Raising Hope – Staffel 1 (Serie, 3DVD)

Raising Hope - Staffel 1 (Serie, 3DVD) (c) Twentieth Century Fox Home EntertainmentEigentlich ist Mittzwanziger Jimmy Chance (Lucas Neff) einer derer, die sich mehr oder minder ziellos durch ihr junges Leben in einfachen Verhältnissen schlagen und wohnt zusammen mit seinen Eltern Burt (Garret Dillahunt) und Virginia (Martha Plimpton) sowie Großmutter Maw Maw (Cloris Leachman) in einem Häuschen in der fiktiven Kleinstadt Natesville. Letztere ist über achtzig Jahre alt, senil, erlebt nur noch selten klare Momente und hält ihre Nachkommen des öfteren für Fremdlinge – oder glaubt, entweder in Burt oder in Jimmy ihren längst verstorbenen Ehemann zu sehen. Burt versucht seinerseits, die Familie mit einem Job als Poolreiniger zu ernähren, während Virginia zu dritt mit ihrer Kollegin und ihrer Chefin bei den Wohlhabenden putzen geht, um ihrerseits ein paar US-Dollar für die Chances beizusteuern.

Eines Abends ist Jimmy mit seinem Fahrzeug unterwegs, auf welches die gerade mit ihrem Freund heftig streitende und vor ihm fliehende Lucy Carlyle zu läuft. Er lässt sie einsteigen, wofür sie sehr dankbar ist, und die beiden fühlen auf Anhieb sehr zueinander hingezogen – letztendlich tauschen die beiden nicht nur ihren Speichel leidenschaftlich aus. Kurz darauf sitzen die Chances mit ihrem Sohn und dessen neuer Flamme am Esstisch – bis sich Lucy als gesuchte Massenmörderin mit verschiedenen Identitäten entpuppt. Mutter Virginia knockt die Verbrecherin kurzerhand aus und ruft die Polizei. Das Resultat: Elektrischer Stuhl, Lucy sieht ihrer Hinrichtung entgegen. Als Jimmy seinen One-Night-Stand kurz vor ihrer Exekution im Gefängnis besucht, offenbart sie ihm unübersehbar, dass sie schwanger von ihm ist. Das Ende vom Lied: Der kleine Sonnenschein namens Hope, der von seiner Mutter ursprünglich den unmöglichen Namen “Princess Beyoncé” verpasst bekam, landet bei der Familie Chance. Jimmy ist urplötzlich Vater und kann mit seiner neuen Rolle anfangs so gar nicht umgehen.

Nun muss er viel lernen und Stück für Stück in seinen Job als Vater hineinwachsen, was sich erwartungsgemäß als äußerst schwierig erweist, und ganz nebenbei muss er auch noch mit seinen sehr jungen Eltern (Virginia bekam Jimmy mit fünfzehn) und Maw Maw klarkommen und ebenfalls für den Familienunterhalt arbeiten gehen. Das wäre unkomplizierter, wenn da nicht die reizende Mitarbeiterin Sabrina Collins (Shannon Woodward) wäre. Für die entwickelt er nämlich sehr bald Gefühle, die sie ihm jedoch nicht so recht erwidern möchte, zumal sie selbst liiert ist.

In je zwanzigminütigen Folgen wird der Zuschauer Beobachter des Lebens dieses schrulligen Haufens. Macher Greg García (“Family Guy”, “My Name Is Earl”) verzichtet hierbei auf Political Correctness und zündet ein Feuerwerk aus Chaos, krudem Humor, makaberen Situationen, Boshaftigkeiten, Missgeschicken, Momenten der Fremdscham, Momenten der heftigen Fremdscham und Momenten der extrem heftigen Fremdscham, und durchgehend sind die Szenen mit zackigen und perfekt pointierten Dialogen durchsetzt.

Es ist allerdings beileibe nicht so, dass “Raising Hope” eine Serie nach der Schablone “Noch krasser, noch kränker, noch bekloppter” ist, denn zwischen all den unmöglichen und teilweise fast schon grenzwertigen Ereignissen und einem Hang zur Überdrehtheit werden auf völlig unverkrampfte und fast selbstverständliche Art und Weise – niemals belehrend! – die wichtigen menschlichen Werte vermittelt. Werte wie Verantwortung, Liebe, Gerechtigkeit und gegenseitiger Respekt. Man lacht zuerst laut auf, wenn die einzelnen Protagonisten unfassbaren Mist bauen, sich und/oder andere in unmögliche Situationen bringen oder sich vollends zum Toastbrot machen, manchmal ist man beinahe empört, doch dann schmunzelt und lächelt man vor der Mattscheibe, weil es zahlreiche Szenen gibt, in denen warmherzig gezeigt wird, wie Dinge wieder ins Lot kommen und jedem irgendwie wieder klar wird, dass man sich auf die anderen verlassen kann. Denn egal, wie schwierig das Leben manchmal auch ist: Der familiäre und freundschaftliche Zusammenhalt lässt alles wieder gut oder zumindest erträglich werden. So kaputt diese Serie also ist, so anspruchsvoll ist sie auch.

