Ellen Jahn – Herr Pess und sein Bär (Buch)

Ellen Jahn - Herr Pess und sein Bär Cover © Aladin Verlag»…der [sich] normal verhaltende Bär lebt im Wald, geht niemals raus und reißt vielleicht ein bis zwei Schafe im Jahr« lautet die einigermaßen klar formulierte Definition des Bären, einem Säugetier aus der Ordnung der Raubtiere. Von diesem sich normal verhaltenden Bären grenzte im Jahr 2006 der damalige Ministerpräsident Bayerns, Edmund Stoiber, den Problem- und Schadbären ab. Dass ein sich nicht normal verhaltender Bär nicht unbedingt Probleme verursacht, ist Herrn Pess bekannt. Herr Pess fährt mit seinem grünem Bus durch die Welt und versucht, den Leuten unbrauchbares Zeug anzudrehen (beispielsweise einen Rübenzähler, der nur bis Rübezahl zählt). Begleitet wird er von Herrn Pempf, einem Bären, der nach der Pleite seines alten Arbeitgebers (einem Zoo) der drohenden Arbeitslosigkeit entgeht, indem er mit Herrn Pess auf Reisen geht, unterwegs die Karte liest (aber nicht sagt, wann abgebogen werden muss, denn Bären können nicht sprechen) und eigentlich viel lieber Jazzpianist wäre – das Talent hat er allemal. Trotz dieses abnormen bärischen Verhaltens ist Herr Pempf nicht zum Abschuss freigegeben – zur Freude der Leserschaft von Ellen Jahns erstem Buch “Herr Pess und sein Bär”.

Ihre Reise führt Bär und Mensch durch alle möglichen Länder, wobei sich kulturelle Unterschiede auf unterhaltsame Weise manifestieren: In Liturgien fällt es nicht schwer etwas zu verkaufen, denn hier glauben die Leute alles; die Bewohner Allergiens sind dagegen leicht reizbar und im Rheymland wird nur in Reimen gesprochen (»Die Rheymländer sind ein fröhliches Volk«).

Freunde des gepflegten Wortwitzes erwartet ein sprachliches Feuerwerk und anhand des Inhaltsverzeichnisses – das sich wie ein Reiseführer durchs Wunderland liest – kann man sich manchmal denken, was einen erwartet, und trotzdem falsch liegen. Oder was erhoffen Sie sich von Vandalusien, Litanei oder Iraïn? Neben vielfältiger und grandioser Wortspiele ist genau das die Stärke des Buches: Das Spiel mit den Vorurteilen, die sich im kollektiven Bewusstsein aufs Stichwort abspulen (sind die Bewohner von Kalorien dick oder wohlgenährt? Eigentlich ist es das gleiche, aber Zweiteres klingt gesünder).

Aber Moment mal! Eigentlich handelt es sich doch um ein Kinderbuch. Laut Verlag ist es ab 8 Jahren. Nun gut, die Erkenntnis, dass “Die Kanalisation ein Topf mit vielen Deckeln” ist, erscheint dem geneigten Leser als grandiose Parabel auf das Scheitern der Multi-Kulti-Gesellschaft oder die Tatsache, dass “die da oben” auch nur mit Wasser kochen. Aber Scheinphilosophien sollten uns nicht darüber hinwegtäuschen, was in dieser Geschichte in erster Linie passiert: Es wird uns ein einzigartiges Reisetagebuch erzählt, mit zwei Protagonisten, die ihre ganz eigenen Träume (Herr Pempf) oder Verkaufsziele (Herr Pess) haben, sich aber niemals von den Gegebenheiten unterkriegen lassen – nicht einmal, wenn sie mit Rüben beworfen werden. Und so unterschiedlich die beiden sind, sie halten zusammen. Es ist ein Buch über Freundschaft, voller Abenteuer und skurriler Begegnungen. Obwohl es als Kinderbuch angepriesen wird, funktioniert die Geschichte auf so vielfältigen Ebenen, dass jede Generation ihren Spaß hat.

Kongenial begleitet wird die Geschichte durch die Illustrationen von Kerstin Meyer. Ein wenig anarchistisch, immer skurril und freundlich, aber niemals anbiedernd vervollständigen die Bilder den Text.

Autorin Ellen Jahn, verheiratet mit dem Schlagerbarden Ralf-Siegmund Gleitenreiter, lebt übrigens mit einem imaginären Bären zusammen.

Cover © Aladin Verlag

  • Autor: Ellen Jahn
  • Titel: Herr Pess und sein Bär
  • Verlag: Aladin Verlag
  • Erschienen: 2013
  • Einband: Hardcover
  • Seiten: 128
  • ISBN: 978-3-8489-2004-4
  • Sonstige Informationen:
    Produktseite zum Buch

Wertung: 15/15 dpt

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