Smash – Staffel 1 (Serie, 4DVD)


Smash - Staffel 1 (DVD)Ein neues Broadway-Musical über das Leben der Marilyn Monroe soll die Massen begeistern, und hierfür arbeitet das sehr gut befreundete Songwriterduo Tom Levitt (Christian Borle) und Julia Houston (Debra Messing) äußerst hart. Es sind nicht zuletzt jedoch die unterschiedlichen Visionen der beiden, die für zahlreiche Reibereien sorgen. Ein guter Nebeneffekt dessen ist allerdings, dass dadurch neue Triebe aus der kreativen Pflanze schießen. Privat haben die zwei es auch nicht leicht, denn eigentlich wollte Julia dem Broadway den Rücken kehren und mit ihrem Ehemann Frank, mit dem sie bereits einen Teenagersohn hat, ein Kind adoptieren. Tom hingegen möchte einfach mal den Mann finden, mit dem er glücklich werden kann. Doch die Arbeit ist zu herausfordernd und vereinnahmend, als dass sich die beiden diese Chance entgehen lassen könnten.

Nun ist sich die sehr erfahrene Theaterdarstellerin Ivy Lynn (Megan Hilty) sehr sicher, dass sie die Rolle der Marilyn Monroe bekommt, bis eines Tages die mit viel Talent gesegnete Karen Cartwright (Katharine McPhee) auf dem Plan steht. Sie ist allerdings ein Landei mit wenig Show-Erfahrung, doch immer wieder verblüfft sie die Macher mit beeindruckenden Leistungen. Die logische Konsequenz ist ein erbitterter Kampf um die Rolle, und während Karen eher mit Können und Eifer zu punkten versucht, kennt Ivy oftmals keine Skrupel und setzt alles daran, Karen bloßzustellen und sie aus dem Wettbewerb zu drängen.

Die Konkurrentinnen sind allerdings auch der kunstliebhabenden Produzentin Eileen Rand (Anjelica Huston) und dem Regisseur und Choreographen Derek Wills (Jack Davenport) ausgesetzt. Gerade Letzterer treibt Ivy und Karen – und auch so manch andere Involvierte – immer wieder in den Wahnsinn, denn er, ein regelrechter Kotzbrocken, kennt keinerlei Moral. Auch seine selbstsüchtige, wechselhafte und durchtriebene Art macht die Kollaboration mit ihm alles andere als leicht, doch dadurch, dass er die Gruppe und die beiden Marilyns stets an das Äußerste ihrer Grenzen bringt, kitzelt er auch das letzte Tröpfchen Leistung aus allen heraus. Die gewiefte Eileen muss derweil darauf achten, dass die Vorbereitungen und die Produktion nicht zu viel Geld verschlucken, denn ihr Ex-Mann hat ihr den Geldhahn gnadenlos zugedreht und versucht, ihr das Leben schwer zu machen. Sie ist es dann auch, die Tom dessen Assistenten Ellis Boyd, nachdem der sich ihr regelrecht aufgedrängt hat, abwirbt und fortan für sie das alles hörende Mäuschen mimt – um letztendlich auch eigenen Nutzen daraus zu ziehen.

“Smash” bietet einen tiefen Einblick hinter die Kulissen der Produktion eines Musicals und dokumentiert, wie viel knüppelharte Arbeit hinter einem solch großen Projekt steckt, doch ebenso werden die privaten und “geschäftlichen” Hintergründe ausgeleuchtet. So muss jeder sein eigenes Päckchen tragen, Rivalitäten ausfechten, organisieren und letztendlich auch sein eigenes Leben leben. Dramen, Skandale, Tragödien und Kleinkriege zeichnen das Geschehen. Beziehungen entstehen und zerbrechen, Ehen drohen zerstört zu werden, Künstler leiden körperlich und psychisch unter dem gnadenlosen Stress, und bis zum Ende bleibt es spannend, ob das Musical so wie geplant funktionieren kann – und selbstverständlich auch, ob nun Karen Cartwright oder Ivy Lynn die neue Marilyn Monroe wird.

