Es geschieht selten, dass auf booknerds ein Klappentext zitiert wird, doch da man das Geschehen kaum besser in eigene Worte fassen könnte, sei er hier kurzerhand zitiert: »Als Zelda Lornton in der psychiatrischen Klinik von Bristol tot aufgefunden wird, glauben alle zu wissen, wer daran schuld ist – der Geist von Beechway, von dem erzählt wird, dass er nachts die Patienten in ihren Zimmern heimsucht und sie dazu treibt, sich selbst zu verletzen, manchmal sogar tödlich. AJ, der verantwortliche Pfleger, will an diese Gerüchte nicht glauben, doch die Klinikleitung hält ihn strikt an, die mysteriösen Vorkommnisse für sich zu behalten. Als dann der psychisch schwer kranke Isaac Handel unerwartet entlassen wird, hat AJ einen Verdacht. Isaac ist ein verurteilter Mörder, der seine Eltern auf brutale Weise umgebracht hat. Nach seiner Entlassung ist er plötzlich unauffindbar. Plant er erneut zuzuschlagen? AJ sucht Hilfe bei Detective Inspector Jack Caffery, der ganz und gar nicht an Geister glaubt.«
Doch in diesem zuweilen sehr mystischen, über dreizehnstündigen Hörthriller steht Caffery auch jenseits dieses Falles unter Strom, denn ihm liegt sehr viel daran, den Fall der verschwundenen Misty Kitson (aus dem Thriller “Haut”) aufzuklären. Dass dies weder der Taucherin Flea noch seinem Vorgesetzten gefällt, ist absehbar. Komplexe Verstrickungen, sehr atmosphärische Szenarien, detaillierte und intensive Schilderungen sowie oftmals roh-emotionale Handlungen und Dialoge sorgen in ihrer Gesamtheit für ein schwer durchdringbares Dickicht, das man gerne durchbrechen möchte. Nicht selten ereilt einen in diesem vielseitigen Psychothriller ein Gefühl der Beklemmung, und die Grausamkeiten und der Wahnsinn tragen hierzu nicht unwesentlich bei.
Es fällt auf, dass Hayder in “Die Puppe” sehr gekonnt mit dem Einfühlungsvermögen des Lesers/Hörers spielt und seine empathische Ader anzapft, und wenn es gen menschliche Abgründe geht, ist das Geschriebene der britischen Autorin praktisch ein Guckloch dorthinein, eines, durch welches die Sicht glasklar ist. Auch hinsichtlich der Ereignisdichte kann man der Autorin absolut nichts Schlechtes nachsagen, denn Längen finden sich in “Die Puppe” nur seltenst. An sich kann man das sechste Caffery-Exponat somit als einen überdurchschnittlich guten Psychothriller mit einem Hang zum Sonderbaren verzeichnen.
Wäre da nicht der Sprecher. Steven Scharf verfügt zwar über eine angenehm dunkle, sehr verständliche Stimme, die gerade in den gefühlslosen Passagen perfekt passt, und auch die hysterischen, emotionalen und sonstwie den Pegel ausschlagen lassenden Stimmungsänderungen gibt Scharf recht gut wieder, doch zum einen liest der Schauspieler im Vergleich zu diversen Sprecherkollegen sehr langsam, zum anderen sind die Pausen zwischen manchen Sätzen, Absätzen und auch bei eingeschobenen Bemerkungen wie etwa per Gedankenstrichen beinahe schon verstörend lang, wodurch das Hörbuch oftmals abgehackt, ja beinahe zerklüftet wirkt – dies geht letztendlich auf Kosten der Konzentration auf den Inhalt. “Die Puppe” könnte als Hörbuch wunderbar funktionieren, wenn Tempo und Dynamik des schreiberisch Erzählten nicht so sehr im Missverhältnis zum Tempo und der Dynamik des akustisch Erzählten stünden
Cover © der Hörverlag
- Autor: Mo Hayder
- Titel: Die Puppe
- Originaltitel: Poppet
- Übersetzer: Rainer Schmidt
- Label: der Hörverlag
- Erschienen: 17.02.2014
- Sprecher: Steven Scharf
- Spielzeit: 13 Stunden, 10 Minuten auf 2 mp3-CDs
- ISBN: 978-3-8445-1338-7
- Sonstige Informationen:
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Wertung: 9/15 dpt