In dieser in den USA bereits bei stolzen vier Staffeln angekommenen Serie wird man Beobachter des großen, über drei Generationen greifenden, in Berkeley und San Francisco lebenden Braverman-Clans, in welchem es äußerst turbulent zugeht. Nachdem die Enddreißigerin Sarah Braverman sich von ihrem drogensüchtigen Ehemann Seth Holt getrennt hat, zieht sie mit ihrer sechzehnjährigen Tochter Amber und dem zwei Jahre jüngeren Sohn Drew erst einmal wieder bei ihren Eltern Zeek und Camille ein, was sich als recht kompliziert und nervenaufreibend erweist. Sarahs Bruder Crosby hingegen stellt fest, dass sich seine Freundin künstlich fremdbefruchten lassen möchte, obwohl er selbst durchaus in der Lage wäre, ein gemeinsames Kind zu zeugen – doch auf einmal stellt ihn seine ehemalige Affäre Jasmine vor vollendete Tatsachen und präsentiert ihm ihren gemeinsamen Sohn Jabbar.
Zeeks und Camilles ältester Sohn Adam Braverman, der aufopferungsvolle Bruder und Sohn und Vater für alle und alles, ist glücklich mit seiner Frau Kristina verheiratet – Teenagertochter Haddie ist, nun ja, ein typischer Teenager, während bei dem elfjährigen Max das Asperger-Syndrom festgestellt wird. Eine Herausforderung für den gesamten Clan. Die jüngste Tochter von Camille und Zeek, die aufstrebende Anwältin Julia, hat aus beruflichen Gründen nicht allzu viel Zeit für die Familie, und so ist es ihr Mann Joel, der den Haushalt schmeißt und den Großteil der Erziehung der fünfjährigen Tochter Sydney übernimmt. Jede Figur aus den Familien hat somit mit ihren ganz eigenen Schicksalen und Dingen zu kämpfen. So entsteht ein chaotisches und wirres Gemisch aus einzelnen und gemeinsamen Problemen – aber auch den schönen Dingen des Lebens.
“Parenthood” ist laut diverser Bezeichnungen andernorts dem Dramedy-Sektor zuzuordnen, was man zwar durchaus unterschreiben kann, aber nur ganz zart mit Bleistift. Denn letztendlich ist die Serie eine äußerst vielseitige, runde Familienserie, in der nicht nur Drama (viel!) und Comedy (wohldosiert!) zu finden sind, sondern auch hektoliterweise Liebe und Respekt sowie die Vermittlung von weiteren wichtigen Werten wie familiärem Zusammenhalt, Hilfsbereitschaft und Integrität einen riesigen Teil des Gesamten ausmachen. Die tragischen und lustigen, die peinlichen und sensiblen, die melancholischen und die beschwingten Momente fließen oftmals so sehr ineinander, dass man gleichzeitig feuchte Augen vom warmen Gefühl im Herz wie auch vom Lachen bekommt.
Extrem auffällig ist das sehr hohe Tempo der Serie – die Schnitte von Familie zu Familie, von Kindern zu Großeltern zu Eltern zu Kindern zu Mom und Dad und Grandma und Grandpa zu den Kindern und Kindeskindern, hintereinander, nacheinander, miteinander, geschehen in einer Schnelligkeit, die während der ersten ein, zwei Folgen durchaus noch zu Irritationen führen und überrollend wirken mag, doch sobald man sich als Zuschauer eingegroovt hat, ist man bereits wie mit einer Droge angefixt und möchte eigentlich nur noch wissen, wie es in der nächsten paarundvierzigminütigen Folge weiter geht.
Da würden sich Familienmitglieder im einen Moment am liebsten an die Gurgel gehen, bevor sie merken, dass es ohneeinander noch weniger funktioniert, jeder benötigt von jedem Hilfe, man mischt sich einander ein, und manchmal klappt das Miteinander vorzüglich – oder aber reitet man sich gegenseitig, wahlweise auch ganz allein, noch tiefer ins Tohuwabohu der Emotionen, des Soziallebens, des Berufs und der Familie. Was hinsichtlich der Personen und der Verstrickungen so herrlich durcheinander wirkt, äußert sich auch verbal: Man möchte gar nicht wissen, wie viele Textblätter die Synchronsprecher für “Parenthood” vor sich liegen hatten, doch es müssen massive Stapel gewesen sein, denn hier redet praktisch jeder. Viel. Sehr gerne auch alle gleichzeitig. So wie im echten Leben eben auch. Und das lässt die Serie so realitätsnah wirken.
