Sein letztes Rennen (Spielfilm, DVD/BluRay)

Sein letztes Rennen (Film, DVD) Cover © Universum Film Sich mitten im Leben stehend mit Themen wie Altern, Verlust und Tod zu beschäftigen, fällt schwer. Vielleicht, weil man die erste aufkeimende Unruhe bezüglich des Eingeständnisses darüber, dass das Leben endlich ist, noch beiseite schieben mag, vielleicht aber auch, weil es eben diese Unruhe ist, die sich aufdrängt und eine gedankliche Auseinandersetzung mit diesen Themen forciert.

Und so hält einem Riedhofs Film “Sein letztes Rennen” den Spiegel vor, zeigt einem, was es heißt, Abschied zu nehmen, nach einem langen gemeinsamen Leben mit dem Partner, auch dass es eben nicht nur ein weiterer Umzug ist, der ansteht, wenn man sein Eigenheim verlässt, sondern man sich vielmehr mit dem Einzug in ein Altenheim auf seinen letzten – zum Altern und Sterben gedachten – Platz begibt.

Entgegen vieler anderer Senioren, die sich diesem Schicksal fügen, bäumen sich Paul und Margot Averhoff auf und trainieren im Altenheim gemeinsam für Pauls letzten Marathon, nachdem er im Laufe seines Lebens unzählige Rennen bestritt. Gemeinsam sehen sie sich einer Bastion aus gesellschaftlichen Konventionen, darüber, wie man im Alter sein Leben zu verbringen hat, gegenübergestellt; gemeinsam durchdringen sie diese und reißen auch andere mit ihrer “Trotzigkeit” mit, obwohl sie selbst Zweifel plagen, Margots diagnostizierte Erkrankung nicht mehr ausgeblendet werden kann, und Paul mit dem Etikett der agitierten Depression aufgrund seiner Angst vor endgültigem Abschied und Tod zu kämpfen hat.

Sein letztes Rennen (Film, DVD)Sein letztes Rennen (Film, DVD) Szenenfoto 1 © Universum FilmÜberzeugend werden die Gefühle von Dieter Hallervorden, den man nun nicht mehr “Didi” nennen mag, und seiner Filmpartnerin Tatja Seibt in den Rollen des Ehepaars Averhoff transportiert. Sie bieten eine vielschichtige emotionale schauspielerische Leistung, die berührt, zum Lachen bringt und Trost spendend ist. Lediglich die vermeintliche Hauptbotschaft des Films, darüber, dass auch das Leben ein Marathon ist und man immer weiter einen Schritt vor den anderen setzen sollte, mutet in der entsprechenden Filmszene ein wenig pathetisch an, aber jenes scheint wohl das Los der europäischen, insbesondere der deutschen Filmkunst zu sein.

Die Averhoffs bringen Schwung in den senilen Kreis ihrer neuen Mitbewohner, man erhält erfrischende Einblicke darüber, wie Ältere die derzeitige Gesellschaft sehen, und kommt zu dem zunächst trivial erscheinenden, tatsächlich aber bedeutsamen Schluss, dass selbst im Alter alles eine Frage der Einstellung und der gesetzten Ziele ist.

Bei der Betrachtung des Zusatzmaterials und der dort aufgeführten Interviews erhält man Erklärungen über eine weitere Seite, welche im Film durch das liebevoll anmutende Elternpaar Averhoff eher in den Hintergrund gerät. Die Tatsache, dass die eigene Tochter den Einzug in ein Altenheim forciert, vor allem weil sie sich den “egomanischen” Trips des Vaters bei seinen Marathons und den Trainings dafür während ihrer Kindheit unterzuordnen hatte, und sie nun in sich selbst den Wunsch nach einem Dasein ohne jedwede Einschränkung und Verpflichtung verspürt.

Sein letztes Rennen (Film, DVD)Sein letztes Rennen (Film, DVD) Szenenfoto 2 © Universum Film

Spätestens dann ahnt man, dass nicht das Altern oder der Tod sondern die Institutionalisierung, die Abschiebung in “Versorgungsstationen” im Laufe des gesamten Lebens zugunsten der eigenen Individualität, die eigentliche Problematik des familiären und gesellschaftlichen Zusammenlebens sein könnte.

Obwohl das Leben als ein Marathon zu betrachten, etwas klischeehaft erscheinen mag, so ist es doch das, was es letztendlich treffend beschreibt. Wenn einem ein über siebzigjähriger Hallervorden im Interview erzählt, dass er selbst gern Wasserski fährt, um in Form zu bleiben, und einen dieser Sachverhalt kaum noch aufstoßen lässt, dann weiß man, dass gesellschaftliches Umdenken stattfindet, nämlich darüber, dass das Leben erst dann vorbei ist, wenn es vorbei ist.

“Sein letztes Rennen” weist dem Zuschauer einen sehenswerten Weg, sich den düsteren Visionen von Altern, Abschied und Tod zu stellen, und besticht durch melancholische Lebenslust, selbst wenn sich all diese Visionen bereits bewahrheitet haben.

Cover und Szenenfotos © Universum Film

  • Titel: Sein letztes Rennen
  • Produktionsland und -jahr: Deutschland, 2013
  • Genre:
    Drama
  • Erschienen: 28.03.2014
  • Label: Universum Film
  • Spielzeit:
    110 Minuten auf 1 DVD
    114 Minuten auf 1 Blu-Ray
  • Darsteller:
    Dieter Hallervorden
    Tatja Seibt
    Heike Makatsch
    Katrin Sass
    Frederick Lau
  • Regie: Kilian Riedhof
  • Drehbuch:
    Kilian Riedhof
    Marc Blöbaum
  • Extras:
    Interviews mit Dieter Hallervorden, Heike Makatsch, Frederick Lau & Kilian Riedhof
  • Technische Details (DVD)
    Sprachen: D
    Untertitel: D
    Video: 16:9, 2,35:1
    Audio: 5.1 DD
  • Technische Details (Blu-Ray)
    Sprachen: D
    Untertitel: D
    Video: 2,35:1 (1080p/24)
    Audio: DTS-HD 5.1
  • FSK: 6
  • Sonstige Informationen:
    Informationen zum Film
    weitere Informationen und Erwerbsmöglichkeit

Wertung: 10/15 dpt

 
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