Wir schreiben die 80er: Die 80er. Das Jahrzehnt, in dem die Action boomte, rau und herzlich, mehr Krawall als durchkomponierte Zerstörungsorgie. Keine roten Fontänen aus dem Computer, stattdessen hausgemachte Blutwurst.
Nach dem Erfolg der Golan/Globus-Produktion von “Ninja, die Killer-Maschine” (“Enter The Ninja”), überfluteten Horden von maskierten Kämpfern in bequemen Strampelanzügen den europäischen und amerikanischen Filmmarkt. Damit die Sympathien klar verteilt waren, trugen die guten Kerle weiße Anzüge, die bösen wie es sich gehört, schwarz, das marodierende Fußvolk trieb auch schon mal in rot sein Unwesen. Was allerdings mehr eine Faustregel als Gesetz ist.
Franco Nero, unser aller Django, gab den weißen Ninja vor, der auch schon mal in einen Teich springen konnte, ohne nass zu werden. Sein schwarz gewandeter Kontrahent, der großartige Sho Kosugi, ärgerte sich darüber, bis ihm die Luft ausging. “Enter The Ninja” war ein solider Abenteuerfilm, mehr geprägt von Neros Porno-Schnäuzer als seiner Kampfkunst.
Sam Firstenberg gab dem agilen Jungspund Michael Dudikoff als “American Ninja” (auf, ähem, Deutsch allgemeiner gehalten als “American Fighter”) eine ansehnliche Plattform, die Cedric Sundstrom im dritten und vierten Teil gnadenlos in Lahmarschigkeit versenkte. Damit stand er nicht alleine. Viele seiner italienischen, amerikanischen, schwedischen und sonstigen Kollegen inszenierten eher gemütliche Beiträge für die Väter der Klamotte(n) als ausgefeilte Kampfkunstfilme.
Doch auch im asiatischen Raum ließ man sich nicht lumpen. Meisterregisseur aka Schnipselzusammenkleber Godfrey Ho verfilmte alte Lumpen sogar haufenweise. Nachdem er in fetten Lettern “Ninja” eingestickt hatte. Seine Werke sowie die seiner Freunde und Bekannten (Tomas Tang, der alte Recke aus dem Land der kletternden Krokodile) sind ein Quell ganz eigener, unbeschreiblicher Freuden.
Und dann gibt es Corey Yuen. Lange bevor er Jason Statham das Transportgeschäft reorganisieren ließ, durfte er ein “Ninja Kommando” anführen. Wobei der deutsche Titel Quatsch ist, denn ein “Ninja Kommando” kann man nur mit viel gutem Willen ausmachen, wenn man die Ex-Bande des japanischen Helden dazu erklärt. Die englische Titulierung “Ninja in the Dragon’s Den” trifft es eher, denn nach kurzem Aufenthalt in Japan setzt es in China Haue.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Ninja-Filmen jener Zeit (und später) spielt “Ninja Kommando” nicht in der Gegenwart, sondern in einer nicht näher bezifferten Vergangenheit. Abgesehen von der Eröffnungssequenz und einigen wenigen Szenen in der zweiten Halbzeit, spielen Ninjas auch keine große Rolle. Stattdessen bewegt man sich in den Bahnen des bunt kostümierten Martial-Arts-Films. Denn neben dem japanischen Ninja Jin-wu steht der chinesische Heißsporn Jay – samt Blödel-Sidekick Charlie – im Mittelpunkt der Nahkampfaction. Und die hat es durchaus in sich.
Wird doch eine akrobatische Variante in den zahlreichen Kämpfen geboten, die mit vielen kleinen Schmankerln und artistischen Einlagen aufwarten kann. “Wire-Fu” wird auf’s Nötigste beschränkt. Stattdessen wird sich auf Stelzen die Handkante gegeben, diverse Gebrauchsgegenstände werden umfunktioniert und malträtiert, mal wird auf gestapelten Tischen getanzt, mal geht’s die Wand lang, zwischendurch werden Feuerchen gelegt, Verstecken hinter Tüchern gespielt und am Ende knallt es ordentlich, ohne dass je Faustfeuerwaffen zum Einsatz kommen.
