Eine Kritik an Jane Austens Roman “Stolz und Vorurteil” wäre wohl nicht schicklich und käme, zumindest im angelsächsischen Raum, einer Majestätsbeleidigung gleich – zumal diesbezüglich kaum Veranlassung bestünde. Zahlreiche Verfilmungen dieses im neunzehnten Jahrhundert geschriebenen Klassikers der englischen Literatur versuchten sich an Austens Wortwitz und Beobachtungsgabe und scheiterten. Nur eine einzige – so möchte man sagen – lässt sich als angemessene Umsetzung betrachten.
In England und den USA löste sie Mitte der neunziger Jahre fürwahr eine unbestreitbare “Darcymania” aus, welche auch hierzulande die Gemüter vieler Damen erhitzte. Die BBC-Verfilmung mit Jennifer Ehle als charmante und spitzzüngige Miss Elizabeth Bennet und Colin Firth als zunächst hochtrabend anmutender, bei näherer Betrachtung jedoch edelmütiger Mister Darcy darf wohl als eine der besten bezeichnet werden.
Doch genug der Ankündigungen, auch Inhalte wollen zu Papier gebracht werden:
In Meryton, ländlich gelegen, tauchen zwei Gentlemen auf: jung, gutaussehend, ledig und – jenes mag am allerwichtigsten erscheinen – im Besitz von stattlichem Vermögen. Es bedarf nicht viel, um zu erahnen, wie sehr die Ankunft beider Herren die dortige Gesellschaft, insbesondere Familien mit unverheirateten Töchtern, in Aufruhr versetzt – so auch die Bennets, weniger gut situiert und mit fünf Töchtern gesegnet.
Während Mister Bingley, einer der beiden Gentlemen, es nicht versäumt, Gefallen an der ältesten Tochter Jane zu finden, nimmt Mister Darcy Anstoß an den Gepflogenheiten und Einfachheiten der ländlichen Gesellschaft. Herausgefordert durch seine Erhabenheit und Arroganz, treffen er und Elisabeth, zweitälteste Bennet-Tochter und von gescheiter Natur, fortan in Dialogen aus feinem Spott und höflicher Akzeptanz aufeinander. Mit der Zeit weichen Sticheleien und Hohn Tiefsinnigkeit und Vertrauen. Doch Standesunterschiede, Ränke und familiäre Unartigkeiten stehen dem Zueinanderkommen beider im Wege und nichts ist so, wie es zunächst den Anschein erweckte.
Und diese Dialoge sind es, die Jane Austen mit ihrem amüsant-geistreichen Blick auf die damalige Gesellschaft zu einer herausragenden Schriftstellerin machen. Respektvoll umgesetzt in der Verfilmung, schaffen sie eine Atmosphäre, welche die Laufzeit von zweihundertsiebzig Minuten keineswegs als langatmig erscheinen lässt. Im Gegenteil: Suchte man nach einem Tropfen Wehmut im Darjeeling, dann wäre es dieser, dass das Ende ein wenig rasch herbeieilt und einen gar aus der Szenerie zu werfen scheint – mit einem recht unbeholfenen Kuss.
Bei der Besetzung möchte man bis in die kleinsten Nebenrollen nahezu von Perfektion sprechen: Ob David Bamber, der einen als sich anbiedernder Geistlicher Mister Collins mit Widerwillen erfüllt; Lucy Scott, welche als sachliche und dem Verstand folgende Charlotte Lucas überzeugt oder Marlene Sidaway als Haushälterin Hill, deren erstaunte Zurückhaltung die Vorgänge im Haus vortrefflich zur Geltung bringt.
Neben der Besetzung bezaubern auch Kulisse und Kostüme durch Understatement statt Prunk und Opulenz und machen diese Verfilmung von “Stolz und Vorurteil” zu einer authentischen, kurzweiligen Landpartie in die damalige Zeit. Entzückend, einfach entzückend!
Cover © NewKSM
- Titel: Pride and Prejudice – Stolz und Vorurteil
- Originaltitel: Pride and Prejudice
- Episoden: 6
- Produktionsland und -jahr: GB, 1995
- Genre:
Literaturverfilmung, Drama - Erschienen: 01.08.2006
- Label: NewKSM
- Spielzeit:
270 Minuten auf 2 DVDs - Darsteller:
Colin Firth
Jennifer Ehle
David Bamber
Lucy Scott
Marlene Sidaway - Regie: Simon Langton
- Drehbuch: Andrew Davies
- Musik: Carl Davis
- Extras:
Making Of, Filmographien - Technische Details (DVD)
Sprache: Deutsch
Video: Widescreen (16:9 anamorph)
Audio: Dolby Digital 2.0 - FSK: 12
- Sonstige Informationen:
Infos und Trailer zur Serie
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Wertung: 13/15 dpt