Maria und Jesus (Spielfilm, DVD)


Maria und Jesus Cover @ Koch Media FilmWarum ich mir diesen Film angeschaut habe? Sadisten würden vermuten, ich sei ein Masochist, und Pragmatiker denken sich: »Wer das Gute wirklich schätzen will, der muss auch das Schlechte kennen« Tatsächlich hat es ein wenig mit letzterem zu tun, denn meckern ohne Kenntnis kann ja jeder. Vielleicht ist es aber auch nur eine Ausrede, um meine Neigungen zu verleugnen… (ja ich habe “Passion Christi” gesehen…)

Aber jetzt mal – zumindest für eine Sekunde – im Ernst: Warum wirft Koch Media diesen US-TV-Bibel-Streifen mit durchaus namhafter Besetzung satte sechzehn Jahre nach seinem Erscheinen erstmals als DVD auf den deutschen Markt? Die Kampagne ist erschreckend leicht erklärt, denn mit “Exodus” lief ja gerade erst der neue Bibel-Epos mit Christian Bale im Kino. Dass er nun also sowohl Moses als auch Jesus dargestellt hat, stört da nicht weiter, sondern wird ihm zum Vorteil ausgelegt, frei nach dem Motto: Wer den einen Film mag, der wird auch den anderen zu schätzen wissen. Dass der Weltstar das Cover der deutschen Version ziert, ist wiederum eine ärgerliche Entscheidung.

Das Original ist nämlich mit “Mary, Mother Of Jesus” betitelt und auch im deutschen Klappentext wird ausdrücklich davon gesprochen, dass die Geschichte aus einer ausgesprochen weiblichen Perspektive, nämlich der der berühmten Mutter des Gottessohnes, erzählt wird. Das setzt Regisseur Kevin Connor (eigentlich Horror-Trash-Spezialist) dann auch um, aber eben nicht konsequent. Es geht zwar immer um Maria, und die meiste Zeit ist sie auch vor Ort, der Fokus liegt aber nicht immer auf ihren Handlungen. Als sie schwanger nach Nazareth zurück kehrt, verfolgt die Kamera ihren Liebsten Josef und seine Reaktion, die in einen seiner berühmten Träume mündet. Aber auch da zeigt sich eine Inkonsequenz.

Maria und Jesus Szenefoto 1 @ Koch Media FilmDie vielleicht bekannteste Geschichte der Welt in ein Drehbuch zu verwandeln ist mit einigen Problemen behaftet. So widersprechen sich die Apostel häufig und gerne in den Details über das Leben der wichtigsten Personen oder haben sich jeweils an ganz eigene Wendungen erinnert. Was die Sache aber noch kniffliger macht, sind die zahlreichen Leerstellen, die keiner der vier auszufüllen weiß. Da kommt dann Drehbuchautor Albert Ross ins Spiel, der beispielsweise den Tod Josefs beschreibt, der in der Bibel nicht thematisiert wird. Auf diese künstlerischen Freiheiten wird zu Beginn deutlich hingewiesen, es wäre aber dann doch eindrucksvoller gewesen, wenn doch nur das durch die Bibel Belegte inszeniert worden wäre, denn Josef auf dem Totenbett ist für den Plot völlig irrelevant.

Auch an einem durchgängigen Ton und einem kontinuierlichen Erzählfluss mangelt es. In den knapp 85 Minuten Spielzeit werden heute noch mit Feierlichkeiten bedachte Ereignisse wie die Geburt und der Tod des Messias’ im Schweinsgalopp durchgehechelt, womit die letzten paar Anknüpfungspunkte für empathische Gefühle flöten gehen. Ein Tempo, das die Geschichte des barmherzigen Samariters zu einer Gute-Nacht-Geschichte für den jungen Jesus werden lässt. Es fehlt sogar die Zeit Judas in angemessener Weise einzuführen, wodurch dieser weniger Leinwandzeit bekommt als beispielsweise der vergleichsweise unwichtige Häftling Barrabas.

aria und Jesus Szenefoto 2 @ Koch Media FilmEs wird moderne und altertümliche Sprache vermischt, was gerade in der englischen Originalspur befremdlich wirkt. Da gilt es ein seltenes Lob an “Passion Christi” auszusprechen, der mit seinem Bekenntnis zum Hebräischen allein schon den merkwürdigen Namen wie Mary und James aus dem Weg geht. Geschliffen ist an den Sprachgewohnheiten rein gar nichts, das Ehepaar, dem der Geburtsstall Jesus‘ gehört, bekommt sogar eine humoristisch angehauchte Sequenz mit flotten Sprüchen zugestanden. Diese zahlreichen Szenen, die die Geschichte moderner erscheinen lassen sollen, wirken im Gegenteil deplatziert und haben kein Gefühl für die Tragweite der Geschichte. Um beispielsweise zum Ausdruck zu bringen, dass Jesus anders ist, wird einfach dazu gedichtet, dass ihn die Kinder aus Nazareth mobben und verprügeln.