Diese Serie, hinter welcher große Namen wie Theresa Rebeck, Neil Meron, Marc Shaman, David Marshall Grant, Jim Chory und Steven Spielberg stecken, kann man in der ersten Staffel als nicht bloß gelungen bezeichnen, sondern als grandios umgesetzt, denn es wurde an fast allen Ecken und Enden mitgedacht. Dies fängt bereits damit an, dass ein weiter Bogen um das gängige, TV-gesteuerte Marilyn-Monroe-“I Wanna Be Loved By You”-uh-pu-pi-du-Klischee gemacht wurde und stattdessen eine vielschichtige Introspektive in das Leben der Ikone dokumentiert wird. Die Prä-Marilyn-Phase, als sie noch die bürgerliche Norma Jeane Baker (eigentlich Mortenson) war, wird genau so beleuchtet wie die junge kämpfende, die Sängerin, der Star, das Sexsymbol und zu guter letzt auch das Wrack Marilyn Monroe. Den beiden Rivalinnen Ivy und Karen, die an sich so unterschiedlich sind, hat man dabei ihre ganz eigenen Marilynismen auf den Leib geschrieben, sodass der Zuschauer die ganze Zeit hin- und hergerissen ist, welche der beiden nun mehr Marilyn ist.

Musikalisch schlägt man in “Smash” eine stabile Brücke vom Damals ins Heute, denn einerseits geht man direkt in die 50er und frühen 60er Jahre zurück, traut sich andererseits aber auch, später datierte Musik einfließen zu lassen, und selbst die Jetztzeit wird nicht außer Acht gelassen. Anstatt allerdings stumpf Quasi-Coverversionen zu performen, werden die Stücke glaubwürdig neuinterpretiert. Da haben die Komponisten Marc Shaiman, Scott Wittman und später auch Chris Bacon schlichtweg atemberaubende Arbeit geleistet. Doch auch die choreographischen und visuellen Komponenten stehen qualitativ nicht hintan: Sehr geschickt werden Überblendungen von den Proben zur imaginären finalen Version der Vorstellung gesetzt, sodass man freien Eintritt in das Kopfkino des Macher-Teams gewährt bekommt. Und auch jenseits der Bühne und des Probesaals werden Gesangseinlagen mit den privaten Szenen verschmolzen. Phänomenal dabei: Die Hürde namens Kitsch wird problemlos überwunden.

Overacting findet man bei “Smash”, außer, die Szene des Musicals verlangt es gerade, zu keiner Sekunde, und die Auswahl der Darsteller hätte man kaum besser treffen können, denn zum einen sind sämtliche Künstler absolute Meister ihres Fachs, zum anderen sieht man keine verbrauchten Gesichter, schlimmstenfalls ein paar bekanntere. Gastauftritte, zum Beispiel von Uma Thurman und Nick Jonas, bereichern die Serie zudem, dürfen allerdings nicht unter “Zuschauerfang” kategorisiert werden, denn die Qualität der Serie würde ohne diese Cameos zu keiner Zeit leiden: Bereits der Stammcast liefert einen virtuosen Job ab.

Broadway-Profi Christian Borle geht beispielsweise in der Rolle des emotionalen Songwriters Tom völlig auf, Megan Hilty spielt die egoistische, hinterlistige Ivy perfekt, und für die größte Überraschung sorgt wohl Katharine McPhee, die 2006 erstmals auf sich aufmerksam machte, als sie bei “American Idol” den zweiten Platz belegte, einen Plattenvertrag ergattern konnte, dennoch nicht unbedingt spektakuläre Musik veröffentlichte – und in “Smash”  nun zeigt, wozu sie wirklich fähig ist: Gesang, der nicht selten unter die Haut geht und eine schauspielerische Klasse, als hätte sie bereits von Kindesalter an Erfahrungen gesammelt. Besonders auffällig ist in diesen fünfzehn Episoden obendrein, dass selbst die Nebendarsteller und Statisten von Könnern verkörpert werden.