Mitunter geht es geschmackig zur Sache und der Bildschirm färbt sich rot. Es rollen Köpfe, ein Öhrchen fliegt (ist aber beim nächsten Filmschnitt wieder dran), und das Blut spritzt malerisch gegen weiße Flächen. Dann gibt es noch eine Szene, die frappant an König Artus Kampf gegen den Schwarzen Ritter in Monty Pythons “Die Ritter der Kokosnuss” erinnert. Anschaulich wird vorgeführt, dass man auf einem Bein zwar stehen, aber nicht sonderlich gut kämpfen kann. Der Monty Python-Eindruck wird hierzulande noch verstärkt durch die Tatsache, dass Depp Charlie von Arne Elsholtz gesprochen wird, der nicht nur Bill Murray, Kevin Kline und Tom Hanks, sondern auch Eric Idle gemeinhin seine Stimme leiht.
Die deutsche Synchronisation ist insgesamt von ganz besonderem Reiz. Bevor der asiatische Filmraum in die Hände ausdrucksloser Pornoaufsager fiel, waren Profis im Einsatz (neben Elsholz u. a. Frank “Pierce Brosnan” Glaubrecht und der unvergessene, zwischen Telly Savalas und Benjamin Blümchen vielbeschäftigte Edgar Ott), die aber gezwungen werden, sich dem kunterbunten Kasperletreiben abseits der kompetent in Szene gesetzten Actionszenen anzupassen. Leider hat der Texter den Rainer-Brandt-Grundkurs verschlafen, weshalb die Darsteller zwar wie Witzeclowns klingen, aber selten etwas Komisches zu sagen haben.
Aber das passt zum Film, der wie so viele andere seiner Art, ansprechend inszenierte Kampfszenen und blutiges Gewese, ohne mit der Wimper zu zucken, mit infantiler Possenreißerei verbindet. Besonders wüst in seiner Mischung aus verklemmtem Frauenaufreißer und Grimassenschneider ist Jays Kumpel Charlie, der die gesamte “Police Academy” wie einen Method-Actors-Hort aussehen lässt. Dabei chargiert Aushilfs-Jackie-Chan Conan Lee in der Hauptrolle als Jay bereits wie Fenn–Hong Kong Pfui auf dem heißen Blechdach.
Bis auf Jin-wus Gattin, mit Betonfrisur und bezauberndem Mittelscheitel, hält sich die holde Weiblichkeit aus gutem Grund fern vom “Ninja Kommando”. Immerhin sorgt ihr blanker Busen – den allerdings nur der Oberschurke zu sehen bekommt – für die Entscheidung im Finalkampf. Und für graphische Effekte, die denen von Adam Wests Batmania in nichts nachstehen.
Es ist also alles im grünen Bereich beim “Ninja Kommando”. Unbeschwertes, unterhaltsames Vergnügen, mit vielen schlechten Scherzen und noch mehr Dialogen zum leisen Schreien. Dazu reichlich formidable Action, die als sauberes artistisches Handwerk auch heute noch überzeugt. Der charismatische Hiroyuki Sanada (Jin-wu) rettet zudem die Ehre des Schauspielerhandwerks, wirkt aber mitunter, als hätte er sich auf’s falsche Filmset verirrt.
Etwas vergessen? Ach ja, so etwas wie eine Handlung hat der Film auch. Eigentlich sind es sogar mehrere und ein Magisterabschluss an der Karlsson-vom-Dach-Universität im Tarnen, Täuschen, Tirrritieren ist zum Verständnis des länderübergreifenden Tohuwabohus nicht von Übel.
