführt. Dies ist der Grundton der Erzählung, die mit einem ironischen Blick auf das eigene Verhalten, das von Familie, Freunden und Ärzten, beschreibt, wie dieser Krankheit begegnet wird.
Erste Anzeichen der Krankheit zeigen sich beim jungen Ich-Erzähler im letzten Schuljahr. Auf seiner Wange befindet sich eine klaffende Wunde, er spürt Sehnen, sogar Knochen, aber die Menschen, die er darauf anspricht, sehen gar nichts. In einem verzweifelten Moment versucht er die Wunde selbst zu nähen, das Ergebnis ist eine permanente Störung der Nervenbahnen im Gesicht. Später erkennt er selbst die Ironie seiner Tat, bei der eine Wunde entsteht, um eine andere (nicht-existente) zu heilen.
Nach außen kann der Steppke die Illusion eines fleißigen und später die eines begabten Studenten aufrecht erhalten, aber innerlich wächst seine Verzweiflung, die schließlich in dem ‘Badewannen-Vorfall’ endet.
Der Erzähler beschreibt die “üble Sache”, unter der er leidet, als Übelkeit, die den ganzen Körper erfasst, die einen dazu bringt, die Welt nur noch durch einen Filter wahrzunehmen und das Sein derart bestimmt, dass man sich nicht mehr dagegen wehren kann: »Und am Ende ist dein ganzes … Wesen von nichts anderem als dieser Übelkeit geprägt: Du und die Übelkeit, ihr werdet “eins”, wie man so sagt.«
Entkommen kann man nur, wenn man die Erde endgültig verlässt, weswegen der Selbstmord eines Depressiven für den jungen Steppke auch nichts falsches, sondern vielmehr “Formsache” ist, denn das, was ihn ausmacht, ist bereits viel früher durch die üble Sache gestorben.
Eine weitere Möglichkeit, die Erde zu verlassen, ist der Planet Trillaphon, auf den sich der Ich-Erzähler niedergelassen hat. Die Bewohner dieses Planeten haben stets ein elektrisches Summen im Ohr, weshalb der Erzähler den Namen des Planeten falsch ausspricht: das Antidepressivum Tofranil hat ihn auf diesen Planeten fern der Erde befördert. Existiert die Krankheit auf diesem Planeten nun nicht mehr? Die Erzählung gibt darauf keine Antwort, sie schließt mit einem offenen Ende und einem unvollendeten Satz.
“Wer das Wesen der Krankheit Depression verstehen will, muss diesen Text lesen” – so der Klappentext zu Wallace’ jüngst erschienener Erzählung – und hat damit nicht unrecht. Das Werk des damals 22-jährigen Autors erlaubt den Einblick in das Wesen einer Krankheit, die wie kaum eine zweite für jeden Außenstehenden unverständlich ist. Dass sie uns einen Einblick gewährt – darin besteht die bleibende Aktualität dieser Erzählung.
Cover © Verlag Kiepenheuer & Witsch
- Autor: David Foster Wallace
- Titel: Der Planet Trillaphon im Verhältnis zur üblen Sache
- Originaltitel: The Planet Trillaphon As It Stands in Relation To The Bad Thing
- Übersetzer: Ulrich Blumenbach
- Verlag: KiWi
- Erschienen: 2015
- Einband: Taschenbuch
- Seiten: 105
- ISBN: 978-3-462-04749-3
- Sprache: deutsch, englisch
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 14/15 dpt
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