Gerade bei der Band-Thematik werden die Grenzen zwischen Musik-App (vergleiche etwa “The ? Book” von Seven Steps To The Green Door) und multimedialem E-Book/iBook (zum Beispiel Neal Preston’s “Sound & Fury” über Led Zepplin) zunehmend unscharf. Was Genrespezialisten oder Pedanten beschäftigen beziehungsweise fuchsen mag, kann Musikfans und Leseratten denkbar egal sein. Denn obwohl “Sound & Fury” ein Apples “iBooks”-Reader voraussetzendes E-Book, das derzeit in Rede stehende “The Doors” hingegen eine “normale” Musik-App ist: Beide verherrlichen mehr oder weniger historische Musikgötter, bieten fast identisch reichhaltige Features, beide laufen exklusiv auf der Plattform iPad und bei beiden gibt es zudem jede Menge zu lesen. Die Idee zur App hatte – übrigens anlässlich der Aufnahme des Doors-Katalogs in die “Mastered for iTunes-Reihe – mit Elektra-Gründer Jac Holzman just jener Manager, der die Band 1966 auf das Label geholt hatte. Neben Mitarbeiter Robin Hurley haben aber auch Drummer John Densmore, Gitarrist Robby Krieger, Keyboarder Ray Manzarek und die Erben des verstorbenen Sängers Jim Morrison an der Umsetzung mitgewirkt. Und die muss man als gelungen bezeichnen.
Der üppige Content ist in sechs wichtigere Sektionen gegliedert:
- “The Story” erschließt Hunderte von Fotos, Videos und Interviews. Als Herzstück kommentieren hier “Ikonen der Gegenkultur” alle sechs in der Originalbesetzung aufgenommenen sowie die zwei später als Trio aufgenommenen Alben in ausführlichen Essays – die wirklich kenntnisreichen und lesenswerten Texte stammen unter anderem von Patti Smith, Hunter S. Thompson, David Fricke oder Greil Marcus.
Dabei bietet “The Story” auf Wunsch ein stark multimedial aufgewertetes Leseerlebnis – In einem Videointerview spricht beispielsweise Starregisseur Francis Ford Coppola über die Bedeutung der The Doors-Musik für seinen Film “Apocalypse Now”, in “Tech Nuggets” lässt sich die genutzte Aufnahmetechnik studieren etc. – auch sehr ansprechend ist die Umarbeitung des berüchtigten Miami-Vorfalls als Graphic Novel, bei dem Morrison fälschlicherweise (?) beschuldigt wurde, sich 1969 während eines Konzertes entblößt zu haben. Die Zeichnungen stammen von Dean Haspiel vor Augen geführt, die Texte von Jacs Sohn Adam Holzman. Sämtliche Texte, eine Discographie, Bibliographie und Filmographie runden diesen Teil ab. - “Cast Of Characters” stellt knapp die für die Band und ihre Veröffentlichungen wichtige Personen vor.
- Die “Timeline” bietet, was der Name verspricht, allerdings ist sie außerordentlich hübsch wie ein Autoradio der 50er Jahre designt. Die Skala endet am 14.03.2011.
- Eine “Map” zeichnet einige wichtige Orte des Doors-Geschehens auf dem Stadtplan von Los Angeles auf. Hier endet allerdings die Interaktivität – auf die Integration von Google Maps und somit des eigenen Standorts der Leser wurde verzichtet.
- Die “Gallery” bietet Fotos galore, von denen etliche unveröffentlicht sein sollen.
- Der “Music Room” schließlich enthält noch eine Discographie und Links zur Doors-Musik auf iTunes.
Laut diesem Hintergrundartikel muss die App mindestens vierzigtausend Mal heruntergeladen werden, damit Rhino bei dem Projekt auf seine Kosten kommt. Die Chancen dafür stehen angesichts des Gebotenen aber nicht schlecht. When the music’s over – the app plays on?
Bildmaterial/Auszug © Rhino Entertainment
- Herausgeber: Jac Holzman, Robin Hurley
- Titel: The Doors
- Verlag: Rhino/Warner Music
- Sprache: Englisch
- Erschienen: 06.05.2013
- Format: iPad App
- Preis: 4,49€
- Systemvoraussetzungen: iPad mit iOS 5.0 oder neuer
- Speicherplatzbedarf: >900 MB
- Sonstige Informationen:
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Interview mit Jac Holzman zur App
Promo-Clip zur App
Wertung: 13/15 dpt