Mit “Into Darkness” erspielt sich Regisseur J.J. Abrams die Zwischentöne aus klassischen Star Trek-Elementen und innovativem Storytelling. Das Team der Produktionsfirma Bad Robots, unter anderem der Entstehungsherd der genialen TV-Serien “Lost” und “Fringe”, hatte mit seinem ersten Star Trek-Streifen von 2009 die Idee, eine alternative Zeitlinie des gigantischen Film- und Serien-Universums zu schaffen. Den Grundstein dafür legte einst Gene Roddenberry Mitte der 1960er Jahre mit den Geschichten um die Sternenflotten-Crew des Raumschiffs Enterprise und deren zentrale Figuren, Captain Kirk, impulsiv-intuitiv-trotzig und Spock, reserviert-rational-logisch.
Abrams legt den Rhythmus in seinem neuen, optischen Leckerbissen ebenfalls auf das konfliktreiche Duo, seine Ambivalenz und Freundschaft. Außerdem baut der Spezialist für Verschwörungstheorien, alternative Realitäten und Paralleluniversen auf dem klassischen Star Trek-Thema schlechthin auf: Es geht um große und kleine moralische Konflikte, um Regelbruch, Rache, um das Opfern von Menschen für ein höheres Ziel, um Präventivmaßnahmen, die Leben retten und Präventivmaßnahmen, einen Krieg zu rechtfertigen.
Obwohl sich Bad Robot mit ihrem empfehlenswerten Star Trek-Debut von 2009 jede Möglichkeit eröffnet hat, unabhängig von Roddenberrys Kanon zu erzählen, fußt “Into Darkness” auf einer Geschichte, die bereits in der originalen TV-Serie eingeführt und in dem Kinofilm “Star Trek II – The Wrath of Khan” von 1982 weitererzählt wird. Das hat nichts mit Einfallslosigkeit und Franchisefäulnis zu tun. Die Teil-Adaption des alten Stoffs zeugt von einem tiefen Verständnis des Star Trek-Universums, dessen Materie hin- und hergerissen zwischen dem Heilsbringer ‘Erforschung’ und dem Unheilsbringer ‘Erforschung’ brodelt.
Chris Pine lässt einen infantilen, arroganten, trotzigen Jim Kirk auf der Leinwand erscheinen. Zachary Quinto (“Heroes”) mimt Spock und damit einen Vulkanier, der seit dem Tod seiner Mutter und der Zerstörung seines Heimatplaneten außer Kontrolle geraten ist. Anders ist die Anfangsszene nicht zu erklären, in der Spock offensiv gegen die Höchste Direktive der Sternenflotte verstößt, die eine Einmischung in die Probleme fremder Zivilisationen verbietet. Mehrmals rechtfertigt er sein Vorgehen mit der ethischen Maxime seiner Kultur: »Das Wohl von vielen wiegt schwerer als das Wohl von wenigen, oder eines einzelnen.«
Dass jemand eine Moral hat, ist ja schön und gut. Die wichtige Frage ist, was diese Moral noch wert ist, wenn mächtigere Gegner kommen, die einer ganz anderen Maxime folgen. Nachdem Kirks und Spocks Fehlverhalten nicht ungestraft geblieben ist, wird die Enterprise auf eine fragwürdige Mission geschickt. Die sauber komponierten Charaktere an Board sorgen unter anderem mit Simon Pegg als Scotty und Karl Urban als Pille für ordentlich Comic Relief in dem 127 minütigen Konflikt, der sich in bisher ungekannter Deutlichkeit einer anderen Seite der Sternenflotte zuwendet. Hinzu kommt der zur Zeit nicht gerade unbegehrte Schauspieler Benedict Cumberbatch (“Sherlock”, “Der Hobbit”) als Schurkenfigur John Harrison.
Während von Seiten Harrisons eher mit ‘Auge um Auge, Zahn um Zahn’ auf der Zunge die Fäuste fliegen, muss sich die Enterprise auf ihrer Mission auch mit einem Fanatiker herumschlagen, der das Gute mit dem Preis des Kriegs erkaufen will. Dass Spock und Kirk hier als ambivalente Unzertrennlichkeit aus Herz und Hirn wirken wie zwei weiße Mäuse im moralischen Versuchslabor, schadet der spannenden Geschichte und ihren interessanten Wendungen nicht.
