Erdmännchen erfreuen sich zur Zeit ja großer Beliebtheit, und auch vor Kinderbüchern machen diese possierlichen Mangusten nicht Halt. Während vielerorts allerdings plump auf einen Trend aufgesprungen wurde, verhält es sich mit “Tafiti und die Reise bis ans Ende der Welt” völlig anders, denn zwischen dessen Buchdeckeln steckt sehr viel mehr als nur ein goldiges Tier.
Das kleine Erdmännchen Tafiti wünscht sich nichts sehnlicher als endlich, endlich herauszufinden, was sich hinter diesem mysteriösen Hügel in der Ferne befinden mag. Denn Opapa beharrt unabrückbar auf seiner Behauptung, dass dort die Welt aufhört und schlichtweg nichts ist. Irgendwie kann das doch nicht sein, oder? Hat er nun recht oder redet er Quatsch?
Tafiti bleibt also gar nichts anderes übrig, als sich heimlich auf den weiten Weg zu machen und selbst auf den Hügel zu klettern, denn seine Neugier lässt ihm keine Ruhe. Doch so einfach wie gedacht ist die Reise dorthin nicht, denn währenddessen trifft er auf so manche Gefahren, die es zu überstehen gilt. Doch auch schöne Dinge geschehen, denn er findet unterwegs einen Freund. Einen richtig guten Freund. Einer, der hilfsbereit, clever und obendrein auch eher wenig Angst hat: Pinsel, das künstlerisch veranlagte Pinselohrschwein. Zusammen versuchen die beiden, den hungrigen Löwen King Kofi, die gefährliche Cobra Kobra, und den fiesen Greifvogel Mister Gogo zu überlisten. Zwei turbulente Tage verstreichen, in welchen Pinsel und Tafiti mehr als erwartet erlebt haben, und dann kommen sie letztendlich dem Geheimnis ganz nah.
Was auf dem Cover so drollig anmutet und sich in der Beschreibung auch so liest, ist es letztendlich auch, denn der Erzählstil ist auf fesselnde Weise kindgerecht – nicht übertrieben kindlich, wohlgemerkt -, und hierbei zaubern einem die herzerwärmenden, liebevollen Kleinigkeiten, mit denen diese Geschichte gespickt ist, ein Lächeln ins Gesicht.
Wenngleich die Gefahren einer solch wilden Safari klar signalisiert werden, so geschieht dies in “Tafiti und die Reise bis ans Ende der Welt” nicht so, dass das Kind sich unter der Bettdecke verstecken muss, denn selbst die gefährlichsten Tiere in der Wildnis werden auf eine ulkige, marottige Art dargestellt. King Gogo ist demnach ein eher eitler, sich selbst überschätzender, aber geistig nicht ganz so gewandter Flattermann, während King Kofi eher tolpatschig ist und zudem noch lispelt.
Die in Bremen geborene und in Berlin lebende Autorin Julia Boehme, die unter anderem für die “Meine Freundin Conni”-, “Lou + Lakritz”- und “Leo & Lolli”-Reihe verantwortlich zeichnet und neben unzähligen anderen Kinderbüchern auch Bilderdrache-, Lesefrosch-, Lesetiger-, Leselöwen-, Lesepiraten-, Lesefant-, und Lesekönig-Stoff liefert, hält offensichtlich nicht viel von erhobenen Zeigefingern, denn derer bedarf es nicht zwingend, wenn es um pädagogisch sinnvolle Kinderbücher geht. Vielmehr wird hier an einem einfachen und phantasievollen Beispiel gezeigt, dass Abenteuerlust und So-ich-mach-das-jetzt-trotzdem zwar gut gehen kann, aber nicht muss, ebenso, dass zu alledem auch viel Glück gehört, denn es ist gar nicht so selbstverständlich, dass man jemanden trifft, der dann auch noch zum hilfsbereiten Freund wird.
Die zweiten fünfzig Prozent, die das Buch so lesenswert machen, sind die Illustrationen der äußerst umtriebigen Julia Ginsbach, deren Arbeiten man per Recherche kaum alle zusammentragen kann. Die gebürtige Darmstädterin hat sich hier schlichtweg selbst übertroffen und extrem liebevoll wunderbare, perfekt zur Geschichte passende Bilder gezeichnet. Farbenfrohe Bilder, in denen unglaublich viele Details stecken, ebenso niedliche Kleinigkeiten, die man erst auf den zweiten oder dritten Blick entdeckt. Selbst wenn das Abenteuer schon längst fertig gelesen ist, verliert man sich zu gerne in diesen einfach nur herzallerliebsten Zeichnungen.
Das Bild-Text-Verhältnis ist absolut ausgewogen, sodass man viel zum Lesen (oder Vorgelesenbekommen) und viel zum Schauen hat. Die Schrift orientiert sich an der für Spätkindergartenkinder beziehungsweise Schulanfänger gängigen Textgröße und Schriftart, wodurch das Kind beim Selberlesen nicht überfordert wird. Somit ist das Buch nicht nur inhaltlich, sondern auch im erfasserischen Sinn perfekt für die gerade genannte Altersgruppe geeignet.
“Tafiti und die Reise bis ans Ende der Welt” erfüllt also sämtliche Kriterien, die diese achtzigseitige Lektüre ohne Weiteres zu einem Kandidaten für das beste Kinderbuch des noch sehr jungen Jahres 2013 werden lassen könnte. Verdient hätte es das Erschafferduo – denn ein gutes Kinderbuch erkennt man vor allem daran, dass man, wenn man es in den Händen hält, selbst als Erwachsener spontan zum Kind wird. Und das ist hier gegeben.
Cover © Loewe Verlag
- Autor: Julia Boehme
- Titel: Tafiti und die Reise bis ans Ende der Welt
- Illustrationen: Julia Ginsbach
- Verlag: Loewe Verlag
- Erschienen: 01/2013
- Einband: Hardcover
- Seiten: 80
- ISBN: 978-3-7855-7486-7
- Sonstige Informationen:
Erster Teil der “Tafiti”-Reihe
Erscheint am 22.02.2013 auch als Hörbuch via der Hörverlag, Sprecher ist Christoph Maria Herbst.
Wertung: 13/15 dpt
Das hört sich ja echt mal spß an.
Ich steh eh auch so wahnsinnig auf Erdmännchen 🙂
Freu Dich schon mal auf die Hörbuchversion, gelesen von Christoph Maria Herbst. Die wird demnächst auch noch hier vorgestellt und hat auch wieder einen ganz anderen Reiz. 🙂
Oh ja, da freu ich mich schon drauf. Danke für den Hinweis. Hab ich mir gleich mal auf die Liste gesetzt 🙂
Auch das Hörbuch überzeugt:
https://www.booknerds.de/2013/02/julia-boehme-tafiti-und-die-reise-ans-ende-der-welt-hoerbuch-gelesen-von-christoph-maria-herbst/