Miranda – Staffel 1
Einfach nur Kabarett, Comedy und ein paar Gastauftritte in Filmen, Serien und Sitcoms, das war der 1972 geborenen Britin irgendwann nicht mehr genug, und so begann sie im Jahr 2008 mit den Arbeiten an einer eigenen Sitcom, die ab 2009 dann auch im britischen Fernsehen das Licht der Welt erblickte und bis 2013 über drei je sechsfolgige Staffeln ausgestrahlt wurde. Danach sei erst mal Schluss, lediglich für 2014 seien noch ein oder zwei Weihnachts-Specials geplant, und dann ginge es erst einmal wieder auf Tour (siehe auch Artikel bei STV Entertainment). Hierzulande mussten erst rund fünf Jahre vergehen, bis auch das deutsche Fernsehen bereit war, “Miranda” durch den Äther zu jagen – seit Oktober 2014 werden sämtliche drei Staffeln innerhalb weniger Wochen in Doppelfolgen auf dem deutschen Ableger des Disney Channel in Doppelfolgen durchgehechelt.
Es ist unschwer zu erkennen, dass die Namensgeberin der Sitcom auch die Hauptrolle einnimmt und sich hierbei durchgehend selbst auf die Schippe nimmt – Miranda entspricht nämlich nicht unbedingt dem mediengeprägten, gängigen Ideal einer Frau. Sie ist mit 1,85 Metern nicht gerade klein, und durch ihre doch eher burschikose, breitschultrige Statur in Verbindung mit ein paar Kilogramm mehr auf den Rippen geschieht es nicht selten, dass sie von eher unaufmerksamen Mitmenschen mit “Sir” angesprochen wird. Doch sie lässt sich nicht entmutigen und versucht ihr Leben einigermaßen auf die Reihe zu bekommen.
Sie besitzt im Haus, in welchem sie wohnt, einen Scherzartikelladen und betreibt ihn gemeinsam mit ihrer langjährigen Freundin Stevie Sutton (Sarah Hadland) – während die versucht, den Laden halbwegs in Schuss zu halten, hat Miranda allerdings viel zu viele Flausen im Kopf und versucht sich vor der anfallenden Arbeit zu drücken. Was manchmal keine schlechte Idee ist, denn Miranda ist extrem chaotisch, äußerst ungeschickt und völlig planlos. Doch diese angeborenen Eigenschaften bringen sie nicht nur im Lädchen in hochnotpeinliche Situationen.
Denn auch sie sehnt sich nach Geborgenheit und hat hierbei vor allem ihren Schwarm Gary Preston (Tom Ellis) im Visier – und so hoffnungslos sie in den Küchenchef, der unweit von ihr in einem Restaurant arbeitet, verknallt ist, so häufig bringt sie sich auch in unangenehmste Situationen, die vor allem für eines sorgen: Fremdscham. Extrem-Fremdscham. Hyperfremdscham. Doch selbst auf der Straße macht sie sich immer wieder lächerlich – von Bewerbungsgesprächen, Feiern und anderen, Interaktion mit Menschen erfordernden Situationen ganz zu schweigen… wo sie sich zum Brot machen kann, tut sie das unbewusst, aber mit aller Konsequenz. Sie versucht, sich irgendwie anzupassen und geht dabei ihren Weg. Und stolpert dabei. Oder beginnt zu tagträumen. Und macht damit alles nur noch schlimmer.
Sie hat es allerdings auch nicht einfach, denn ihre Mutter Penny (Patricia Hodge), dominant und exzentrisch, lässt nichts unversucht, ihre Tochter zu verkuppeln und ihr etwas mehr Damenhaftigkeit beizubringen. Dann wäre da noch Tilly (Sally Phillips), eine alte Internatsfreundin Mirandas, die das Musterbeispiel einer Tussi ist. Doch sie scheint immer die besseren Jobs zu haben, die großartigeren Freunde, und bei ihr sitzt auch das Portemonnaie stets locker. Dumm nur, dass Miranda sich immer wieder versucht sieht, in den Konkurrenzkampf einzustimmen und damit ihren Vollhorstfaktor um noch ein paar Stufen erhöht. Und um nicht vollends blöd dazustehen, wird halt noch ein wenig gelogen. Ob das eine gute Idee ist? Na gut, zur Not kann sie immer noch… singen.