Angenehm ist außerdem, dass die in der Musical-/Theaterbranche offensichtlich weit verbreitete Homosexualität in “Smash” als etwas völlig Selbstverständliches zur Geltung kommt, indem es als völlig normal und nicht in Form einer Sonderstellung verarbeitet wird – denn auch gewollt positive Sonderstellungen können sehr schnell diskriminierend wirken. Auch von den typischen in den Medien hochstilisierten Schwulenstereotypen nimmt man kilometerweit Abstand. In Smash lieben sich die Männer, himmeln sich an, und ja, sie küssen sich auch und landen irgendwann im Schlafgemach. All das völlig unverkrampft und dadurch um so realer.

Der Leser dieser Zeilen wird die Euphorie des Rezensenten vernehmen: Die Serie begeistert von A bis Z, sie ist höchst professionell, durchdacht, warmherzig und echt gespielt, bietet erstklassige Musik und eine wunderbare Geschichte innerhalb der Geschichte – ernsthafte Kritikpunkte sind keine auszumachen. Lediglich die Untertitel bedürfen etwas Gewöhnung. Für die sprachlich nicht so bewanderten Zuschauer  werden sämtliche Texte der Vokalkünste auch in übersetzter Form eingeblendet, was zwar das Verständnis erleichtern wird, oftmals jedoch etwas holprig zu lesen ist – doch angesichts der manchmal kaum übersetzbaren Redewendungen und Slangbegriffe kann man Nachsicht walten lassen und dem Team Respekt zollen.

Diese Staffel lief in den USA noch einigermaßen gut, doch bereits ab Staffel zwei brachen die Quoten derart ein, sodass “Smash” seitdem an einem Sendeplatz für abgesetzte Sendungen ausgestrahlt wird und somit eine Fortsetzung auszuschließen ist. Ärgerlich. Noch ärgerlicher ist allerdings, wie sehr die Serie in Deutschland verheizt wurde: Vom 3. bis zum 5. Januar 2013 hat man täglich je vier, am 6. Januar die letzten drei Folgen durchgehechelt, der Marktanteil lag bei kläglichen 2%. Dass das nur an mangelndem Zuschauerinteresse lag, darf bestritten werden – die Sendepolitik trägt hierzu ohne Frage einen Großteil bei. Da kann man abschließend nur hoffen, dass die zweite Staffel hierzulande wenigstens auch noch auf DVD veröffentlicht wird.

 (Cover © Universal Pictures)

 

  • Titel: Smash
  • Originaltitel: Smash
  • Produktionsland und -jahr: USA, 2012
  • Staffel: 1
  • Erschienen: 28.03.2013
  • Label: Universal
  • Regie:
    Michael Mayer
    Michael Morris
  • Idee:
    Theresa Rebeck
  • Produktion:
    Jim Chory
    Steven Spielberg
    Craig Zadan
    Neil Meron
    Theresa Rebeck
    Neil Meron
    Marc Shaiman
    Scott Wittman
    und weitere
  • Musik:
    Marc Shaiman
    Scott Wittman
    Chris Bacon
  • Spielzeit:
    630 Minuten auf 4 DVDs
    (15 Episoden à 42 Minuten)
    +Spielzeit der Extras (TBA)
  • Darsteller: 
    Debra Messing
    Jack Davenport
    Katharine McPhee
    Christian Borle
    Megan Hilty
    Anjelica Huston
    Jaime Ceperp
    Brian d’Arcy James
    Raza Jaffrey
    Dylan Baker
    Michael Cristofer
    und weitere
  • Extras:
    Deleted Scenes
    Behind the scenes-Featurette
    Song and Dance
    Musikvideo: “Touch Me” (Katharine McPhee)
    Gag Reel
    Behind the Music: Magic and Marilyn
  • Technische Details: 
    Audio: Deutsch, Englisch (DD 5.1)
    Video: 1,78:1 anamorph
    Untertitel: Deutsch
  • FSK: 12
  • Sonstige Informationen:
    Infoseite + Trailer @ Universal

 

Wertung: 14/15 dpt


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