Aber zumindest das Casting ist kein Reinfall: Christian Bale ist rein phänotypisch ein gute Wahl für Jesus, ob er schon damals ins Method Acting vertraut hat, ist aber nicht überliefert. Geraldine Chaplin als Elizabeth schafft auch in der Breite eine gewisse Starpower und die junge Maria, gespielt von Melinda Kinnaman (Schwester vom “The Killing”-Star Joel) passt zu Pernilla August, die nach ihrer Rolle als Shmi Skywalker wieder die Mutter einer ikonischen Figur mimt. Schauspielerisch ist das solide bis gut, kann aber nicht die Schwächen im Drehbuch verdecken. Natürlich weiß jeder von uns, was passieren wird, aber trotzdem wirkt vieles langweilig, berechenbar und dazu auch noch so furchtbar kitschig, dass das Ganze streckenweise als Seifenoper durchgehen könnte. Die Konflikte, denen Maria sich stellen muss, kommen nicht gebührend zur Geltung, am Ende geht es doch meistens wieder um Jesus und sein tausendfach erzähltes Schicksal.

Maria und Jesus Filmszene 3 @ Koch Media FilmNicht anders als amateurhaft ist das Aussehen des Settings, wobei es neben den Pappmaché-Requisiten vor allem die schlecht animierten Totalen über die Spielorte sind, die statt für anerkennendes Nicken für heftiges Kopfschütteln sorgen. Erinnerungswürdige, schöne Szenen? Fehlanzeige. Das macht es den Kritikern, die einen Film gerne mal zerreißen, natürlich besonders einfach, aber hier haben sie vollkommen recht. Wer soll überhaupt angesprochen werden? Wem soll das dann auch noch gefallen? Um ihn im Unterricht zu zeigen, gibt es viel zu viel, worüber sich die Schüler lustig machen können und viel zu viel Unzulänglichkeiten, die die Ausbildung der Jüngsten eher noch behindern. Wer gläubig ist, kennt die Bibel (hoffentlich) in- und auswendig und wer es nicht ist, der kennt sie auch irgendwie oder vielleicht sogar besser. Gut, zu Recherchezwecken hat der Schreiber dieser Zeilen das heilige Buch zur Hand genommen, aber ein Fan der Geschichte wird er dadurch sicher nicht. Besonders nicht nach der unglaublich schlechten Schlussszene, die am Ende doch zeigt, dass der Film nichts anderes als bekehren will.

FAZIT: Keine Zielgruppe, keine Konsequenz, kein Fingerspitzengefühl: Warum “Maria und Jesus” sechszehn Jahre nach seiner Erstausstrahlung in den USA in Deutschland angeboten wird, hat einzig den Grund, dass Christian Bale gerade einen anderen Bibelstoff verfilmt hat. Dieser ist bei uns auf dem Cover zu sehen, obwohl es eigentlich eher um Maria als um Jesus gehen soll. Das Marketing ist aber genauso fragwürdig wie der Film selbst. Die Perspektive der Mutter Gottes wird nicht ausgespielt, es gibt zu viele Eigeninterpretationen, kurzum präsentiert der Film nichts Neues. Die überhastete und billige Interpretation des heiligen Stoffs wird niemanden beeindrucken, bekehren und/oder belehren, eignet sich aber auch nicht gerade für einen gelungenen Trash-Abend. Ein Film, den bis auf unverbesserliche Sammler wirklich niemand braucht.  

Cover & Szenenbilder © Koch Media Film

  • Titel: Maria und Jesus
  • Originaltitel: Mary, Mother Of Jesus
  • Produktionsland und -jahr: USA, 1999
  • Genre: Bibelverfilmung, Drama
  • Erschienen: 19.03.2015
  • Label: Koch Media Film
  • Spielzeit: 88 Minuten auf 1 DVD
  • Darsteller:
    Pernilla August
    Christian Bale
    Melinda Kinnaman
    Geraldine Chaplin
    David Threlfall
  • Regie: Kevin Connor
  • Drehbuch: Albert Ross
  • Kamera: Elemér Ragályi
  • Schnitt: Barry Peters
  • Musik: Ken Thorne
  • Extras:
    Bildergalerie
  • Technische Details (DVD)
    Video:
    1,33:1 (4:3)
    Sprachen/Ton
    :
    D, GB
  • FSK: 12
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite

Wertung: 2/15 dpt


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