Während bei vielen Sitcoms der letzten Jahre das Um-die-Ecke-Denken Einzug genommen hat, steht bei “Miranda” zweifellos – und das ist jetzt absolut nicht negativ zu deuten! – die etwas einfachere Version des britischen Humors im Vordergrund, was sich in zahlreichen peinlichen Situationen und ebenso vielen Slapsticks äußert. In den nicht einmal dreißig Minuten langen Episoden ereignen sich die Gags im Minutentakt, und dabei darf es durchaus auch mal etwas flacher oder auch unter der Gürtellinie (oder auch in Kombination miteinander) angesiedelt sein.
Das mag zwar “too much” für so manchen sein, doch es ist ganz offensichtlich, dass die Intention hinter “Miranda” nicht die ist, den Zuschauer zu intellektuellen Höchstleistungen und multitexturellem Denken zu animieren, sondern schlichtweg in überspitzter Form die persönlichen Eigenarten einer etwas zu hoch gewachsenen Frau, die nicht in das Weibchenraster passt, durch den Kakao zu ziehen. Trotz Dauerfeuer auf das Humorzentrum und gelegentlicher Niveaulimbo-Einlagen kommt das allzu Menschliche dabei nicht zu kurz, und das macht “Miranda” zu einer warmherzigen Serie. Lustigerweise zeigt sich das auch in der Titelmelodie der Sendung – denn die Instrumente spielen nicht gerade sehr synchron, alles klingt ein wenig schief und beinahe neben dem Takt – und ergänzt das unrunde Bild der in dieser Sitcom dargestellten Miranda perfekt.
Dem Zuschauer wird durch die sogenannte “vierte Wand” der Eindruck vermittelt, dass er Teil der Sendung ist. So beginnt jede Folge vor dem Vorspann mit einem Monolog, in welchem Miranda in die Kamera schaut und das Wort erzählend an den, der vor dem Fernseher sitzt, richtet – und auch während der einzelnen Episoden nimmt Miranda immer wieder mal Blickkontakt mit ihm auf, sodass man ihr manchmal am liebsten die Hand reichen würde, um sie aus dem Fernseher zu zerren und aus einer mal wieder aussichtslos peinlichen Lage zu retten.
Auch wenn diese Serie eindeutig auf die Protagonistin zugeschnitten ist, brillieren die anderen Darsteller und auch die Gastdarsteller mit schauspielerischem Können – Patricia Hodge mimt Mirandas Mutter so herrlich überzogen, dass man mit Miranda mitfühlt und ihr gern dabei helfen würde, die stets unangekündigt in den Laden hereinplatzende Frau wieder aus der Tür zu bugsieren, besonders dann, wenn sie von ihren amourösen Erlebnissen von damals und heute erzählt.
Tom Ellis weiß den Beau, der Miranda einerseits sehr mag, ihre Zuneigung ihm gegenüber allerdings oftmals als sehr befremdlich empfindet, ebenso begnadet darzustellen. Und dann sollte man Sally Phillips und Sarah Hadland nicht außer Acht lassen, denn die gehen in ihren Rollen ebenfalls auf. Nicht zu vergessen auch James Holmes als Restaurantbesitzer Clive Evans, der immer dann zum Einsatz kommt, wenn man glaubt, schlimmer geht nimmer…
Ja, “Miranda” ist anstrengend. Ja, “Miranda” ist manchmal unglaublich platt. Ja, “Miranda” sorgt in jeder Episode mehrmals dafür, dass man sich vor lauter Fremdscham das Sofakissen vor das Gesicht halten muss und zwischen Lachattacken verzweifelte Laute der Sehnsucht nach Erlösung ausstößt. Und das ist gut so – Auftrag erledigt, Ausführung gelungen, exzellent gemacht, Frau Hart.
Cover & Szenenfotos © edel Motion/itv/Disney Channel/BBC
- Titel: Miranda
- Staffel: 1
- Episoden: 6
- Originaltitel: Miranda
- Produktionsland und -jahr: GB, 2009
- Genre:
Sitcom - Erschienen: 07.11.2014
- Label: edel Motion
- Spielzeit:
ca. 180 Minuten auf 2 DVDs - Darsteller:
Miranda Hart
Patricia Hodge
Tom Ellis
Sarah Hadland
James Homes
u.a.
Regie: Juliet May - Drehbuch: Miranda Hart
- Extras:
keine - Technische Details (DVD)
Video: 16:9
Sprachen/Ton: D, GB (DD 2.0)
Untertitel: GB
- FSK: 6
- Sonstige Informationen:
Produktseite
Erwerbsmöglichkeiten
Wertung: 12/15 dpt