Vicente Blasco Ibáñez – Sumpffieber (Buch)


Ein Fest für Fans klassischer Werke

Mit der Neuübersetzung und Neuauflage des Romans „Sumpffieber“ (im Original: „Cañas y Barro“) hat der Mediathoughts Verlag dem deutschen Lesepublikum einen großen Klassiker der Spanischen Literatur wieder zugänglich gemacht. Tatsächlich zählt der 1902 erschienene Roman „Sumpffieber“ zu den erfolgreichten Büchern seiner Zeit.  

Der Roman bildet den Auftakt der Reihe „Vergessene Moderne“, mit der Verleger Thomas Michael Glaw in Vergessenheit geratene literarische Werke des ausgehenden 19. bzw. anbrechenden 20. Jahrhunderts wieder auflegen will.

Ibáñez entführt seine Leserschaft in eine inzwischen untergegangene Welt. Der Handlungsort ist Palmar, ein ärmliches Dorf, südlich von Valencia mitten in der Lagunenlandschaft Albufera. Die Menschen leben vom Fischfang, vom mageren Reisanbau und der verbotenen Jagd. Der alte Paloma ist Fischer, wie Generationen vor ihm, und stolz darauf. Doch sein Sohn Tono kehrt dem väterlichen Erbe den Rücken. Er will Landbesitzer werden, um zu einem besseren Auskommen zu gelangen. Obwohl der soziale Aufstieg fast aussichtslos ist, kämpft Tono stoisch gegen die eigene Herkunft. Mit seinem kleinen Boot transportiert er mit jeder Ladung neue Erde heran, die er in den See kippt, um ihm Land abzuringen. Paloma missbilligt das Streben seines Sohnes, seine Hoffnung setzt er zunächst in den Enkelsohn Tonet.  Der Junge lässt sich vom Großvaterzum Jagen und Fischen animieren. Doch seine Ambitionen führen auch ihn vom Leben der Vorfahren weg.

Neleta, Tonets Jugendfreundin und spätere Geliebte, ist eine mittellose Waise. Ihr gelingt der soziale Aufstieg durch Heirat mit dem Gastwirt Canamel, dem reichsten Mann des Ortes. Doch trotz Wohlstand kann auch sie den Zwängen der Gesellschaft nicht entkommen. Sie ist gezwungen ihre Liebesbeziehung geheim zuhalten. Als sie schwanger wird nimmt die Tragödie unaufhaltsam ihren Lauf.

Ibáñez malt sein Gesellschaftsporträt in düsteren Farben. Schonungslos schildert er Armut und Lebensumstände. Detailiiert bis zur kleinsten Nebenfigur erweckt er sein umgangreiches Personal zum Leben. Selbst über lange Zeiträume verliert er seine Figuren nie aus dem Blick und zeichnet deren Entwicklung glaubhaft nach. Und immer bindet er die Landschaft mit ein, die Albufera, die das Leben der Menschen und ihrer Bräuche prägt.

Mit seinem reichen Wortschatz erzeugt er Bilder von enormer Wucht und Energie. Sein kraftvoller Stil changiert zwischen Naturalismus und Expressionismus. Seine Charaktere sind allesamt keine Sympathieträger. Vergeblich sucht man wenigstens die eine idealisierte Identifikationsfigur. Ibáñez bereitet schonungslos menschlichen Schwächen und Fehlern eine Bühne. Die Themen sind modern: Der Kampf mit der Natur, das Ringen um den sozialen Status, die starren gesellschaftlichen Normen, die auch die Geschlechterrollen prägen.

Dabei ist deutlich zu beobachten, wie stark Ibáñez selbst seiner Zeit verhaftet ist. Immer wieder greift er auf stereotype Klischees zurück, um einzelne Gruppen zu charakterisieren. Besonders auffallend ist Ibáñez‘traditionell misogyne Darstellung, sobald er seine weibliche Hauptfigur Neleta in Szene setzt. Das Weibliche wird wiederholt als von Natur aus berechnend und tückisch dargestellt, ohne dabei soziale Komponenten zu berücksichtigen. In diesem Sinne ist der Roman vor allem auch Zeitzeugnis, welches im historischen Kontext gelesen werden muss.

Dem Mediathoughts Verlag ist die Wiederbelebung eines großartigen Klassikers in vollem Umfang gelungen. Man darf sehr gespannt auf die Fortsetzung des Projekts „Vergessene Moderne“ sein.

  • Autor: Vicente Blasco Ibáñez
  • Titel: Sumpffieber
  • Originaltitel: Cañas y Barro
  • Übersetzer: Otto Albrecht van Bebber
  • Verlag: Mediathoughts Verlag
  • Erschienen: Oktober 2023
  • Einband: Gebundene Ausgabe
  • Seiten: 300 Seiten
  • ISBN: 978-3947724468


Wertung: 12/15 dpt


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