Der Niedersachse Horst Evers weiß mit seinem erfrischenden Kabarett, welches Dinge aus allen möglichen Bereichen – eben nicht nur dem politischen Sektor – aufgreift und liebenswert auf die Schippe nimmt, fast immer zu begeistern. Seine Gedanken, seine Anekdoten, die er genau so oder vielleicht auch überhaupt nicht erlebt hat, stets geben sie einem etwas mit. Irgendwo zwischen Tiefsinn und Unsinn findet der haupthaararme Mittvierziger und Familienvater immer einen Weg, dem Leser, Zuhörer oder Zuschauer mindestens ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Und genau deswegen ist “Vom Mentalen her quasi Weltmeister” – so viel vorweg – eine riesige Enttäuschung und ist der sonstigen evers’schen Kunst so gar nicht würdig.
Die ersten beiden Drittel dieses Werkes sind in die fünf Kontinente gegliedert, und zu jedem Land, welches an der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 teilnimmt, versucht sich Evers an einem Kapitel voller satirischer Charakterisierungen ebenjener dort lebenden Menschen. Meistens verlaufen die einzelnen Kapitel gleich. Zuerst wird etwas Allgemeines über das Land erzählt, anschließend ein Profil des jeweiligen Landsmanns geschnitzt und dann dessen Tagesablauf geschildert. Auch die Tradition und Geschichte der jeweiligen Nation bekommt ein paar Absätze spendiert, gelegentlich auch die Wirtschaft oder dergleichen, und abschließend wird selbstverständlich auch der Fußball landestypisch skizziert. Im letzten Drittel werden dann noch die nicht für die WM 2014 qualifizierten Länder abgehandelt und auch sonst noch etwas über Fußball gefachsimpelt und schwadroniert – auf natürlich eher augenzwinkernde Weise.
Doch leider ergeht sich Evers lediglich in einer Aneinanderreihung und Bedienung von bereits hundertfach bekannten Klischees und teils uralten Stereotypen, und zwar auf eine erschreckend unkreative Art und Weise. Noch fataler wird es, wenn versucht wird, den Einwohnern erfundene Eigenheiten auf den Leib zu schreiben – so etwas kann durchaus funktionieren, doch dem Kabarettisten mag dies hier nur leidlich gelingen. Und zwischen den Zeilen den Kontext zum Fußball herzustellen funktioniert schon alleine deshalb nur bedingt und wirkt oftmals frustrierend erzwungen, beinahe mit dem Holzhammer ins Raster geprügelt.
Es liegt nicht einmal an der Fußballmuffeligkeit des Redakteurs, dass dieses (Hör-)Buch nicht die Lachmuskeln stimulieren mag – bis auf ein zaghaftes Lächeln hier und dort. Denn dass man auch ein unterhaltsames, pointiertes und an Inhalten reiches Fußballbuch schreiben kann, das trotz Ablehnung des Sports funktionieren kann, beweist Oliver Uschmann mit “Überleben beim Fußball” (Rezension folgt bald). Nein, es ist schlichtweg die Qualität, die untypisch für Evers ist – gepaart mit dem beißenden Odeur des Schmauches eines Schnellschusses. Während seine sonstigen Werke und Programme perfekt in die Satiresendungen der dritten Programme passen und in die Kategorie “Anspruch mit Humor” passen, bewegt sich das Niveau vorliegender Veröffentlichung bedrohlich nah an dem Material, das größtenteils bevorzugt spätabends samstags bei RTL ausgestrahlt wird, nach DSDS und Vergleichbarem. Was selbstverständlich nicht heißen soll, dass Comedy auf RTL per se intelligenzallergener Bockmist ist, denn auch dort gibt es dann und wann Lichtblicke – nur: Auszüge aus “Vom Mentalen her quasi Weltmeister” wären dort keine solchen.
Herr Evers, was hat Sie denn da geritten?
Cover © argon Verlag
- Autor: Horst Evers
- Titel: Vom Mentalen her quasi Weltmeister
- Label: argon Verlag
- Erschienen: 24.04.2014
- Sprecher: Horst Evers
- Spielzeit: 4:58 Stunden auf 4 CDs
- ISBN: 978-3-8398-1314-0
- Sonstige Informationen:
Ungekürzte Lesung
Produktseite Hörbuch
Produktseite Buch
Wertung: 6/15 dpt
Uh, das klingt gar nicht so gut. Ich lese Horst Evers sehr gerne und “Vom Mentalen her quasi Weltmeister” liegt oben auf dem Lesestapel. Dann bin ich mal gespannt, wie mir das Buch gefallen wird.