Während im Free-TV, nachdem es bei der zweiten Staffel hinsichtlich Ausstrahlung ein unglaubliches Hickhack gegeben hatte, nun bereits die dritte Staffel angelaufen ist, müssen sich die DVD-Serienfans erst einmal mit der zweiten Staffel begnügen. Immerhin ist es erfreulich, dass “Elementary” nun seinen festen Sendeplatz gefunden hat und die Ausstrahlung in Deutschland endlich Kontinuität genießt.
So mancher tut sich mit dieser Arthur-Conan-Doyle-Adaption nach wie vor schwer, doch beweist die Tatsache, dass mittlerweile drei Staffeln existieren, dass dort draußen eine Klientel existieren muss, die diese moderne Sherlock-Holmes-Variation lieben gelernt hat. Und mal ehrlich: Die Originalität und der Mut in Verbindung mit der dargebotenen Qualität in schreiberischer und cineastischer Hinsicht sind ein überzeugendes Argument.
Sicherlich ist die Modernisierung nicht jedermanns Sache, und auch die lose auf den Originalgeschichten basierenden Fälle haben stellenweise nur noch rudimentär mit ihrer Vorlage zu tun, und zahlreiche eigenständige Fälle kommen noch hinzu – doch mal ehrlich: Warum sollte man, anstatt mit “neuen” Serien (“The Mentalist”, “psych”, “Dr. House”) lediglich mit Fingerzeigen hommagierend aufzuwarten, nicht einfach mal etwas Neues aus dem alten Erbe erschaffen, das sich in seinen Grundelementen dann doch wieder näher am Original orientiert? Und die veränderte Zeit (heute) und Ort (New York City) sowie diverse kreative Freiräume (Watson als Frau) den weit über einhundert Jahre alten Ideen Doyles ein wenig Frische verleihen? Es funktioniert – man muss es nur zulassen. Oder zulassen wollen.
Auch in der zweiten Staffel steht die Ex-Chirurgin Dr. Joan Watson Sherlock Holmes zur Seite, zum einen als Suchtberaterin, um Sherlock vor dem Rückfall in die Heroinsucht zu bewahren – und zum anderen als helfende Ermittlerin. In seiner früheren Heimat London wird er auf einen neuen Fall angesetzt, welcher sich als alter entpuppt. Holmes soll ihn wieder aufnehmen und noch einmal aufrollen. Zu seiner unangenehmen Überraschung trifft er in der englischen Hauptstadt auch auf seinen Bruder Mycroft, mit dem er sich vor geraumer Zeit heftig zerstritten hat.
Nach getaner Arbeit kommt Mycroft mit in die Staaten, damit das ungleiche Geschwisterpaar an seinem Verhältnis zueinander arbeiten kann und die verworrene Vergangenheit zu verstehen und verarbeiten versucht. Doch so recht Ruhe mag nicht einkehren, denn auf Sherlock Holmes warten in seiner New Yorker Wahlheimat erneut knifflige Fälle – unter anderem der eines ermorderten Profikillers, dessen Opfer allesamt doch putzmunter sind. Oder der eines Mathematikprofessors, welcher kurz davor war, Preisgeld für ein bekanntes mathemathisches Problem zu kassieren. Ansonsten auf dem Plan sind unter anderem der Mord an einer Ballerina eines Tanzensembles, die Entführung eines Mädchens durch einen Moriarty-Vertrauten – und Sherlock selbst muss sich aufgrund gesetzeswidriger Aktionen plötzlich selbst verantworten.
Doch auch sein älterer Bruder bekommt erhebliche Probleme, denn er wird des Mordes und Verrats angeklagt. Er bittet Sherlock um Hilfe – und auch Joan Watson soll ihm zur Seite stehen. Das erweist sich allerdings als schwierig, da sie von Sherlock eigentlich unabhängiger werden möchte, was ohnehin für enorme Spannung zwischen dem eigentlich guten Ermittlerduo sorgt. Können sich Holmes und Watson wieder arrangieren, um Mycroft zu entlasten und den tatsächlichen Täter aufzuspüren?
