Andrew Yancy ist ein engagierter, integerer Cop in Miami. Leider gehört neben seiner Hartnäckigkeit die Fähigkeit, anzuecken, zu seinen Haupteigenschaften. Schon einmal nach Key West strafversetzt, sieht er sich dort leider bemüßigt, dem Gatten seiner Geliebten einen Einlauf mit einem Staubsaugerrohr zu verpassen. Vor Hunderten von Zeugen mit Handys. Obwohl nicht sicher war , ob der wenig freundliche Ehemann seine Bonnie nun “Flittchen” oder ‘”Hure” genannt hat.
Egal, denn die viel fotografierte und gefilmte Aktion führt zur Degradierung Yancys in die Position eines Gesundheitsinspektors. “Schabenkontrolle”, wie es lapidar heißt. Auch hier macht sich Yancy wenig Freunde, nimmt aber in wenigen Wochen mehrere Kilo ab. Essen kann ganz schön eklig sein.
Ein abgetrennter Arm, für den sich niemand so recht verantwortlich fühlt, bringt Andrew Yancy zurück in den Kampf gegen Verbrechen. Es wird ein verzwicktes Unterfangen, begleitet von weiteren Morden, das ihn auf die Bahamas bringt, ihm eine neue Freundin beschert, ihn fast das Leben kostet und zur Bekanntschaft mit Driggs führt. Ein haarloser, durchgeknallter Affe, der, so wird gemutmaßt, neben Johnny Depp im ersten Teil der “Fluch der Karibik”-Saga mitspielte. Zumindest für einen kurzen Augenblick, bis ihm seine Unberechenbarkeit den Job kostete. Worauf er als Spielgewinn beim eingefleischten Andros-Insulaner Neville landete, der einen verzweifelten Kampf gegen den Immobilien-Spekulanten Christopher Grunion führt.
Wie all dies erst nebeneinander abläuft, dann zusammentrifft, kollabiert und zu eigenwilligen, eindrucksvollen – beziehungsweise für die Beteiligten jammervollen – Ergebnissen führt, schildert Carl Hiaasen auf so elegante wie spannende und vor allem höchst schwarzhumorige Weise.
Mit “Affentheater” etabliert sich Hiaasen einmal mehr als legitimer Erbe Charles Willefords. Seine Komik ist nicht ganz so existenzialistisch finster wie Willefords, und Andrew Yancy ist ein optimistischerer Charakter als Hoke Mosely. Doch wie bei Willeford liegt das Fundament der wortgewandten Satire Hiaasens in den absurden und teilweise deprimierenden Seiten der Realität.
Die vorkommenden Verbrechen von Versicherungsbetrug bis hin zu Mord haben nachvollziehbare Motive, wobei eines für den hauptsächlichen kriminellen Antrieb sorgt: Die Gier nach Geld, nach Reichtum und Luxus. Der so leicht erreichbar scheint, wenn man bereit ist, Opfer zu bringen (an sich selbst und anderen). Begünstigt wird dieses Streben durch die Dummheit und vor allem Bequemlichkeit vieler Menschen, die sich mit einem verlogenen Status Quo arrangiert haben, ihn sogar loben, wenn für sie selbst Profit dabei herausspringt.
Bleiben nur die wenigen Aufrechten, die den Kampf aufnehmen, weil sie Ungerechtigkeiten und Betrug hassen oder einen Zustand sichern wollen, der wichtiger scheint als Reichtum auf Kosten anderer: Im Einklang mit sich selbst, der Natur und der gewachsenen Umwelt zu leben. Ein mühseliges und kaum aussichtsreiches Unterfangen. Wenn nicht Voodoo und die Verblendung der Gierigen zu Hilfe kommt.
Andrew Yancy ist ein fröhlicher Guerillero, der sich mit jedem Betrüger und Blender anlegt, egal welche negativen Folgen das für ihn selbst hat. Zu den witzigsten Passagen des Romans gehören jene Episoden, in denen Yancy seinem armen Nachbarn Evan Shook (der eine Monstervilla baut, die Yancy die Aussicht versaut, und völlig unpassend in die beschauliche Gegend gesetzt wurde) das Leben schwer macht, in dem er potenzielle Käufer vergrault. Sei es durch drastisch plastische Geschichten über bissige, streunende Hunde oder Maßnahmen wie den Kadaver eines überfahrenen Waschbären im Wohnzimmer zu deponieren. Dabei verliert Yancy gegenüber Shook nie die Contenance. Freundlichkeit kann die Hölle gut verbergen. Die finale Auflösung des Nachbarschaftszwists ist von logischer Konsequenz und Brillanz.
“Affentheater” glänzt an allen Ecken und Enden. Durch die klug durchgeplante, vielschichtige Handlung, seine Erzählstruktur, die fokussiert den zahlreichen Aktivitäten der Figuren folgt, dann zügig zum Ende kommt, um zu reflektieren, innezuhalten und weiterzuschreiten, bis das Buch mit einem kitschigen Foto im Abendrot äußerst stimmig endet. Dazu gesellt sich eine Fülle von Haupt- und Nebenfiguren mit ausgefeilten Biographien und eine so unprätentiöse wie glaubwürdige Liebesgeschichte.
Das Buch verbindet auf gekonnte Weise Spannung und Witz, verbirgt dabei nie seine düstere Grundhaltung. Desinteresse und menschenverachtende Gier prägen unsere Gesellschaft und reißen sie in einen Abgrund. Seine Hoffnung in aufrechte Kämpen wie Yancy, Rosa, Neville und ihre bizarren Unterstützer zu setzen, könnte trügerisch sein. Aber ein Schimmer ist es immerhin. Mehr sitzt nicht drin.
Cover © Manhattan Verlag/Random House
- Autor: Carl Hiaasen
- Titel: Affentheater
- Originaltitel: Bad Monkey
- Übersetzer: Marie-Luise Bezzenberger
- Verlag: Manhattan
- Erschienen: 04/2014
- Einband: Hardcover
- Seiten: 398
- ISBN: 978-3-442-54740-1
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 14/15 dpt