Martha Plimpton spielt offensichtlich die Rolle ihres Lebens, denn sowohl die Hingabe als auch die urige Mimik, welche sie ihrem gespielten Charakter Virginia Chance in sämtlichen Lebenslagen beschert, suchen ihresgleichen. Auch Cloris Leachman ist als Maw Maw zu hundert Prozent in ihrem Element, doch neben dem Neuling Lucas Neff überrascht vor allem Garret Dillahunt. Den kennt man hierzulande nämlich eher als Verbrecher und Serienmörder aus US-Serien wie “Criminal Minds”, “Numb3rs”, “CSI”, “Law & Order” oder “Lie To Me” – doch diesem Bösewicht-Stigma wirkt er mit dem komödiantischen Potential, das er in “Raising Hope” gekonnt ausspielt, mühelos entgegen.

Wie in den meisten nach Europa herübergeschwappten Serien aus den Staaten üblich, ist auch die Nebenbesetzung sehr stark. Shannon Woodward zum Beispiel glänzt als Supermarktverkäuferin Sabrina mit einem angenehmen Mix aus Charme und Selbstbewusstsein, während die in den USA auch als Musikerin und Comedian hoch angesehene Kate Micucci herrlich überzeugend die tollpatschige, etwas schräge, geierige Babysitterin Shelley mimt. Ganz besonderes Lob sollte jedoch den eineiigen Zwillingsschwestern Baylie und Rylie Cregut zukommen, die abwechselnd für Hopes Rolle eingesetzt wurden und mit ihrer positiven und ruhigen Art (die man auch in den Extras “in echt” zu sehen bekommt) einfach nur Spaß bereiten.

Letzten Endes hat man sämtliche Charaktere in sein Herz geschlossen, auch deshalb, weil man jedem einzelnen eine vielschichtige Persönlichkeit auf den Leib geschrieben hat – Eindimensionalität hat in Greg Garcías Drehbüchern offensichtlich nichts zu suchen. Und das ist nur eines von vielen Gütern, die “Raising Hope” in den USA nicht ohne Grund zu einem Hit haben werden lassen.

Es ist völlig unverständlich, dass diese Sitcom hierzulande nur auf RTL Nitro ausgestrahlt wird, einem Sender, dessen Einschaltquoten in der werberelevanten Zielgruppe klar unter einem Prozent liegen und dessen Inhalte hauptsächlich aus totgesendeten Wiederholungen etablierter Sendungen bestehen. Wieso verbrät man in Deutschland eigentlich ständig solch hochwertige Produktionen und lässt sie praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufen?

Sämtliches zu diesem Artikel gehörende Bildmaterial © Twentieth Century Fox Home Entertainment

  • Titel: Raising Hope
  • Originaltitel: Raising Hope
  • Produktionsland und -jahr: USA, 2010
  • Staffel: 1
  • Episoden: 22
  • Genre: Sitcom (ohne Lachmaschine!)
  • Erschienen: 04/2013
  • Label: Twentieth Century Fox Home Entertainment
  • Regie: Greg García
  • Idee: Greg García
  • Produktion: Henry J. Lange Jr., Greg García
  • Drehbuch: Greg García
  • Musik: Danny Lux, Matt Mariano
  • Spielzeit: über 480 Minuten auf 3 DVDs
  • Darsteller:
    Martha Plimpton
    Garret Dillahunt
    Lucas Neff
    Shannon Woodward
    Cloris Leachman
    Baylie Cregut
    Rylie Cregut
    Gregg Binkley
    Kelly Heyer
    Cameron Moulene
    Skyler Stone
    Kate Micucci
    Trace Garcia
    Todd Giebenhain
    und mehr…
  • Extras:
    Audiokommentar zur Episode “…und dann kam Hope!”
    (von L. Neff, M. Plimpton, G. Dillahunt und Greg García)
    Die nicht ausgestrahlte Pilotfolge
    Die bezaubernden Hope-Darstellerinnen
    Momente mit Mrs. Chance
    So dreht man ein Staffelfinale
    Spaß am Set
    Entfallene und erweiterte Szenen
  • Technische Details:
    DVD-Daten:
    DVD 9, Region 2 PAL
    Bildformat:
    16:9, 1.78:1
    Audio:
    Englisch DD 5.1, Deutsch DD 5.1
    Untertitel:
    Englisch, Deutsch und andere
  • FSK: 12
  • Sonstige Informationen:
    Produktbeschreibung auf fox.de
    (inklusive Trailer und Erwerbsmöglichkeit)

 

Wertung: 12/15 dpt

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