Die Idee, eine bereits bestehende Erzählwelt wie Star Trek in einem alternativen Zeitstrang zu verdoppeln, um darin minimale und größtmögliche Differenzen zum alten Star Trek herzustellen, erzeugt nicht nur eine mit Bedeutungen überquellende Meta-Ebene für Nerds und Rätselfreunde, sondern bietet auch Möglichkeiten für etwas vollständig Neues und bisher im nicht Dagewesenes. So ist zum Beispiel die Inszenierung der Klingonen genial geraten und basiert auf leichten Unterschieden zwischen beiden Zeitlinien. Andere Elemente des Films existieren im ‘alten’ Star Trek – Universum überhaupt nicht.
Abrams und Bad Robot sind aufgrund ihrer Schreiberfahrung im Myth/SciFi-Bereich genau die Richtigen für diesen Ansatz. Mit “Into Darkness” schaffen sie daher wieder einmal eine wunderbare Weiterführung von Star Trek, im neuen wie im alten Sinne. Ein empfehlenswerter Film nicht nur für Kenner der Materie, – witzig, bildgewaltig, actiongeladen und anspielungsreich. Etwas mehr Eigenwilligkeit würde der Erzählung besser stehen als Hollywoodförmchen, aber man kann ja nicht alles haben.
Wertung: 13/15 dpt
(Christian Bischopink)
Aller guten Dinge sind zwölf – “Into Darkness” ist der bereits zwölfte abendfüllende Kinofilm, der auf der “Raumschiff Enterprise”- beziehungsweise “Star Trek”-Saga beruht. Und er füllt diesen Abend ersprießlich. Fans der Original Series wird alles geboten, was sie zum Wohlfühlen so brauchen, wie der Romulanier sein Ale: ein atemberaubender Aufmacher (der Vulkanier im aktiven Vulkan); mit höchstem technischen Aufwand eingefangene Action in fernen Galaxien; erhebliche Situations- und Dialogkomik, für die hier eher Kirk und Uhura versus Spock und nicht der leider etwas blass bleibende Schiffsarzt McCoy verantwortlich zeichnen; etwas fürs Herz (die Entdeckung der Freundschaft für Kirk und Spock); ein leicht hirnrissiger Plot inklusive mindestens entweder Kryoschlaf (hier) oder aber Zeitreisen; und natürlich einen Erzbösewicht. Letzterer ist der mit Benedict Cumberbatch (unter anderem “Sherlock”) überraschend, aber überzeugend besetzte Khan, Trekkies altbekannt aus “The Wrath Of Khan”. Und wenn dann auch noch Original-Spock-Leonard Nimoy eine Szene bekommt, ist wirklich alles gut. Alles gut? Nun, wer auch an einem Kultgegenstand noch Makel sucht, findet natürlich auch kleine Macken: beispielsweise die bewegende Abschiedsszene an der Reaktortür ist schon kein augenzwinkerndes Autozitat mehr, sondern wirkt fast wie ein bei sich selbst abschreiben. Aber sonst: alle zwölf Daumen hoch!
Wertung: 12/15 dpt
(Klaus Reckert)
Cover © Paramount
- Titel: Star Trek Into Darkness
- Originaltitel: Star Trek Into Darkness
- Produktionsland und -jahr: USA, 2013
- Genre:
Science Fiction
Action
Drama - Erschienen: 12.09.2013
- Label: Paramount
- Spielzeit:
127 Minuten auf DVD
132 Minuten auf Blu-Ray - Darsteller:
Chris Pine
Zachary Quinto
Benedict Cumberbatch
Zoë Saldaña
Anton Yelchin
John Cho
Simon Pegg
und viele mehr…
- Regie: J.J. Abrams
- Drehbuch:
Alex Kurtzman
Roberto Orci
Damon Lindelof - Extras:
auf DVD:
– Der Feind meines Feindes
– Schiff zu Schiffauf Blu-Ray:
– Die Reise Beginnt… Wieder
– Erschaffung des Roten Planeten
– Neuaufbau der Enterprise
– Angriff auf die Sternenflotte
– Der klingonische Heimatplanet
– Der Feind meines Feindes
– Voller Wut, Schiff zu Schiff
– Kirk und Spock
– Der Kampf
– Die Mission geht weiter
– Visuelle Vorlieben
– Kinotrailer - Technische Details (DVD)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch
Video: 2.40:1 Letterbox
Audio: Deutsch, Englisch, Türkisch (5.1 DD)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Türkisch - Technische Details (Blu-Ray)
Video: 2.40:1 Letterbox
Audio: Deutsch, Englisch (DD 7.1 TrueHD)
Untertitel: Deutsch, Englisch
- FSK: 12
- Sonstige Informationen:
Erwerbsmöglichkeiten
StarTrekMovie.com
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