Der US-amerikanische Autor ist nicht nur in der Lage, zeitgenössische Kinder- und Jugendbücher über Origami-Star-Wars-Figuren, schrullige Schüler mit seltsamen Freunden und widerwärtigen Nichtfreunden zu schreiben. In diesem wie immer von Angleberger selbst äußerst geschmack- und liebevoll illustrierten, qualitativ hochwertig verarbeiteten 224-Seiter findet sich der Leser nämlich auf dem Anwesen der Luggertucks, dem Schloss Eigenbrötl (im Englischen “Smugwick Manor”) wieder, auf welchem die herrische Lady Luggertuck streng die Fäden zieht – wer nicht spurt, bekommt durchaus mal eins mit dem Kochlöffel auf die Rübe.
Doch an einem bestimmten Tag bittet Mylady ihr ältestes Dienstmädchen Crottie, ihr das Korsett dieses Mal nicht ganz so eng zu schnüren – und es scheint ganz so, als stünden hierdurch auf dem Schloss die Sitten und das ganze Leben Kopf. Arbeiten werden nicht mehr ordentlich erledigt, Diener essen Kuchen statt der ihr zustehenden Brotkruste, und die wunderschöne Celia wird zum Ball auf Eigenbrötl eingeladen. Zu allem Überfluss verschwindet dann auch noch der ach so wertvolle “Luggertuck’sche Klumpen”. Hat ihn etwa der Küchenjunge Horton gestohlen? Oder war es doch jemand anderes? Was hat es mit diesem hässlichen Ding auf sich?
In einer herrlich antiquierten, geschwollenen Sprache geschrieben, wie man sie aus uralten britischen Kriminalgeschichten kennt, entsteht zusammen mit der zeichnerischen Komponente ein herzlicher, kindgerechter, aber auch für Erwachsene enorm unterhaltsamer Roman, in welchem man sich die reichlich vorhandenen Figuren anhand sehr bildhafter Beschreibungen lebhaft vorstellen kann – ein wenig überdreht, aber nie effekthaschend wird der Spannungsbogen bis zum Schluss straff gespannt. Und nicht nur die kriminologische Ader des Lesers wird angesprochen, nein, auch eine kleine Romanze findet in “Horton Halfpott” ihren Platz.
Schön an dieser Geschichte ist, dass sich der Autor immer wieder direkt an den Leser wendet, so als wäre dieser derjenige, dem er die Story brandheiß als Allererstem erzählen möchte, und so fühlt man sich als “Zuschauer” richtiggehend involviert und ganz furchtbar wichtig. Und diese Wärme ist etwas, was vielen an junge Leser gerichteten Büchern fehlt.
Cover © Knesebeck Verlag
- Autor: Tom Angleberger
- Titel: Horton Halfpott oder das teuflische Geheimnis von Schloss Eigenbrötl oder wie sich Lady Luggertucks Korsett lockerte
- Originaltitel: Horton Halfpott Or: The Fiendish Mystery Of Smugwick Manor Or: The Loosening of M’Lady Luggertuck’s Corset
- Übersetzer: Reinhard Pietsch
- Verlag: Knesebeck
- Erschienen: 09/2011
- Einband: Hardcover
- Seiten: 224
- ISBN: 978-3-86873-381-5
- Sonstige Informationen: Cover leuchtet im Dunkeln
Wertung: 11/15 dpt
(Diese Rezension wurde ursprünglich in noisyNeighbours #35 veröffentlicht und vom Verfasser für booknerds.de sowohl überarbeitet als auch übernommen. Vielen Dank an dieser Stelle für die Gestattung der Artikelübernahme)