Der Klappentext verheißt Spannendes: “Einige Bücher sind schädlich, sogar gefährlich. Sie verdrehen einem den Kopf und geben den dunkelsten Seiten der menschlichen Seele Nahrung. Sie sollten verbannt oder vernichtet werden. Diese Geschichte handelt von solch einem Buch. Ich hoffe, es gibt noch genug von euch da draußen, die das hier lesen und mir glauben und sich zur Wehr setzen können bevor es zu spät ist. Ein altertümlich wirkendes und zunächst harmlos erscheinendes Buch taucht in einer englischen Kleinstadt auf und ergreift Besitz von seinen Lesern. Immer mehr Menschen werden von dem Buch befallen und zu willenlosen Charakteren der Geschichte. Der diabolische Plan des Autors scheint aufzugehen. ‘Dancing Jax: Auftakt’ ist der erste Band einer Trilogie.” – und auf der Rückseite wird es gar noch dramatischer: “Dieses Buch ist böse… Du solltest dich ihm nicht nähern. Du solltest nicht darüber sprechen. Was auch immer du tust, öffne es nicht!”
In einer englischen Kleinstadt namens Felixstowe sind die etwas schrägen Gestalten Shiela, Miller, Tommo und Jezza unterwegs, um etwas Kleingeld bringenden Trödel ausfindig zu machen. In einem der Häuser, das bereits von außen einen eigenwilligen Eindruck macht, scheinen merkwürdige Dinge zu geschehen, und ein Teil der Gruppe fürchtet sich dementsprechend. Nicht so Jezza, der offensichtlich einiges auf dem Kerbholz hat. Eines Tages präsentiert er seinen Leuten einige Kisten mit einer beachtlichen Auflage eines altertümlich erscheinenden Märchenbuches. Doch so harmlos, wie es anfangs erscheint, ist es nicht, denn es nimmt die Menschen dieses Städtchens immer mehr in Besitz, zieht sie in seinen Bann: “Dancing Jacks” von Austerly Fellows.
Es scheint unvermeidlich zu sein, dass Einwohner für Einwohner, ganz gleich, ob jung oder alt, in das Reich des Buches überwandert und es als die wahre Welt empfindet, während die Realität für die Besessenen nichts weiter ist als Füllstoff, ja gar ein schlechter Traum, welcher den Menschen darlegen soll, was gut und was schlecht ist. Es braucht nur wenige Zeilen, nicht mal aktiv gelesen, bis Leser und Zuhörer völlig apathisch dasitzen, sich vor- und zurück wiegen und fortan in der Welt von Mooncaster “leben”. Das kostet unter anderem eine Menge Menschenleben, Familien werden zerstört, und alles gerät außer Kontrolle. Offensichtlich gelingt es Fellows, seinen teuflischen Plan durchzusetzen.
Robin Jarvis‘ Art, wie er reale und fiktive Welt kollidieren und ineinander verschwimmen lässt, ist auf eine gewisse Weise faszinierend, denn Stück für Stück ist “Dancing Jax: Auftakt”, der erste Teil einer Trilogie, immer mehr ein Buch im Buch, und auch man selbst möchte dahinter kommen, was es mit Mooncaster auf sich hat. Gleichzeitig fürchtet man sich jedoch, dass es nicht noch die letzten Hoffnungsträger erwischt-– nicht selten entsteht während des Lesens anhand der bizarren und skurrilen Gestalten eine burtoneske Atmosphäre, und es würde wohl kaum überraschen, wenn jener Starregisseur tatsächlich mit einer Verfilmung um die Ecke käme. Doch das mag Phantasie und Zukunftsmusik sein, und im Grunde genügt es absolut, sich dem literarischen Kopfkino hinzugeben.
Willenlos wie die Opfer in diesem Werk wird man zwar nicht, aber man tut sich ganz schön schwer, das Buch beiseite zu legen. Denn es ist sozusagen ein mehr als respektabel geschriebener Schinken, der Lust auf Nachschlag macht, und so fühlt man sich schlichtweg dazu verleitet, weiterzulesen, um zu wissen, welch mysteriöse Dinge sich ereignen mögen und wie das Austerly-Fellows-Werk die menschgewordenen Lemminge weiter manipuliert – und letztendlich auch, wie diese Entwicklung gestoppt werden kann. Was kann einem Autor lieber sein, als einen Pageturner zu erschaffen?
Cover © script5 Verlag
- Autor: Rob Jarvis
- Titel: Dancing Jax: Auftakt
- Originaltitel: Dancing Jax
- Übersetzer: Nadine Mannchen
- Verlag: script5
- Erschienen: 09/2012
- Seiten: 542
- Einband: Klappenbroschur
- ISBN: 978-3-8390-0134-9
- Sonstige Informationen: Erster Teil einer Trilogie
Wertung: 11/15 dpt