Man merkt, dass sich die Macher einerseits sehr an der doyleschen Vorlage orientieren und sie mit Respekt behandeln, doch man möchte andererseits die ursprünglichen Doyle-Krimis nicht zum zigsten Mal wiederkäuen – der Mittelweg, den man diesbezüglich gefunden hat, ist definitiv der richtige. Zwar bleibt bei Staffel zwei der Überraschungseffekt ein wenig aus (sieht man mal von der doch sehr gewöhnungsbedürftigen Mycroft-Besetzung Rhys Ifans ab), doch das Level der Serie bewegt sich nach wie vor weit über dem Durchschnitt.
Schauspielerisch über alle Zweifel erhaben sind auch dieses Mal selbstverständlich Lucy Liu (“Kill Bill”-Dilogie), die Joan Watson als weibliches Pendant zu den sonstigen Watson-Darstellern äußerst authentisch und glaubwürdig statt gewollt verkörpert, Aidan Quinn (als Captain Gregson) weiß zu überzeugen – Jonny Lee Millers Rolle als exzentrischer Sherlock der Neuzeit mit seiner ureigenen Körpersprache, seiner genialen Gedankengänge und seiner auf den ersten Blick unlogischen bis unsinnigen Aktionen sticht kaum überraschend deutlich hervor, doch es ist niemals so, dass “Elementary” zu einer Miller-One-Man-Show verkommt. Ganz im Gegenteil, denn auch die ein oder andere neue Figur findet in “Elementary” statt, so zum Beispiel Jon Michael Hill als Detective Marcus Bell, der schwere Skepsis bezüglich Sherlock hegt und nicht so recht weiß, was er mit Sherlocks Hinweisen anfangen soll.
Die gesunde Mischung aus in einer Episode abgeschlossenen Einzelfällen, sich über diverse Episoden ziehende, meist parallel verlaufenden Fällen, den persönlichen Geschichten der zahlreichen Charaktere bereichern “Elementary” zusätzlich, sodass, wenn man nicht gerade a) Doyle-Purist oder b) Procedural-Verfechter ist, kaum Kritikpunkte angebracht sind.
“Elementary” ist auch in der zweiten Staffel erstklassige Krimi-Kost mit vielen Twists und Turns, die trotz des Bekanntheitsgrads der vielseitig interpretierten Sherlock-Holmes-Figur einzigartig ist. Der Mix aus Spannung, Psychologie, Drama und Humor ist ausgewogen, die Unrast der Hauptfigur überträgt sich im positiven Sinn auf den Zuschauer.
Gemeinsam mit dem ebenfalls modernisierten, doch deutlich näher an den Originalen gehaltenen “Sherlock”, in welchem Benedict Cumberbatch die Rolle des Holmes und Martin Freeman die Rolle des Watson spielen, dürfte “Elementary” zu einer der besten Neuinterpretationen des berühmten Detektivs zählen. Und deswegen darf sich auch Staffel zwei in den booknerdischen Hallen einer wohlwollenden Kritik mit entsprechender Wertung erfreuen.
Cover & Szenenbilder © Paramount Home Entertainment
- Titel: Elementary
- Staffel: 2
- Episoden: 24
- Originaltitel: Elementary
- Produktionsland und -jahr: USA, 2014
- Genre:
Krimi, Drama, Serie
- Erschienen: 05.03.2015
- Label: Paramount
- Spielzeit:
ca. 990 Minuten auf 6 DVDs - Darsteller:
Jonny Lee Miller
Lucy Liu
Aidan Quinn
Jon Michael Hill
Rhys Ifans
uvm. - Idee: Robert Doherty
- Extras:
– Zweites Kapitel: hinter den Kulissen von Elementary™, Season 2
– Holmes geht nach Hause
– Spione: Lernt Mycroft kennen
– Unter der Lupe
– Skill Sets
– Die Liste: Audiokommentar
– Das Leben des Clyde
– Outtakes
– Entfernte Szenen aus ausgewählten Episoden - Technische Details (DVD)
Video: 1,78:1
Sprachen/Ton: D, GB, F (2.0 Surround, 5.1 Surround)
Untertitel: D, GB, GB SDH, F, NL
- FSK: 16
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 13/15 dpt