Ebenso wurde bei der Auswahl der Charaktere eine angenehme Durchschnittlichkeit, Heterogenität und Normalität angestrebt – es werden nicht diese typisch 90er-Jahre-artigen US- Hochglanzfamilien, in welchen praktisch jeder schön und reich ist, gezeigt, sondern Familien, die es so auch in der eigenen Nachbarschaft geben könnte. Der Cast, der hierfür zusammengestellt wurde, kann sich absolut sehen lassen. Peter Krause in der Rolle Adam Bravermans hätte nicht besser besetzt werden können, ebenso hat man mit Zeeks Darsteller Craig T. Nelson (“The District”, “Coach”) einen der schauspielerisch ganz Großen ins Boot geholt. Zu schön, wie er gleichzeitig den peinlichen Vater, den coolen Opa, den eingefahrenen Altbackenen und den nachdenklichen, noch immer lebenslernenden Senioren verkörpert. Auch toll: Lauren Graham, Sam Jaeger oder Dax Shepard. Und eine Sache hievt “Parenthood” deutlich nach oben: Gerade die jungen Figuren, sprich die Kinder und die Teenager, werden bei der Besetzung im Vergleich zu anderen Produktionen oftmals vernachlässigt, doch hier wurden die jungen Darsteller mit viel Bedacht und mit einem hohen Qualitätsanspruch auserkoren, sodass die komplette Schauspielerriege durch die Bank als erstklassig einzustufen ist.
Mit “Parenthood” wurde eine Familienserie erschaffen, die extrem gehaltvoll ist und reich an allem, worauf es im Leben ankommt, und das macht sie letztendlich zu einer Produktion, die den familiär veranlagten Zuschauer beinahe in einen Suchtzustand versetzt. Hinter der Serie steckt als Ideengeber übrigens einmal mehr der extrem produktive US-Regisseur, Schauspieler, Drehbuchautor und Oscar®-Preisträger Ron Howard, der die gleichnamige Erstauflage der 1989er Serie sowie den ebenfalls gleichnamigen und im selben Jahr entstandenen Film seinerzeit kreiert hat.
Worte des Lobes, allzu überschwangschwanger? Mag sein. Doch auch Rezensenten dürfen wohl mal unsachlich und euphorisiert ihr Entzücken kundtun. Gerade bei einer solch menschlichen Serie.
Cover und Packshots © Universal Pictures Home Entertainment
- Titel: Parenthood
- Staffel: 1
- Originaltitel: Parenthood
- Produktionsland und -jahr: USA, 2010
- Genre:
Dramedy - Erschienen: 11.04.2013
- Label: Universal Pictures
- Spielzeit:
539 Minuten auf 4 DVDs - Darsteller:
Peter Krause
Lauren Graham
Dax Shepard
Monica Potter
Erika Christensen
Sam Jaeger
Savannah Paige Rae
Max Burkholder
Joy Bryant
Miles Heizer
Mae Whitman
Bonnie Bedelia
Craig T. Nelson
Sarah Ramos
Tyree Brown
Marguerite Moreau
Tom Amandes
Erinn Hayes
Tina Lifford
- Regie:
Ron Howard
Brian Grazer
Jason Katims
- Drehbuch:
Jason Katims
Bridget Carpenter
- Produktion: Dylan Massin
- Extras:
Audiokommentar
Unveröffentlichte Szenen
Behind The Scenes Feature
- Technische Details (DVD)
Video: 1.78:1 (Anamorph Widescreen)
Audio: D, GB (DD 5.1)
Untertitel: D, GB
- FSK: 12
- Sonstige Informationen:
Info, Trailer, Erwerbsmöglichkeiten
auf Universal Pictures Home Entertainment
Wertung: 14/15 dpt
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