eclipsed (Hrsg.) – Rock, Teil 1 (Buch)


ROCK Teil 1 - Eclipsed (Buch)Pfiffig – das eclipsed-Magazin (Profil: »Fokus auf anspruchsvolle Rockmusik mit Tiefgang«) hat ohnehin seit geraumer Zeit die beträchtlichen Leserservice bietende Rubrik “Einkaufszettel” am Start. So entstand bei Redakteur Christoph Rehe und dem Team die synergetische Idee, diese (bis auf die Beiträge zu Jimi Hendrix und Led Zeppelin) ohnehin vorhandenen Eintragsfluten zu einem Sammelwerk aufzublasen – und erneut zu vermarkten. Et voilà: es “Rock”t!

Soviel vorab: der knapp 2 Kilogramm schwere Brummer im Format
304 x 246 mm ist mit wenigen Abstrichen ein Instant Classic für den Coffee Table jedes anspruchsvollen Rockfans.

Der zugegeben ungeliebten eclipsed-eigenen Nomenklatur folgend untenstehend also die Pluspunkte („Kaufrausch“) und darunter die durchaus überschaubaren Negativa („Fehlkauf“) zu dieser in Summe beeindruckenden Veröffentlichung:

Kaufrausch

  • Meist gut lesbare, fundiert wirkende Analysen des Gesamtwerks von 20 der wichtigeren Rock-Acts aller Zeiten: Pink Floyd, David Bowie, Genesis, Jethro Tull, The Doors, Jimi Hendrix, The Rolling Stones, Led Zeppelin, Deep Purple, Alice Cooper, Yes, Kate Bush, King Crimson, Queen, Neil Young, Marillion, Can, Kraftwerk, Rush, Manfred Mann’s Earth Band.
  • Bandhistorie im tatsächlich schnellen Überblick (“Zeitleiste”, musikalische Wurzeln, wichtigste Fakten etc.).
  • Eins der nützlichsten Features: “Als XY-Fan unbedingt reinhören in” – vergleiche etwa die Empfehlungen von Pandora, Spotify & Co. oder Amazons “XY-Käufer bestellten auch Z…”
  • Alle Studioalben, die wichtigsten Livealben, DVDs etc.
  • Zu jedem Studioalbum: Review, Zusatzinfos, Tracklist, Benotung der einzelnen Songs sowie Pressespiegel und O-Töne der Musiker.
  • Top-30-Songs aller Bands/Künstler (plus Top-5-Sonderlisten “Für Freaks”, “Für Einsteiger”, “Top-Bonus-Tracks” etc.).
  • Komplette Diskographie.
  • Liebevoll bebildert, teils rare Fotos, gnädigerweise meist aus der Frühphase der Stars.
  • Die ganze List-Mania bleibt eben nicht nur albumfixiert: offeriert werden unter anderem auch “Die erfolgreichsten Hits” oder “Die Top 30 Songs”.
  • Druck und Papier sind wirklich allererste Kajüte!
  • Einige der “wichtigsten Fakten” verblüffen selbst alte Prog-Hasen – Elton John wollte mal bei King Crimson anheuern, aber durfte nicht!?! (S. 121).
  • Manche Bewertungen wirken erfrischend/bestätigend, zum Beispiel wie jammervoll schlecht etliche “kanonische” Rush-Alben doch tatsächlich leider sind (S. 213-14).

Fehlkauf:

  • Allein schon die der Redaktion so ans Herz gewachsenen Benamsungen sind wenig intuitiv: gerade das die höchste Liebesstufe anzeigende “Kaufrausch” könnte sich ebenso gut auf einen möglichen Fehlkauf beziehen.
  • Die Kriterien für die Aufnahme in den Band beziehungsweise in Teil 1 bleiben undefiniert bis rätselhaft. Beispiele: Wenn es denn hier um die allerwichtigsten gehen soll, was ist dann mit den Beatles am populären und was mit Van der Graaf Generator am Anspruchs-Ende der Skala? Warum Manfred Mann’s Earthband und Kraftwerk ja und Free nein?!? Allerdings ist uns Teil 2 mit 20 weiteren Acts (u.a. The Beatles, Bob Dylan, Black Sabbath) für’s laufende Jahr bereits versprochen.
  • »Das Manuskript wurde abgeschlossen am 6. April 2013« Das ist bei Drucklegung im Dezember natürlich relativ spät und führt zu Aussagen wie der bei King Crimson: »… doch ist ein drittes Comeback unwahrscheinlich, Fripp will nicht mehr«, wo die Szene doch spätestens seit Sommer 2013 von der achten KC-Inkarnation weiß, vom hier ebenfalls unerwähnt bleibenden The Crimson ProjeKCt ganz zu schweigen…
  • Gestorbene Bandmitglieder sind nicht als solche gekennzeichnet, beispielsweise mit Todesdatum.
  • Nur ausnahmsweise (Deep Purple: “Besetzungswechsel-Matrix”, S. 63) werden wichtige Infos zu über Bandgrenzen hinausgehende Beziehungen integriert. Hilfreich wäre etwa die Integration der bewährten und beliebten Rock Family Trees gewesen.
  • Die Hinweise auf Web-Ressourcen zu den Bands sind dürftig, die als Info-Kanal und zum Kontakthalten mit den Fans stets wichtiger werdenden Music Apps fehlen völlig.
  • In der Bibliographie fehlt beispielsweise bei Yes Chris Squires “Fish Out Of Water”.
  • Natürlich kann man sich auch an einigen der Hunderte von (wie stets) subjektiven Bewertungen reiben. Nur als zufälliges Beispiel: nach welchem Kriterium ist ausgerechnet “A” ein besseres Jethro Tull-Album als “Too Old To Rock’n’Roll”?
  • Die gemetzelte Typographie des bei jedem Eintrag ostinat wiederholten Fragments
    »Gut zu wissen!: ● Text….« tut den Augen weh und macht zumindest den diensthabenden Rezensenten ganz kribbelig…
  • Die ohnehin schon die Navigation im fetten Buch nicht erleichternde, da klein und vertikal angebrachte Paginierung des Buches fehlt auf jeder Aufmacher-Doppelseite und unnötigerweise auch im “Apparat” (Abkürzungen, Bibliographie, Team, Fotonachweise).
  • Etliche Editionsfehler sind in Druck gegangen, zum Beispiel fehlt auf Seite 114 das Verb “spielen” (War Child).

Doch das sind letztlich nur kleine handwerkliche Schwächen eines im Prinzip so lesens- wie besitzenswerten Nachschlagewerkes, das mit knapp 30 Euro allerdings auch kein Sonderangebot ist.

 Cover © eclipsed/Heel

Wertung: 12/15 dpt


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