Heinz Strunk – Die Zunge Europas (Buch)

Heinz Strunk - Die Zunge EuropasFür Besitzer schmaler Geldbeutel ist das 2008er Strunk-Werk „Die Zunge Europas“ nun endlich als Taschenbuch erhältlich. Abgesehen von den zahlreichen kultigen Audio- und Filmgeschichten, die uns’ Heinzer abgeliefert hat, sind es wohl die großartigen Bücher „Fleisch ist mein Gemüse“ (welches auch verflmt wurde) und „Fleckenteufel“, die den höchsten Bekanntheitsgrad besitzen. Ersteres wegen seiner tragikomischen, quasi autobiografischen Story, Zweiteres eher aufgrund des doch recht leserschaftsspaltenden Inhaltes (Pubertierender Junge mit Verdauungsproblemen und ausgeprägtem Geschlechtstrieb auf Klassenfahrt in Scharbeutz).

So ein bisschen untergegangen ist dabei das hier vorliegende Werk. Selbiges handelt von sieben Tagen aus dem Leben des extrem frustrierten Gagschreibers Markus Erdmann, einem Mann in den Dreißigern, der durchschnittlicher kaum sein könnte. Dessen Leben höhepunktärmer kaum sein könnte. Dessen Leben man kaum mehr hassen könnte, wäre es das eigene. Eines Tages trifft er im Zug seine ehemalige Klassenkameradin Janne, und dann ist da noch sein Onkel Friedrich, seines Zeichens berühmt-berüchtigter Kaffeekoster und von allen „die Zunge Europas“ genannt. Werden diese Menschen Einfuss auf sein Leben nehmen oder wird er für ewig in seinem vom Nichts dominierten Alles gefangen bleiben? Man weiß es nicht.

Heinz Strunk, Meister der verschrobenen Lyrik und Schöpfer seltsamster, aber im Grunde doch normalster Charaktere, liefert mit diesem Buch das – aus subjektiver Sicht, versteht sich! –  beste und intensivste Schriftstück bis dato ab. Die beobachtende Art, das Mäandern der Gedanken, das Bei-sich-und-doch-so-weit-weg-Sein“ einerseits, all das sind Faktoren, die aufwühlend wirken, und dann ist da auf der anderen Seite der wunderbar trockene, flapsige Wortwitz des als Mathias Halfpape geborenen Autors, der einen immer wieder lauthals Lachen lässt. Das Zusammenspiel zwischen Selbstironie, Galgenhumor, Trostlosigkeit, Situationskomik, Niedergeschlagenheit und Witz wird hier fast perfekt umgesetzt, so dass der Leser gleichermaßen unterhalten und zum Nachdenken animiert wird. Und wer Strunks Bücher als Unfug abtut, der kennt das Leben nicht. So.

Cover © rororo

 

  • Autor: Heinz Strunk
  • Titel: Die Zunge Europas
  • Verlag: rororo/Rowohlt
  • Erschienen: 2008 (Hardcover)/2010 (Taschenbuch)
  • Seiten: 316

 

(Diese Rezension stammt ursprünglich aus der Zeitschrift noisyNeighbours, bei der der Autor vor booknerds.de aktiv war. Vielen Dank dafür, dass booknerds.de diese veröffentlichen darf. Zum Download des Heftes geht es hier.)

 

 

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