Es verging gar nicht mal so viel Zeit, bis der “Chief Director of a High Level Bullshit” wieder mit einem Programm auf CD aufwartete, und der im März im Apollo Kino Hannover mitgeschnittene Auftritt, in welchem er seinen “Kopfsalat” präsentierte, findet nun auch den Weg in die heimischen Anlagen und Kopfhörermembranen. Und in der Tat sind auch seine neuen kabarettistischen Ergüsse, irgendwo zwischen etwas Politik, etwas Sozialkritik und ein wenig Alltag, wieder eine wohltuende Melange aus Schwach- und Feinsinn.
Der Niedersachse bleibt sich weitgehend treu und bringt pointenreich, gerne mal unerwartet hintenrum, aber ebenso auch mal frontal, die unterschiedlichsten Themen aufs Tapet. Da geht es um Telefonate in der U-Bahn, um Hummeln im Hintern, die gerne zu häufig als ADHS misinterpretiert werden, um den Billigwahn der Gesellschaft, um die Anschlussverwendung von Politikern oder um die Albernheit an sich.
Auch über unsinnige Formulierungen macht sich Matthias Brodowy Gedanken, ebenso hat er mit “Der reiche Herrscher und die Töpfe voll Gold” eine wunderbare poetische Parabel auf einen der dreistesten Menschen der Jetztzeit verfasst. Doch auch die Selbstironie, die seit jeher ein wichtiges brodowysches Element ist, kommt bei “Kopfsalat” nicht zu kurz. Ganz im Gegenteil: Kaum einer lacht so gern so häufig und so offen über sich selbst.
In den paarundsechzig auf CD gebannten Minuten des Mitschnitts seines nunmehr vierzehnten Programms – die Nicht-Solo-Programme mal mitgerechnet – bietet der gebürtige Braunschweiger gerade mal vier Livesongs, doch wenngleich es natürlich die Momente, die er singend am Klavier darbietet, sind, welche ihren ganz eigenen Charme versprühen, ist es beileibe nicht so, dass das einen qualitativen Unterschied zu seinen (subjektiv gefühlt) musikreicheren Programmen darstellt. Denn was Brodowy generell verbal und rhetorisch auf dem Kasten hat, ist eine Klasse für sich.
Der Neunzehnhunderztweiundsiebziger hangelt sich geschickt von gepflegtem Nonsens in Richtung Philosophie, gibt sich der gepflegten Aufregerei hin – und bringt mit seiner Art und Weise eine erfrischende Menschlichkeit in das Kabarett. Dicker Bauch statt FDP und bekloppte Hinweisschilder statt AfD. Wenn Politik, dann nicht auf die übliche kabarettistische Art. Das facettenreiche Gesamtpaket wird hochgradig sympathisch dargeboten, und zusammen mit den eingestreuten, eingängigen, aber nie anspruchslosen Liedern weiß Brodowy ein Potpourri bester Unterhaltung zu bieten.
Der Bonus-Studiotrack “Irgendwann” soll übrigens ein kleiner Vorgeschmack auf ein irgendwann (sic!) erscheinendes reines Musikalbum sein, wenn man den Worten des Topniveau-Nonsensianers Glauben schenken darf – und macht neugierig auf mehr. Brodowy goes Liedermaching? Gerne.
Cover © ROOF music
- Künstler: Matthias Brodowy
- Titel: Kopfsalat
- Label: ROOF Music
- Erschienen: 08/2014
- Spielzeit: ca. 67 Minuten auf 1 CD
- Sonstige Informationen:
Produktseite beim Label
Livemitschnitt vom 25.03.2014
aus dem Apollo Kino Hannover
Wertung: 13/15 dpt