Machen wir‘s kurz: Nach einem Ninja-Grundkurs an Strand, Feld und Flur lernen wir unseren Protagonisten Jin-wu kennen, der sich durch japanische Reiterscharen meuchelt. Dass er nicht der Böse sein kann, ist von Beginn an klar, denn Jin-wu sieht viel zu ehrenhaft aus, spricht mit der sonoren Stimme des vorletzten James Bond und hat ein liebreizendes Ehegespons. Während der Chef seiner ehemaligen Ninja-Clique aussieht, als wüsche er sich mit heißen Kuhfladen das Gesicht.
Die kleinste Ninja-Bande der Welt ist nicht gut zu sprechen auf den abtrünnigen Jin-wu und folgt dem Kämpfer und seiner Frau ins ferne Chinesien. Die Überfahrt wird stilecht mittels einer Karte, Schiff und gestrichelter Linie in Szene gesetzt. In China möchte Jin-wu den mutmaßlichen Mörder seines Vaters richten. Der fleißige Müller Li ist der Onkel des rebellischen Kung Fu-Kämpfers Jay, der zweiten Hauptfigur, der mittels einiger alberner Dönekes und furioser Kampfeinlagen eingeführt wird.
Jay hat begreiflicherweise etwas dagegen, dass seinem Onkel Leid geschieht, weshalb er und Jin-wu sich munter an die Wäsche gehen, bevor sich alles als großes Missverständnis entpuppt (Onkel Li ist natürlich ein Guter), und die beiden Raufbolde zu Wahlbrüdern werden.
Zwischendurch werden noch die niederträchtigen Ninjas aus Japan abgefertigt, bevor es zum Showdown gegen eine seltsame Sekte geht. Altäre bauen können die Sektierer gut, Superkämpfer haben sie ebenfalls in ihren Reihen. Bedauerlicherweise sind diese nicht gegen japanischen Stahl gefeit und haben in einem anderen Fall versäumt, das Seepferdchen zu machen. Der Sektenführer wird auf dem Weg zur Unbesiegbarkeit mittels konzentrierter Spiritualität, dank Madame Jin-wus Blankziehen unsanft gestoppt. Wir berichteten davon.
Dann ist der Film aus und alle erheben sich ziemlich zufrieden von der Couch.
Die Qualität der DVD ist trotz gelegentlicher Blöckchenbildung ganz ordentlich, der Film ist ungeschnitten. Der Soundtrack aus der Rock-Disco ist von der schwer vergnüglichen, ohrwürmigen Sorte. Wie der gesamte Film, den man sich als Wertschätzer unbekümmerter 80er-Jahre-Hau-Drauf-Action gerne gönnen darf. Ein bisschen Verständnis für die Grenzbereiche (und darüber hinaus) der Komik vorausgesetzt. Ein paar Gags sitzen allerdings. Möglicherweise nicht ganz freiwillig.
Cover und Fotos © Ascot Elite
- Titel: Ninja Kommando
- Originaltitel: Long zhi ren zhe
- Produktionsland und -jahr: Hongkong/Japan, 1982
- Genre:
Action, Kampfkunst, Komödie - Erschienen: 26.08.2014
- Label: Ascot Elite Home Entertainment
- Spielzeit:
95 Minuten auf 1 DVD
99 Minuten auf 1 Blu-Ray - Darsteller:
Hiroyuki Sanada
Conan Lee
Hwang Jeong-Ri
Kwan Yung Moon
Tai Bo
Hiroshi Tanaka
- Regie: Corey Yuen als Yuen Kuei
- Drehbuch: Corey Yuen
Ng See-Yuen
- Extras:
Originaltrailer, deutscher, englischer & japanischer Trailer,
Deleted Scenes, Bildergalerie, Biografien, Trailershow - Technische Details (DVD)
Video: 2.35:1/16:9
Audio: Deutsch, Dolby Digital 2.0 Mono
Englisch, Dolby Digital 2.0 Mono
Kantonesisch, Dolby Digital 2.0 Mono
- Technische Details (Blu-Ray)
Video: 2.35:1 / 16:9 – 1080 / 24p HD
Audio: Deutsch DTS-HD MA 2.0
Englisch DTS-HD MA 2.0
Kantonesisch DTS-HD MA 2.0 - FSK: 16
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 10/15 dpt