Eine leider viel zu selten beachtete Art des Musizierens, nämlich A cappella, strotzt eigentlich nur so vor Kreativität – doch viele bringen dieses Genre auch heute noch lediglich mit den famosen Comedian Harmonists in Verbindung und gehen davon aus, dass damit alles gesagt war. Von wegen. Diese vier Herrschaften gehen mit ihrer Art der mundgemachten Musik nämlich an die Grenzen des Machbaren. Was mit ‘Endlich authentisch’ und ‘Kein Mann für eine Nacht’ noch recht gewöhnlich-modern beginnt, mündet in ‘Die Gedanken sind frei’ bereits im ersten Aha-Moment, es werden Beatbox, Mundriffs, Mundtrompeten, Jazz, Swing, lateinamerikanische Musik, Reggae, Volksmusik, Rock, Hip Hop, orientalische Musik und zig andere Stile wild durcheinandergewürfelt – und spätestens nach einer handvoll Songs wird klar, dass MayBeBop keine braven Sangesknaben sind, sondern extrem professionelle Performer, bei denen trotz reichlich vorhandener Bühnenaction jeder Ton perfekt sitzt.
Was dieses Quartett allerdings so besonders macht, sind die Kontraste. Sie gestalten ihre Songs eingängig, und dennoch fndet sich unfassbar viel Anspruch in den einzelnen Arrangementpassagen wieder. Sie verursachen beim Zuschauer mit ihren humorvollen Einlagen und Interludien Zwerchfellbeben (‘Der Butt’, ‘Seifenspender’, ‘Gummibaum’ oder das wunderbar herzlich-alberne ‘Mona Mu’), und dann wird die Produktivität der Tränendrüsen angekurbelt, weil ‘Bohemian Rhapsody’ von den legendären Queen einfach so ergreifend schön und perfekt dargeboten wird. Auch textlich wird von Nonsens über sozialkritische und politische Dinge bis hin zu emotionalen Angelegenheiten eine breite Palette abgedeckt, sodass man hier grinsen, dort schlucken muss – das Fourpiece ist nämlich mit Leib und Seele dabei, wenn es seine Songs aus diversen Schaffensperioden zum Besten gibt.
Das ist letztendlich die unsichtbare Schwelle, an der Entertainment zu echtem Entertainment wird, und MayBeBop haben diese meterweit übertreten. Sicher, die Wise Guys und Basta sind unterhaltsame Bands, und die etwas unbekannteren, mittlerweile leider aufgelösten U-Bahn-Kontrollöre in tiefgefrorenen Frauenkleidern, welche eine deutlich komödiantischere Herangehensweise an die A-cappella-Musik hatten, waren stets eine Gaudi. MayBeBop laufen allerdings all diesen Bands mal eben den Rang ab. Nach dem fast zweistündigen Gig der ersten DVD (mit unterhaltsamer Menüführung!) ist allerdings noch lange nicht Schluss, denn die Bonus-DVD bietet noch Einblicke hinter die Kulissen, ein Interview, ein Making of, eine Teamvorstellung, ein Quiz, einen Beatbox-Workshop, drei Karaoke-Songs, ein Podcast-Best-Of, eine Fotogalerie und einige Eastereggs – allesamt weitere Argumente dafür, sein Heimkino mit diesem Doppeldecker zu bereichern.
Cover © Traumton Records
- Künstler: MayBeBop
- Titel: Ende September – Live in Hannover
- Erschienen: 2009
- Label: Traumton Records
- Spielzeit:
117 Minuten (DVD 1, Konzert)
80 Minuten (DVD 2,Bonusmaterial) - Tracklist:
Endlich authentisch
Kein Mann für eine Nacht
Die Gedanken sind frei
Vorlesung
Superstar
Du zweite Wahl
Unzulänglich
Stilles Lied
Seifenspender
Oberlippenbart
Spain
Pause
Zärtlich allein
Trüffelgrütze
Birdland
Mona Mu
Der Butt
Flattersätze
Schwarz oder weiß
Beatbox
Boys in the bassbus
Gummibaum
Bohemian Rhapsody
Der Mond ist aufgegangen - Extras:
Interview
Hinter den Kulissen
Making of
Teamvorstellung
Quiz
Beatbox-Workshop
Karaoke-Songs
Podcast-Best_of
Fotogallerie
Diverse Eastereggs - Technische Details:
Video: 16:9 anamorph Widescreen
Audio: PCM Stereo, 5.1 Dolby Digital - FSK: 0
Wertung: 12/15 dpt
(Diese Rezension erschien ursprünglich in noisyNeighbours #37 und wurde vom Verfasser für booknerds.de übernommen. Vielen Dank an dieser Stelle für die Gestattung der Artikelübernahme!)